Salzburg

"Jedermann"-Premiere gestört– Aktion geht völlig schief

Eine lautstarke Störaktion ergoss sich über die Promis im Publikum der Festspiel-Premiere – doch der Großteil dachte, es sei Teil des Stücks.

Leo Stempfl
Klima-Aktivisten störten die glamouröse Premiere bei den Salzburger Festspielen.
Klima-Aktivisten störten die glamouröse Premiere bei den Salzburger Festspielen.
Letzte Generation Österreich

Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" haben am Freitag lautstark die "Jedermann"-Premiere im Rahmen der Salzburger Festspiele gestört. Kurios: Ausgerechnet in jener Neuinszenierung von Michael Sturminger sind die Aktivisten mit ihren typischen, orangenen Warnwesten regulärer Teil des Stücks!

"Jedermann"-Premiere – alte Buhlschaft sah sich neue an >>

Zu Beginn der Aufführung stürmen völlig planmäßig zwei Personen mit Feuerlöscher auf die Bühne und sprühen einen orangenen Fleck an die Fassade des Bühnenbilds. Dieser Fleck prangt die komplette Inszenierung über wie ein Mahnmal im Hintergrund und ist sogar auf dem verwackelten Video, das die Aktivisten ins Netz stellten, gut zu sehen. Für die Klima-Kleber war das offenbar kein Hinderungsgrund.

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    Landesrat Martin Zauner, Landeshauptmannstellvertreterin Marlene Svazek und Landesrat Christian Pewny vor der Premiere.
    Landesrat Martin Zauner, Landeshauptmannstellvertreterin Marlene Svazek und Landesrat Christian Pewny vor der Premiere.
    Franz Neumayr

    "Hat das jetzt zum Stück gehört?"

    Sie riefen lautstark immer und immer wieder "Wir alle sind die Letzte Generation", "Wir haben die Lösungen, die wir brauchen" und fragten "Was bleibt von einem Menschenleben?", bevor sie von "einem Großaufgebot an Sicherheitskräften aus dem Salzburger Festspielhaus gezerrt" wurden, wie sie in einer Aussendung mitteilten.

    Doch selbst das kam beim Publikum, dem die Störung offenbar galt, nicht als solche an. Denn nur wenig später gibt es im Stück selbst einige Passagen, bei denen aus unterschiedlichen Richtungen laute Rufe an Jedermann ertönen. Wieder dachte das Publikum also, die Aktion gehöre zum Stück.

    Das geht soweit, dass sogar erste Kultur-Kritiker die "Stör-Aktion" als dramaturgisch genau am Punkt und ins Spiel passend beschreiben (etwa in den "Salzburger Nachrichten"). "Hat das jetzt zum Stück gehört?" soll laut "SN" im Publikum viel gefragt worden sein.

    Die Stör-Aktion im Video:

    Wollten aufrütteln

    Worum es den Aktivisten eigentlich ging: "Gerade jetzt, wo die Erderhitzung immer weiter außer Kontrolle gerät und sich auf der ganzen Welt mit immer extremeren Temperaturen und immer zerstörerischerem Wetter bemerkbar macht, können sie nicht länger wegschauen. Wollen wir weiter in die Klimahölle rasen?", fragen sie.

    Stefan Kogler-Sobl (25), Sozialpädagoge, steht von Kindesbeinen an auf Theaterbühnen. Die Entscheidung, eine solche Aufführung lautstark zu stören, ist ihm nicht leicht gefallen: "Ich würde auch lieber ungestört mein Leben leben, als mich irgendwo hinzukleben – aber was sind meine anderen Möglichkeiten? Die Reichsten der Reichen interessieren sich nur für sich selbst und unsere Politiker:innen machen... nichts."

    Seine Freundin Erika Goedl (22) studiert Bautechnik. Auch sie hat als Tänzerin selbst Bühnenerfahrung. Bei den Salzburger Festspielen wollte sie aufrütteln: "Eine Bühne sollte dafür genutzt werden, Menschen zum Hinterfragen und zum Nachdenken zu bringen. Jedermann soll hinterfragen und nachdenken. Wieso lassen sich Menschen vom Geld antreiben, und nicht von der Sorge umeinander und vor dem, was auf uns zukommen wird?"

    Auch Lehrer dabei

    Stefans Bruder Bernhard (33) ist ebenfalls theaterbegeistert, und inszeniert als Lehrer seit vielen Jahren Stücke mit Schülerinnen und Schülern. Aus Sorge um die Zukunft seiner Lieben protestierte er heute im Festspielhaus: "Meine Kinder sind drei und vier Jahre alt. Sie werden die Klimakatastrophe, die wir Erwachsenen immer noch befeuern, einmal mit voller Wucht zu spüren bekommen. Wenn ich einmal auf mein Leben zurückschaue, dann will ich nicht sagen müssen, dass ich das alles zwar gewusst, aber doch zu wenig unternommen hätte. Noch ist es nicht zu spät."