Coronavirus

"Das mit den Masken ist wie mit dem WC-Papier"

In der Schweiz sind zunehmend Menschen mit Schutzmasken unterwegs. Vor dem Virus schützen würden sie sich dabei nicht, sagt ein Apotheker.

Heute Redaktion
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Daniel Koch wiederholte es unermüdlich: Masken nützten sehr wenig, um sich gegen das Coronavirus zu schützen, sagte der Leiter Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) beinahe bei jeder Medienkonferenz und in jedem Interview.

Doch je mehr die Regierung vom Gebrauch der Masken abrät, desto häufiger werden sie offenbar getragen. Während bei den Großverteilern vor einigen Tagen noch kaum jemand mit einer Maske den Laden betrat, wagen sich Kunden nun zunehmend nur noch mit Schutzmasken hinein. Ein ähnliches Bild zeigte sich in der Bahn.

"Es verhält sich wie mit dem WC-Papier"

Auch das Schweizer Radio und Fernsehen verzichtet nicht darauf. "Wir drei hier an diesem Tisch sind die Einzigen in diesem Studio, die im Moment keinen Mundschutz tragen. Hier geht also auch Sicherheit vor", ließ Moderator Mario Grossniklaus in der Sondersendung zum Corona-Stillstand vom Donnerstagabend wissen. Das sorgt für Verunsicherung. "Hättest du eine Maske, könntest du einkaufen gehen, statt auf deine Migros-Lieferung zu warten", wirft etwa ein Twitterer jemandem vor.

"Es verhält sich wie mit dem WC-Papier. Weil jetzt viele Leute mit Masken einkaufen gehen, glauben viele zu Unrecht, sie müssten es nachmachen. Man wünscht sich, die Leute würden einander wenigstens das Richtige nachmachen", sagt Josef Widler, Präsident der Ärztegesellschaft und Arzt im Kanton Zürich.

"Eine Illusion"

Auch Patrik Bolliger, Inhaber der Bahnhof-Apotheke Schaffhausen, stellt klar: "Die Leute, die jetzt mit Hygieneschutzmasken einkaufen gehen, sitzen einer Illusion auf. Mit Hygieneschutzmasken schützt man sich selber vor einer Ansteckung kaum. Sie haben einen furchtbar kleinen Nutzen." Dazu könne man sich ohnehin über die Augen, die ja nicht geschützt würden, anstecken. Auch die "Luxus-Variante", die FFP-Masken, die vom medizinischen Personal getragen werden, garantieren laut Bolliger keinen 100-prozentigen Eigenschutz.

Die Masken dienen laut dem Apotheker dem Fremdschutz. "Wir in der Apotheke zum Beispiel tragen Masken, weil wir viele verschiedene Kunden bedienen und diese nicht anstecken wollen."

"Wir haben alles versucht"

Bolliger verfügt in seiner Apotheke für sein Personal noch über rund 50 Masken. "50 Masken für ein 20-köpfiges Team sind wenig, wenn man bedenkt, dass die Masken alle zwei Stunden gewechselt werden müssen." Die Apotheke müsse mit den Masken sehr sparsam umgehen. "Auf dem seriösen Markt bekommt man keine Masken mehr, schon gar nicht FFP-Masken. Wir haben alles versucht." Bolligers Appell lautet deshalb: "Die Masken soll man denjenigen Leuten überlassen, die sie wirklich brauchen. Das Material ist wirklich für das medizinische Personal reserviert."

Auch Josef Widler sagt: "Wer Masken trägt, verschwendet Material, das die Medizin in der nächsten oder übernächsten Woche braucht." Solange einem beim Einkaufen niemand ins Gesicht huste und man die Abstandsregel einhalte, passiere nichts.

Hoffnung in Sicht

Auch Daniel Koch warnte bereits mehrmals vor einem unvernünftigen Konsum. Wenn dem Personal die Masken ausgingen, werde es Tote zu beklagen geben, sagt er an einer Medienkonferenz.

Es ist aber auch Hoffnung in Sicht. "Durchbruch gelungen, Brüssel weist EU-Länder an, Exporte von Schutzmaterial in die CH/EFTA nicht mehr zu blockieren!", twitterte Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) am Freitag. Zuvor war für das Schweizer Pflegepersonal wiederholt bestimmte Schutzausrüstung in Deutschland blockiert worden.

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