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28-Jähriger muss statt 3,70€ nun 205€ für Ticket zahlen

Marcel R., der durch die Pandemie seinen Job verlor und in den finanziellen Ruin schlitterte, muss nun 205 Euro fürs Schwarzfahren zahlen.

Rhea Schlager
Marcel R. konnte sich, durch seine 2-jährige Arbeitslosigkeit, kein Ticket mehr leisten.
Marcel R. konnte sich, durch seine 2-jährige Arbeitslosigkeit, kein Ticket mehr leisten.
Kurt Molzer / picturedesk.com / privat

Das Corona-Virus sorgte für eine Kündigungswelle, die im Jahr 2020 auch den 28-jährigen Niederösterreicher Marcel R. traf. "Ich war seither auf der Suche nach einem neuen Job und fand diesen April endlich eine Stelle", erzählt er im "Heute"-Gespräch. Während der Zeit als Arbeitsloser sollen sich aber viele Kosten angestaut haben – auch Mahnungen landete in seinem Postkasten.

28-Jähriger musste Auto verkaufen

Das Arbeitslosengeld habe nur für die Miete und das Essen gereicht, erklärt Marcel. Mit dem Gehalt des neuen Jobs war er somit gezwungen seine Rechnungen begleichen, um nicht noch mehr Mahnungen zu erhalten. "Ich musste sogar mein Auto verkaufen um an Geld zu kommen und bin seitdem auf die Öffis angewiesen", so der 28-Jährige. Die 3,70 Euro täglich konnte er sich eigenen Angaben zufolge aber irgendwann auch nicht mehr leisten.

Um seine neue Arbeit aber nicht zu verlieren, entschloss sich der Niederösterreicher kurzerhand dazu, ohne gültigen Fahrschein zu fahren. "Solange ich es mir leisten konnte, habe ich immer einen Ticket gelöst", so Marcel R. "Das kann ich sogar mit der ÖBB-App beweisen, mit der ich die Fahrscheine gekauft habe."

Inkassobüro eingeschaltet

Am 28. Juni kam es aber, wie es kommen musste: Der 28-Jährige wurde ohne gültigem Ticket im Zug erwischt und erhielt eine Strafe von 135 Euro. "Der Kontrolleur meinte, ich kann online eine Ratenzahlung anfordern, wenn ich mir die Strafe nicht leisten könne. Leider hab ich aber den Fehler gemacht, zu erklären, warum ich mir das Ticket nicht leisten konnte, anstatt um eine Ratenzahlung zu bitten."

Aus beruflichen und privaten Gründen war es dem Niederösterreicher nämlich lange nicht möglich, diese Anfrage zu stellen. Als er sich allerdings dazu durchringen konnte, war es anscheinend wohl zu spät. Denn die Antwort kam prompt: Es würde sich nun ein Inkassobüro um den Fall kümmern. Auch eine Vermittlung zwischen der ÖBB und der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (APF) soll nicht weitergeholfen haben. "Jetzt gibt es eine Inkassoforderung von 205 Euro. Eine Ratenzahlung ist nicht möglich, allerdings wurde mir ein Gutschein in der Höhe von 65 Euro angeboten", erklärt Marcel.

Nun soll der Niederösterreicher statt den 3,70 Euro, die ein Zugticket gekostet hätte, 205 Euro zahlen. "Wenn ich die nicht zahlen kann, kommt vermutlich eine Klage", mutmaßt er. "Und das in einer Zeit, wo das Leben für viele Menschen kaum noch leistbar ist."

Kulanzangebot aufgrund persönlicher Situation

Laut ÖBB Konzernkommunikation soll sich der von Marcel R. geschilderte Vorfall ebenso zugetragen haben. "Ihm wurde zudem eine Zahlungsfrist von 14 Tagen (spätestens bis 5. August) gesetzt, aber er hat sich erst zwei Monate später (am 20.09.) nochmals gemeldet und hier um eine Ratenzahlung ersucht. Auch hat Marcel R. sowohl von den ÖBB eine Zahlungserinnerung, als auch nach einer neuerlichen Fristsetzung von INKO selbst eine Mahnung erhalten."

Weiters erklärt die ÖBB-Pressestelle, dass aufgrund der persönlichen Situation ein Kulanzangebot unterbreitet (ÖBB Gutscheine bei Einzahlung der offenen Forderung inklusive Inkasso-Kosten) und dieses von Marcel auch angenommen wurde.

"Wenngleich wir die Situation nachvollziehen können, benötigen alle Reisenden – allein aus Fairness gegenüber allen anderen Fahrgästen – ein gültiges Ticket. Auch möchten wir betonen, dass eine Ratenzahlung ein freiwilliges Entgegenkommen unsererseits darstellt. Darauf besteht jedoch kein Rechtsanspruch", so die ÖBB Konzernkommunikation abschließend.

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