Seit über einem Monat ist die Austro-Ampel im Amt. In dieser Zeit fanden bereits mehrere Ministerräte statt, erst vergangene Woche traf man sich zu einer zweiten Arbeitsklausur. Bei dieser wurde ein Arbeitsplan bis zum Sommer festgelegt bzw. konkretisiert. Die Regierung bemüht sich sichtlich, angesichts der massiven Herausforderungen, den Eindruck eines tatkräftigen und engagierten Arbeitsbeginns zu vermitteln.
Am Sonntag war Außenministerin und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zu Gast in der ORF-Pressestunde. Zu den wichtigsten Aufgaben gehört bekanntlich die Budgetsanierung. "Ich kann das Gefühl der Ratlosigkeit in der Bevölkerung nachvollziehen", so die Ministerin. Die wirtschaftliche Situation sei jetzt schlechter als angenommen, man müsse aber bei der Ambition bleiben, heuer 6,4 Milliarden Euro einzusparen. "Jetzt ist 1 vor 12", sagte Meinl-Reisinger. "Ich habe oft genug gesagt, dass 'koste es was es wolle' uns auf den Schädel fallen wird".
Ein weiteres Ziel der Bundesregierung ist, das faktische Pensionsantrittsalter an das gesetzliche heranzuführen. "Hier haben wir ordentliche Reformen vor, etwa bei der Altersteilzeit, die sehr viel kostet. Wir müssen es schaffen, dass Menschen länger arbeiten und faktisch später in Pension gehen", erklärte die NEOS-Chefin. Falls das nicht reiche, habe man sich auf einen Nachhaltigkeitsmechanismus geeinigt, mit dem weitere Maßnahmen gesetzt werden können. "Auch ich würde lieber jeden Tag verkünden, dass ich eine Wohltat machen, aber es ist, wie's ist", so die Politikerin.
Als Außenministerin hat Meinl-Reisinger auch Stellung zu den geopolitischen Ereignissen bezogen, allen voran die Beziehungen zwischen den USA und der EU. "Die EU hat im Zollkonflikt wirtschaftliche Stärke gezeigt und ist nicht in die Knie gegangen. Wir können mit Donald Trump auf Augenhöhe verhandeln, aber auch Gegenzöllen verhängen, wo es den USA wehtut." Die pinke Chefin empfehle, nicht "hyperventilierend" auf alles zu reagieren, was Trump macht. "Unsere Stärke ist Einigkeit."
Obwohl die Verlässlichkeit bei den USA aktuell nicht gegeben sei, will die Außenministerin an der Partnerschaft festhalten. "Wir haben die Verpflichtung, Österreich zu schützen und daher müssen wir als Europa in die eigene Autonomie investieren. Eine NATO-Mitgliedschaft Österreichs wolle Meinl-Reisinger nicht, stattdessen eine souveräne, europäische Sicherheitsfähigkeit, stellte sie klar.
Angesprochen auf die Beistandsverpflichtung, die Österreich als EU-Staat im Falle eines Angriffs auf ein Mitgliedsland hat, sagte die Ministerin, dass Österreich schon jetzt einen Beitrag – z.B. mit Friedensmissionen in Bosnien – leiste. "Wir leisten weiters einen Beitrag für den Aufbau einer stärkeren Resilienz der europäischen Verteidigungsfähigkeit." Begriffe wie "Aufrüstung" oder "Kriegswirtschaft" lehne sie ab.
Auch in der Ukraine könnte Österreich Friedenstruppen schicken. Das hänge allerdings massiv davon ab, ob es ein Mandat (z.B. von der UNO) gibt und ob die Kapazitäten gegeben sind. "Unser etwaiges Engagement in der Ukraine dürfte nicht auf Kosten eines Engagements am Westbalkan gehen."