Niederösterreich

"Akademisierung der Pflege hat System kaputt gemacht"

Seit 2016 braucht man als Diplomierte Pflegekraft einen FH-Abschluss. "Das war die dümmste Entscheidung überhaupt", sagt eine Krankenschwester.

Isabella Nittner
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Sven Hoppe / dpa / picturedesk.com

Das Spitalssystem steht kurz vor dem Zusammenbruch. In so gut wie jeder Klinik fehlt massenhaft Personal, zahlreiche Betten müssen deshalb gesperrt werden, Behandlungen würden deshalb vermehrt in den niedergelassenen Bereich verlegt. Die Situation spitzte sich in den vergangenen zwei Jahren drastisch zu. Für planbare Operationen muss man mitunter viele Monate warten – mehr dazu hier.

"Das Dümmste"

Die Politik hofft deshalb mit Pflegeprämien Anreize zu schaffen. Ob das von Erfolg gekrönt sein wird, ist fraglich. 

Doch warum will niemand mehr im Spital arbeiten und was hat sich im Vergleich zu früher, als das Krankenschwestern-Diplom für viele ein Berufstraum war, geändert? "Heute" fragte bei einer langjährigen Pflegekraft aus Niederösterreich nach.

"Die Akademisierung der Pflege war das Dümmste, was sie machen konnten", resümiert die diplomierte Krankenschwester knapp. Was das heißt? Bis 2016 gab es in ganz Niederösterreich 15 Krankenpflegeschulen – in Amstetten, Baden, Klosterneuburg-Maria Gugging, Hollabrunn, Mistelbach, Horn, Krems, Mauer, Neunkirchen, Scheibbs, Stockerau, St. Pölten, Tulln, Wr. Neustadt und Zwettl. 

Die Ausbildung konnte nach neun erfolgreich absolvierten Schulstufen begonnen werden, dauerte drei Jahre und endete mit dem Diplom. Konkret hieß das: Jeder und jede konnte nach der neunjährigen Schulpflicht Krankenschwester oder Krankenpfleger werden und damit ein anständiges Gehalt verdienen.

FH-Bachelor

Doch 2016 hat sich das geändert. Die Pflege wurde teilakademisiert. Das heißt: Die Pflegeassistenten sowie Pflegefachassistenten werden in Landesschulen ausgebildet, Diplomierte müssen aber das FH-Studium Gesundheits- und Krankenpflege mit dem Bachelor abschließen. 

Sprich: Alle, die keine Matura haben, können das Studium nicht beginnen. "Derzeit haben sicher zwei Drittel der Diplomierten keine Matura, sie sind aber genauso gute Fachkräfte. Vor allem sind das Fachkräfte, die dann auch wirklich im Spital am Bett stehen", erklärt die Pflegekraft. Man müsse die Ausbildung grundsätzlich wieder zugänglicher machen, so die Spitals-Insiderin zu "Heute".

"Ein paar laufen sich noch zum Deppen ..."

Die Änderung im Jahr 2016 habe die Abwärtsspirale nochmals befeuert. "Wer studiert, stellt sich danach nicht ans Bett und pflegt, sondern geht beispielsweise ins Gesundheitsmanagement", sagt sie.

Die Konsequenz laut der Krankenschwester: "In jeder Station in den Spitälern fehlen im Schnitt zehn Leute. Ein paar laufen sich noch zum Deppen und versuchen alles über Wasser zu halten. Aber auch die werden bald ins Burnout rutschen." Und dann bricht das System zusammen? "Es ist doch bereits zusammengebrochen ...", so die diplomierte Krankenschwester zu "Heute".

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