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Missbrauchsgutachten belastet Papst Benedikt schwer

Ein neues Missbrauchsgutachten erhebt schwere Vorwürfe gegen Ex-Papst Benedikt. Er habe als Erzbischof nichts gegen die Beschuldigten unternommen.

Heute Redaktion
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Der ehemalige Papst Benedikt soll in mehreren Missbrauchsfällen nichts gegen die Verantwortlichen unternommen haben.
Der ehemalige Papst Benedikt soll in mehreren Missbrauchsfällen nichts gegen die Verantwortlichen unternommen haben.
Sven Hoppe / dpa / picturedesk.com

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist in einem neuen Gutachten zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising schwer belastet worden. Benedikt habe als damaliger Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger in vier Fällen nichts gegen des Missbrauchs beschuldigte Kleriker unternommen, teilten die Gutachter am Donnerstag in München mit. In einer Stellungnahme bestritt Benedikt demnach seine Verantwortung "strikt", die Gutachter halten dies aber nicht für glaubwürdig, wie Rechtsanwalt Martin Pusch sagte.

"Kein Interesse an Missbrauchsopfern"

In zwei der Fälle, bei denen die Gutachter ein Fehlverhalten des damaligen Münchner Erzbischofs sehen, sei es um Kleriker gegangen, denen mehrere begangene und auch von staatlichen Gerichten attestierte Missbrauchstaten vorzuwerfen seien. Beide Priester seien in der Seelsorge tätig geblieben, kirchenrechtlich sei nichts unternommen worden. Ein Interesse an den Missbrauchsopfern sei bei Ratzinger "nicht erkennbar" gewesen.

Die Gutachter sind mittlerweile auch überzeugt, dass Ratzinger Kenntnis von der Vorgeschichte des Priesters Peter H. hatte, der 1980 aus dem Bistum Essen nach München kam. H. war als Pädophiler verurteilt und beging später im Erzbistum München weitere Missbrauchstaten.

Opfer überwiegend jung und männlich

Allein dieser Fall macht 370 Seiten des insgesamt mehr als 1700 Seiten starken, vom heutigen Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, in Auftrag gegebenen Gutachtens aus. Marx, einem engen Vertrauten von Papst Franziskus, wirft das Gutachten Fehlverhalten im Umgang mit zwei Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch vor. Es gehe dabei um Meldungen an die Glaubenskongregation in Rom.

Insgesamt listet die Studie mindestens 497 Opfer auf. Dabei handele es sich überwiegend um männliche Kinder und Jugendliche, die in den Jahrzehnten des Untersuchungszeitraums zu Opfern wurden, teilte die Kanzlei mit. Mindestens 235 mutmaßliche Täter gab es laut der Studie – darunter 173 Priester und neun Diakone. Es sei allerdings von einer deutlich größeren Dunkelziffer auszugehen.

Seelsorge-Posten trotz einschlägiger Verurteilung

Das Gutachten kommt auch zu dem Schluss, dass viele Priester und Diakone auch nach Bekanntwerden entsprechender Vorwürfe weiter eingesetzt worden seien. 40 Kleriker seien ungeachtet dessen wieder in der Seelsorge tätig gewesen beziehungsweise dies sei geduldet worden. Bei 18 davon erfolgte dies sogar nach "einschlägiger Verurteilung", wie Rechtsanwalt Martin Pusch sagte. Insgesamt seien bei 43 Klerikern "gebotene Massnahmen mit Sanktionscharakter" unterblieben.

Erzbischof glänzt mit Abwesenheit

Kardinal Reinhard Marx nahm nicht an der Vorstellung des lange erwarteten Gutachtens teil. «Er hat sich entschieden, dieser Einladung nicht zu folgen», sagte die Anwältin Marion Westpfahl. «Wir bedauern sein Fernbleiben ausserordentlich.» Marx hat für den Nachmittag eine Stellungnahme angekündigt. Marx ist ein enger Vertrauter von Papst Franziskus, der im vorigen Jahr seinen angebotenen Rücktritt abgelehnt hatte.

Der 1927 geborene Ratzinger war von 1977 an fünf Jahre lang Erzbischof von München und Freising. 1982 machte ihn Papst Johannes Paul II. zum Chef der mächtigen Glaubenskongregation, der Nachfolgerin der Römischen Inquisition. Nach dem Tod Johannes Pauls 2005 wählte ihn das Konklave zum Pontifex. Im Februar 2013 trat er überraschend zurück. Er lebt seither zurückgezogen im Vatikan.

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