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50 Messerstiche überlebt: 16-Jährige klagt nun Republik

Mit voller Wucht stach ein 17-Jähriger im Februar auf seine Ex-Freundin ein. Die junge Wienerin überlebte nur knapp. Nun will sie die Republik klagen.

Amra Duric
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Der Täter wurde am Wiener Landesgericht verurteilt.
Der Täter wurde am Wiener Landesgericht verurteilt.
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Diese Bluttat erschütterte im Februar letzten Jahres ganz Wien: Eine 16-Jährige wurde von ihrem Ex-Freund auf dem Heimweg von der Schule verfolgt und in der elterlichen Wohnung attackiert. Der damals 16-Jährige stach mit einer acht Zentimeter langen Klinge 50 Mal auf die junge Frau ein. Sie überlebte nur knapp. Einer der vielen Stiche ging in den rechten Augapfel, das Mädchen ist auf dem Auge seither blind. Beim Prozess am Wiener Landesgericht stellte die Sachverständige beim Täter unter anderem eine schwere Störung des Sozialverhaltens und ein erhöhtes Aggressionspotenzial fest. Der Jugendliche wurde schließlich rechtskräftig zu 12 Jahren Haft verurteilt. Nun zieht das Opfer wieder vor Gericht.

Polizei sprach kein Betretungsverbot aus

Gemeinsam mit ihrer Anwältin Sonja Aziz will die junge Wienerin eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich einbringen. Der Grund: Polizeiversagen. "Zwei Wochen vor dem Mordversuch hat der Täter meiner Mandantin in einem Park ins Gesicht getreten. Sie musste für zwei Tage ins Spital. Sie hat mit ihrer Mutter bei der Polizei Anzeige erstattet und den Beamten geschildert, dass sie mehrmals von ihm geschlagen wurde, dass er sehr eifersüchtig ist und sie ständig kontrollieren will", erklärt Aziz im Gespräch mit "Heute"

"Es gab viele Warnsignale und Gewaltübergriffe. Die Polizei hat dennoch nicht mit dem Täter gesprochen. Opfer und Täter waren minderjährig, das Jugendamt wäre zu informieren gewesen, doch das ist ebenfalls nicht passiert." - Anwältin Sonja Aziz

Da es laut den zuständigen Beamten jedoch keine konkreten Hinweise auf weitere Angriffe gab, wurde kein Betretungsverbot für die Wohnung des Mädchens ausgesprochen. Für die Juristin völlig unverständlich. "Es gab viele Warnsignale und Gewaltübergriffe. Die Polizei hat dennoch nicht mit dem Täter gesprochen. Opfer und Täter waren minderjährig, das Jugendamt wäre zu informieren gewesen, doch das ist ebenfalls nicht passiert."

Da es für die Polizei keine konkreten Hinweise auf weitere Angriffe gab, wurde kein Betretungsverbot für die Wohnung des Opfers verhängt. Laut Anwältin Aziz wurde die Staatsanwaltschaft auch nicht verständigt, die eine sofortige Vernehmung des 17-Jährigen angeordnet hätte. Für die Juristin ist klar: "Er hatte kein Hindernis für die Tat."

Überdies wäre die Polizei laut der Anwältin verpflichtet gewesen, die Staatsanwaltschaft in Kenntnis zu setzen. "Es gibt eine Dienstanweisung wie die Polizei dann vorgehen muss. In dieser Dienstanweisung steht, dass die Polizei den Journaldienst der Staatsanwaltschaft anrufen muss, wenn Gewalt angedroht wird. Das ist in diesem Fall nicht passiert. Hätte die Polizei angerufen, hätte die Staatsanwaltschaft sofort die Vernehmung des Beschuldigten angeordnet. Sie hätten festgestellt, ob der Täter festgenommen werden muss. So aber hatte er kein Hindernis für die Tat."

"Anzeigen von Frauen müssen ernster genommen werden. Die Gefährdung muss seitens der Polizei und Strafjustiz besser erkannt und eingeschätzt werden." - Aziz

Drei Wochen nach der Attacke im Park sollten laut Aziz ihre Mandantin, der Beschuldigte und die Mutter des Opfers zur Einvernahme erscheinen. Doch dazu kam es nie. "Als der Täter die Ladung zur Einvernahme bekommen hat, hat ihn das dazu veranlasst, sie abzupassen", so die Juristin. Sie fordert: "Anzeigen von Frauen müssen ernster genommen werden. Die Gefährdung muss seitens der Polizei und Strafjustiz besser erkannt und eingeschätzt werden. Nach wie vor werden keine wissenschaftlich geprüften Tools zur Gefährlichkeitseinschätzung verwendet, obwohl diese seit Jahrzehnten existieren."

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