Gesundheit

"Als ich aus Corona-Koma aufwachte, war ich gelähmt"

Der 39-jährige Schweizer Zeljko Raduljevic ist nach einer Corona-Infektion vom Hals abwärts gelähmt. "Man darf trotz allem nicht aufgeben", sagt er.

20 Minuten
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Trotz den Folgeerscheinungen seiner Corona-Erkrankung schaut Zeljko positiv in die Zukunft.
Trotz den Folgeerscheinungen seiner Corona-Erkrankung schaut Zeljko positiv in die Zukunft.
Screenshot/ 20 Minuten

Als Zeljko am 3. Dezember 2020 an Corona erkrankte, fühlte es sich zunächst wie ein grippaler Infekt an: "Die ersten fünf Tage hatte ich leicht erhöhte Temperatur - sonst nichts. In der sechsten Nacht wurde mir plötzlich schlecht, sodass mein Cousin mich ins Spital Bülach nach Zürich brachte", erzählt er der Schweizer Nachrichtenplattform "20 Minuten".

Sechs Wochen Koma

Von diesem Tag an kann sich Zeljko an nichts mehr erinnern. Sechs Wochen lang lag der Schweizer mit einigen Unterbrüchen im künstlichen Koma. Seine Erinnerung setzt erst am 20. Jänner wieder ein. "Richtig zu mir gekommen bin ich erst einige Tage, nachdem ich aufgewacht bin. Da begann ich zu verstehen, was mit mir passiert ist und dass ich mich nicht mehr bewegen kann." 

Das hat dem Mann Angst gemacht. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, verlor Zeljko eine Woche vor Verlegung ins Paraplegiker-Zentrum im Schweizer Nottwil seine Fähigkeit, selbstständig zu atmen. Weil sein Zwerchfell nicht mehr funktionierte, wurde er vier Monate mit der Hilfe einer Maschine beatmet. Heute spürt Zeljko seinen ganzen Körper - "aber an Füßen und Händen fühlt es sich an, als wären sie eingefroren", berichtet er. 

Seltene Folgeerscheinung

Zeljkos Krankheitsbild sei ein spezielles, das meist bei Personen auftritt, die lange auf der Intensivstation liegen, so Dr. Michael Baumberger, Facharzt für Paraplegiologie und Rehabilitationsmedizin am Paraplegiker-Zentrum. Laut dem Arzt entwickelt ein Viertel der Personen mit schwerem Corona-Verlauf, Symptome wie Zeljko - die so genannte Critical Illness Polyneuropathie oder Critical Illness Myopathie oder eine Kombination der beiden.  "Dann gibt es auch andere Fälle, in denen der Virus direkt eine Lähmung verursacht. Das ist aber extrem selten. Man rechnet mit 1 bis 4 Patienten pro 1 Million Einwohner, die das bekommen."

Unter Critical-Illness-Polyneuropathie (CIP) versteht man eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die häufig im Zusammenhang mit schweren, intensivmedizinisch behandlungspflichtigen Erkrankungen auftritt. Wesentliche Entstehungsfaktoren sind eine Sepsis, Multiorganversagen und Langzeitbeatmungen. Wenn ein Patient über zwei Wochen beatmet wird, beträgt die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung der Critical-Illness-Polyneuropathie fünfzig Prozent, bei einer Beatmung über drei Wochen steigt sie auf neunzig Prozent an.
Die Patienten entwickeln schwere, schlaffe, atrophische Lähmungen. Sämtliche Extremitäten sind davon betroffen. Problematisch ist die Beteiligung des Zwerchfellsnervens. Dies zeigt sich im Frühstadium der Erkrankung nur selten, da die meisten betroffenen Patienten ohnehin künstlich beatmet werden. Beim Versuch, die Patienten von der maschinellen Beatmung zu entwöhnen, ergeben sich manchmal jedoch erhebliche Schwierigkeiten.

Positiv in die Zukunft

"Ich überlege nicht viel, was war oder was hätte sein können, sondern ich schaue lieber nach vorne." Demnächst wird Zeljko  in ein Altersheim in seinem Dorf ziehen, wo er sein altes Leben "wieder mehr oder weniger" führen kann. "Es gibt ein Leben danach - zwar anders, aber es ist nicht vorbei", blickt Zeljko positiv in die Zukunft.