Er ist 15 Jahre alt und steht am 21. Juli wegen Terrorvorwürfen vor dem Wiener Landesgericht. Ein Schüler aus Währing soll einen Anschlag auf den Wiener Westbahnhof geplant haben – mit einem Messer, Sprengstoffideen und dem Ziel, möglichst viele "Ungläubige" zu töten.
Nun spricht der Angeklagte selbst. Wie ein Teenager, der mehr überfordert als gefährlich wirkt, schildert er dem Richter, wie es zur Radikalisierung kam: "Ich war in Moscheen und hab auf TikTok geschaut", erklärt er. Dort sei er auf radikale Prediger wie "Pierre Vogel" gestoßen: "Er hat mir gesagt, man muss Jihad machen. Kämpfen muss man auch."
Der Bursche erzählt vor Gericht weiter: "Ich habe auch so arabischen Gelehrten aus Saudi-Arabien zugehört, mit deutschen Untertiteln. Ich kann auch ein bisschen Arabisch." Einer habe sogar Osama bin Laden gelobt – das habe ihn beeinflusst.
Richter: Ob ihm das nicht komisch vorgekommen sei? Der 15-Jährige meinte darauf: "In der Schule habe ich von ihm gehört, aber nicht so richtig." Dann sagt er klar: "Man muss seine Religion und seinen Propheten verteidigen. Wenn jemand meine Religion niedermacht, dann lasse mir das aber nicht gefallen."
Der Staatsanwalt ist überzeugt: Der Jugendliche war fest entschlossen, einen Anschlag zu begehen. Er zeichnete Skizzen der Station Westbahnhof, nannte "Kuffar" (Ungläubige) als Zielgruppe, versuchte eine Schusswaffe zu bestellen und bereitete laut Anklage den Bau eines Sprengsatzes vor.
Die Pläne seien konkret gewesen – das Ziel: ein Blutbad. Nur durch einen Hinweis des deutschen BKA konnte er im Februar festgenommen werden. "Er ist ein trauriges Musterbeispiel für Online-Radikalisierung", so der Staatsanwalt.
Verteidigerin Anna Mair zeichnet ein anderes Bild: Ihr Mandant sei kein fanatischer Terrorist, sondern ein Jugendlicher auf der Suche nach Orientierung gewesen. "Er bekam einfache Antworten auf schwierige Fragen."
"Zum Glück war er zu feige für den Anschlag", sagt sie. Lehrer hätten über ihn gescherzt, er komme bald mit der Kalaschnikow. "Das wertete er als Rassismus – und es bestärkte ihn." Die Festnahme habe ihn "aus der Spirale des Hasses" geholt.
Zur Anklage bekennt sich er teilweise schuldig: "Alles bis auf die gefährliche Drohung stimmt." In der U-Haft war es zu einem Streit mit einem Mithäftling gekommen – Ermittler sprechen von einer religiösen Auseinandersetzung. "Ich bin bei meinen Eltern mit meinem Bruder aufgewachsen. Wir haben hin und wieder die Moschee besucht. Ich habe aber auch Schule und so gemacht", sagt der Beschuldigte. Was bleibt: ein verstörter Jugendlicher – und die große Frage, wie man solche Fälle künftig verhindert.
"Ich habe nicht mit dem IS sympathisiert, sondern ich wollte mich bei denjenigen rächen, die Frauen einsperren und Kinder töten", gibt er Einblicke in die perfide Art der Propaganda der Terror-Organisationen. Mit in Syrien eingesperrten Frauen und verletzten Kindern aus Gaza wurde ganz gezielt das Feindbild USA und Israel propagiert - beim Angeklagten funktionierte das offenbar.
Beim Verdächtigen wurden mehrere Stichwaffen gefunden, "Auch eine Machete mit 16 Zentimeter Klingenlänge habe ich gekauft", so der Bursche.
Ein Urteil wird im Laufe des Tages erwartet. Für den Jugendlichen gilt die Unschuldsvermutung.