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"Gerda: A Flame in Winter" – intensives Kriegs-Drama

"Gerda: A Flame in Winter" ist ein beklemmendes und intensives Kriegs-Drama, das auf wahren Ereignissen beruht. "Heute" hat es bereits angespielt.

Rene Findenig
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"Gerda: A Flame in Winter" – intensives Kriegs-Drama
"Gerda: A Flame in Winter" – intensives Kriegs-Drama
PortaPlay

So persönlich ist kaum ein Spiel: Das am 1. September 2022 für Nintendo Switch und PC via Steam erscheinende "Gerda: A Flame in Winter" versetzt uns in das dänische Dorf Tinglev, das im Zweiten Weltkrieg unter deutscher Besetzung steht. In diesem Dorf hat die Protagonistin und Krankenschwester Gerda ihr ganzes Leben verbracht und muss nun versuchen, die letzten Kriegstage zu überleben. Eine Besonderheit: Gerda ist nicht eine komplett frei erfundene Figur, sondern basiert auf einer echten dänischen Widerstandskämpferin, der Großmutter von PortaPlays Entwicklungs-Chef Hans von Knut Skovfoged.

"Heute" durfte einen kleinen Abschnitt des Games im Rahmen eines Preview-Events bereits anspielen. Die Story des Titels geht schon in dieser frühen Phase gehörig unter die Haut. Krankenschwester Gerda kehrt von ihrer Arbeit nach Hause zurück, das sie blutverschmiert vorfindet und wo sie feststellen muss, dass ihr Ehemann offenbar von den Nazis verschleppt wurde. Zurück ließ er allerdings einige wichtige Dokumente, die nun Dänen sowie Deutsche entweder retten oder stürzen könnte.

Vieles ist eine Parallele zur schrecklichen Realität

Gleichzeitig tun sich schreckliche Parallelen zur aktuellen Realität auf: Gerda selbst hat dänische und deutsche Wurzeln und eine deutsche Minderheit im Dorf wünscht sich schon lange den Anschluss an Deutschland. So gibt es im Spiel nicht nur die gute und böse Seite, sondern dem Spieler werden die Motive und Hintergründe der vorkommenden Gruppen vor Augen geführt. Nicht nur erzählerisch zeigt sich "Gerda: A Flame in Winter" aber äußerst komplex, das Spiel bietet auch einen ganz besonderen, gemalt wirkenden Grafikstil und ein Skill-System, das auf Erfahrungen und Wissen der Protagonistin beruht.

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    So persönlich ist kaum ein Spiel: Das am 1. September 2022 für Nintendo Switch und PC via Steam erscheinende "Gerda: A Flame in Winter" versetzt uns in das dänische ...
    So persönlich ist kaum ein Spiel: Das am 1. September 2022 für Nintendo Switch und PC via Steam erscheinende "Gerda: A Flame in Winter" versetzt uns in das dänische ...
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    Ähnlich wie in "This War of Mine" ist die Kriegs-Atmosphäre packend und bedrückend, die Umsetzung dürfte keinen Spieler kalt lassen. Und das, obwohl das Spiel eigentlich wie ein Aquarell aussieht, mit unglaublich schönen Landschaften und Figuren im Pinselstrich-Design. Auch die Story selbst ist atemberaubend gut erzählt und dicht, sie spart zudem auch Gräuel ebenso wenig aus wie große Emotionen. Gut ein Dutzend Mal muss man schlucken, wenn Bekannte zu Verrätern, Kriegsgegner plötzlich zu Helfern und Zivilisten zu unberechenbaren Begleitern werden. Die Umsetzung ist top.

    Schwierige Entscheidungen mit einem Funken Hoffnung

    Unserer Protagonistin stehen bei ihrem Spieldurchlauf verschiedene Entscheidungen zur Verfügung, etwa wann man in einen Konflikt eingreifen oder ihn ignorieren, wann man Freunden oder lieber sich selbst helfen will. Alle Geschehnisse eines Tages hält Gerda in ihrem Tagebuch fest, in dem sich nicht nur die Geschehnisse nachlesen lassen, sondern auch die Ereignisse im Dänemark der letzten Kriegstage. Historisches vermischt sich dabei mit Fiktion, wobei es laut Vorschau-Version kaum bis keine fiktiven Geschehnisse im Spiel gibt, die nicht wirklich so stattgefunden haben könnten. 

    Ein großer Teil des Vorschau-Spielens bestand aus Dialogen mit Freunden, Fremden und Feinden. Das Schlimme dabei: Es gibt keinen leichten Weg dabei, welche Antworten man wählt oder welche Handlungen man setzt, viele Optionen führen zu verschieden schlimmen Ergebnissen und Hoffnung gibt es oft nur einen Funken. Je nachdem, was man den Charakteren antwortet oder wie man ihnen begegnet, verändert auch deren Sichtweise auf uns. Manche eher uns ablehnen gegenüberstehende Fremde können zu Helfern werden, Freunde wiederum in Misstrauen gegenüber uns verfallen.

    Es zeichnet sich ein enormer Wiederspielwert an

    Unklar ist, wie sehr diese Entscheidungen das Spiel in seinem gesamten Verlauf verändern werden, verschiedene Enden soll es jedenfalls geben, ließen die Entwickler von Player First Games und der Publisher Dontnod Entertainment durchblicken. Doch auch zwischendrin soll die Story ganz verschiedene Wege einschlagen können. Stimmt das, wäre der Wiederspielwert des Titels enorm. Überlassen wir einem sehr schwachen Überlebenden die letzte Medizin oder heben wir sie für ein Kind auf? Helfen wir einem verwundeten Nazi-Soldaten, der uns verraten oder uns helfen kann? Dilemma soweit das Auge reicht.

    Zurück zum Eingangs erwähnten Skill-Tree, den das Spiel auch auf seine ganz einzigartige Weise umsetzt. Bei den täglichen Tagebucheinträgen darf der Spieler jeweils einen letzten Satz ins Buch schreiben und dabei aus mehreren Möglichkeiten wählen. Je nach gewähltem Satz steigt dadurch Gerdas Einsicht, Mitgefühl oder Schlagfertigkeit an. Dieser Anstieg führt zur Punkten in der jeweiligen Kategorie, die in Gesprächen eingesetzt werden könne. So kann sich Gerda möglicherweise mit Schlagfertigkeit aus brenzligen Situation rauswinden oder mit Mitgefühl Gewalt gegen ihre Liebsten verhindern. 

    Ein kleiner Logikfehler wurde in der Vorschau verbaut

    Das System, mit dem sich Gerda in ihren Fähigkeiten üben und entsprechend mit den verschiedenen Fraktionen von Zivilisten über Widerstand bis hin zu Besatzern gut oder schlecht stellen kann, zeigt im Detail aber einen kleinen Logikfehler. So erhöht oder senkt eine Handlung nicht nur das Vertrauen der direkt betroffenen Gruppe, sondern tut dies konträr auch bei den anderen, die in Gesprächen oder Aktionen eigentlich gar nicht betroffen sind. Hilft man als Zivilisten beispielweise den Rebellen, werden die Nazis noch repressiver gegen das Volk, obwohl sie von der Geheimhilfe gar nicht wissen können.

    Zumindest ist bis zum Release des Games im September noch genug Zeit, solche Auffälligkeiten auszubügeln. Technisch nämlich sieht der Titel schon wirklich, wirklich gut aus. Grafisch ist das Spiel trotz des düsteren Inhalts eine Augenweide, die Animationen sind flüssig und die Handlung ist extrem solide erzählt. Bis auf die kleinen Logik-Auffälligkeiten gefällt auch das System, bei dem man durch jede Option die Beziehung mit den anderen Figuren und den Fraktionen verändert, sehr gut. Im finalen Spiel soll zudem noch ein tiefergehendes Ressourcen-Management Einzug halten. Wir sind gespannt.

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