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"Sommerhaus": Seit wann ist Trash-TV so langweilig?

Heute Redaktion
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Ich hatte große Gefühle, größere Egos und Streitereien am laufenden Band erwartet. Stattdessen musste ich für meine Portion Drama zu ORF III umschalten.

"Heute stumpfe Unterhaltung", denke ich mir am Dienstagabend. Diesmal kommt mir nichts dazwischen, nicht einmal die erste Elefantenrunde zur Nationalratswahl in ORF III. Ich sitze mit viel zu fettigen Chips und viel zu süßen Softdrinks vor dem Fernseher und warte auf das Finale von "Sommerhaus der Stars". Die vorigen Episoden habe ich nicht gesehen. Mal keine Zeit, mal keine Lust, mal eine Mischung der beiden.

Trash-TV kann ja ein Genuss sein. Schön krawallig, unsympathische Z-Promis und erniedrigende "Spiele", an deren Ende im Idealfall irgendwer weint. Was das RTL-Dschungelcamp schon lange perfektioniert hat – nicht selten mit einer gehörigen Portion Ekel – funktioniert beim "Sommerhaus" aber überhaupt nicht.

Ranzige Villa, unbekannte "Stars"

Die Kurzfassung, damit alle auf demselben Stand sind: Mehrere "Prominente" – wobei dieser Begriff hier sehr frei interpretiert wird – ziehen mit ihren Partnerinnen und Partnern im Schlepptau in eine portugiesische "Villa". Die hat zwar einen Pool, ist alles andere als glamourös. Eine gewisse AirBnb-Finca auf Ibiza hätte mehr hergemacht. Gerade der etwas ranzige Charakter passt aber hervorragend zu den Bewohnern.

Die haben ihre besten Zeiten entweder lange hinter sich oder sind sowieso nur durch andere Trash-Formate bekannt. Willi Herren und seine Frau Jasmin sind neben den anderen Paaren in der Finalsendung noch echte Berühmtheiten, fliegen aber schon beim ersten Spiel raus, als sie sich in Fatsuits zuerst in Wasser wälzen und anschließend gegenseitig ausdrücken müssen.

Danach scheitern auch noch die verbleibenden Finalisten Sabrina Lange und Freund Thomas Graf von Luxburg (Reality-TV-"Stars") an einem Quiz sowie Steffi und Roland Bartsch (TV-Auswanderer) am rückwärts einparken mit verbundenen Augen. Das Preisgeld von 50.000 Euro geht an Elena Miras und Mike Heiter. Deren einzige "Leistung" im Fernsehen vor dem "Sommerhaus" war die Teilnahme an "Love Island".

Die Lösung ist "Apdate"

Die Spiele selbst können den Ekelprüfungen des Dschungelcamps nicht das Wasser reichen. Diese Erwartung wäre überzogen gewesen. Wie uninspiriert sie daherkommen, verwundert dann aber trotzdem. Die Planscherei im Spiel "Ich quetsch dich aus" ist zwar etwas erniedrigend mit eindeutig zweideutigen Sätzen wie "Ich entsafte dich", wirklicher Unterhaltungswert kommt aber nicht auf. Wenigstens zu ein wenig Fremdscham animiert das Quiz, bei dem einige Kandidaten ihr ganzes Unwissen demonstrieren ("Die Lösung ist 'Update'. Wo ist das 'A'?").

An der Krawall-Font, dem eigentlichen Herzstück der Sendung, sieht es leider ebenfalls traurig aus. Die Stimmung im Haus ist unangenehm, aber nicht schlimmer als hätte die gesamte Partie am Vorabend sehr kontroverse Runden Mario Kart und UNO gespielt. Willi und Jasmin bemühen sich anfangs noch redlich um Streitereien. Sie sitzen rauchend auf der Terrasse und beschimpfen ihre Mitbewohner. Mit dem Rauswurf ist damit aber ebenfalls Schluss.

Mehr Drama in ORF III

Das Fazit: Für eine Krawall-Sendung bietet das "Sommerhaus"-Finale erstaunlich wenig Krawall. Die Provokationen der "Stars" (Wasser laufen lassen) sind ebenso zahnlos wie die Beschimpfungen ("Willkommen in der Spasti-Gesellschaft."). Respekt an die Verantwortlichen für den Schnitt und die Musik, das Rohmaterial muss unfassbar langweilig gewesen sein.

Nach dem "großen Finale" zeigt RTL noch das "große Wiedersehen" der Kandidaten. Das tue ich mir nicht mehr an (hier gibt es die Zusammenfassung) und schalte stattdessen die Aufzeichnung der ORF-III-Elefantenrunde ein. Dort erwartet mich mehr Drama. (Lukas Urban)