Wolfgang Ziegler schlägt Alarm: Am Dienstag behandelte der Allgemeinmediziner in seiner Ordination in Kremsmünster in nur zwei Stunden und 15 Minuten ganze 50 Patienten. Umgerechnet bedeutet das gerade einmal 2,7 Minuten Zeit pro Person. "In der Ordination selbst waren noch mehr Patienten, ein Teil musste aber nicht zu mir direkt", so der Mediziner.
Hintergrund: Extremer Ärztemangel. Insgesamt sind aktuell 46 Kassenstellen in Oberösterreich unbesetzt – allein 31 davon betreffen Allgemeinmediziner. Rund 80.000 Menschen im Bundesland haben somit derzeit keinen Hausarzt. Das Gesundheitssystem stößt an seine Grenzen, Versorgungslücken werden größer.
Ziegler, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, schildert die dramatische Lage: Viele Kolleginnen und Kollegen übernehmen Aufgaben, die eigentlich in Spitälern erledigt werden müssten – oft auf eigene Kosten. Auch wirtschaftlich sei vieles davon kaum tragbar.
Manche Ordinationen sehen sich gezwungen, auf nur vier Öffnungstage pro Woche zu reduzieren. Der Grund: Leistungs- und Frequenzgrenzen dürfen nicht überschritten werden. Das hat zur Folge, dass weniger Termine vergeben werden – Wartezeiten verlängern sich.
Die Ärztekammer fordert einen besseren Kassenvertrag, weniger Bürokratie und flexible Arbeitszeitmodelle wie etwa die 4-Tage-Woche. Gerade für junge Mediziner wäre das ein Anreiz, sich niederzulassen. Stattdessen setze die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) laut Ärztekammer auf weitere Einsparungen – zuletzt mit der Forderung nach einem "Solidarbeitrag" der Ärzte.
Ziegler stellt klar: "Die Kolleginnen und Kollegen leisten diesen Beitrag längst – indem sie zusätzlich Patienten übernehmen, Kassenstellen kompensieren und oft weit über das Limit gehen." Nun müsse man über "Einsparungen in der Leistungserbringung" sprechen. Und die betreffen konkrete Bereiche:
Die Erreichbarkeit per Telefon belastet viele Praxen stark. Auch hier müsse reduziert werden – telefonische Auskünfte würden somit eingeschränkt.
Leistungen, die nicht kostendeckend vergütet werden, könnten künftig nicht mehr angeboten werden. Konkret genannt werden etwa chronische Wundversorgungen oder aufwändige Kontrastmitteluntersuchungen. Was genau betroffen ist, variiert je nach Ordination. Ziegler bringt es auf den Punkt: "Irgendwann muss man sagen: Das mach ich nicht mehr."
Der Frust in der Ärzteschaft wächst – ebenso wie der Druck auf die ÖGK, endlich zu handeln. Auch Johanna Holzhaider, stellvertretende Kurienobfrau, findet deutliche Worte: "Wer mehr arbeitet, wird im jetzigen System regelrecht bestraft." Dabei wären Verbesserungen laut Ärztekammer sogar ohne zusätzliches Geld möglich. Doch seit Monaten liegt der Dialog mit der ÖGK auf Eis. Dabei wäre gerade jetzt ein gemeinsames Vorgehen nötig, um die medizinische Grundversorgung in Österreich zu sichern.