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US-Wissenschafter: Infektionsgefahr bei Demos hoch

Massentreffen sind Multiplikatoren für Infektionen: 600.000 Menschen könnten sich täglich anstecken, in zwei Monaten könnte es bis zu 1.100 Todesopfer mehr geben. Das schreibt US-Virologe Trevor Bedford auf Twitter. 

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So sah die #Blacklives Matter Demo in Wien aus.
So sah die #Blacklives Matter Demo in Wien aus.
Leserreporter

In Amerika, in Hong Kong, in Italien, Deutschland oder Österreich – auf der ganzen Welt kommt es für den einen oder anderen Grund zu Protesten. Trotz weltweiter Empfehlungen und Bestimmungen, große Versammlungen zu vermeiden und abzusagen, gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ("Heute" berichtete).

Bei den Protesten werden oft Sicherheitsabstände nicht eingehalten, Masken werden nicht getragen. Viele fragen sich: „Kann das eine Quelle für eine zweite Corona-Welle sein?

Virologen sind sich einig, dass Großveranstaltungen eine Ausbreitung des Corona-Virus bevorzugen, daher wurden sie auch verboten während der Zeit des Lockdowns. Es gilt, laut Virologen, die Regel: „Je mehr Menschen, desto schlechter.“ In Amerika, wo die Protestwelle überwältigend groß ist und am längsten anhält, wurde versucht, die Gefahr des Protestes von Wissenschaftlern zu berechnen.

Karneval in Deutschland zeige die Gefahr

Eine einzige Karnevalssitzung in Gangelt, beispielsweise in Deutschland, an der Grenze zu den Niederlanden, beschleunigte im Februar die Verbreitung in unglaublichem Ausmaß. 300 Menschen saßen zusammen, tranken und feierten. Zwei Wochen später waren Tausende in Quarantäne, Hunderte an der Lungenkrankheit Covid-19 erkrankt und drei Menschen daran verstorben. Eine Maske bei den öffentlichen Protesten zu tragen kann schützen, aber zu schreien und eng aneinander zu stehen, sei für das Virus die beste Möglichkeit, sich zu verbreiten.

Das sagt auch der US-Virologe Trevor Bedford, vom Fred Hutchinson Cancer Research Center aus Seattle in seinen Tweets:

Der Experte stellt die These auf der Kurznachrichtenplattform Twitter, basierend auf den Daten in Amerika auf: Am Tag gebe es rund 20.000 bestätigte Fälle, insgesamt wurden rund 1 Million und 500.000 infiziert. Das sei eine Prävalenz (Rate der Infizierten) von 0,5 Prozent in der Bevölkerung. Der US-Virologe Trevor Bedford spekuliere, wie aus seinen Tweets hervorgeht, dass in allen US-Staaten am Tag 600.000 Menschen protestierten. Eine genaue Zahl hier zu definieren sei äußerst schwierig, schreibt er.

Rund 3.000 Menschen könnten laut Trevor Bedford bei den Demos infiziert sein 

"Wenn man also davon ausgehe, dass 0,5 Prozent der Bevölkerung inifiziert seien, so würde das bedeuten, dass rund 3.000 Infizierte an den Protesten teilnehmen!", twittert er.

Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, in Amerika sei ungefähr bei 1. Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel eine weitere Person ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. Das heißt, dass 3.000 Infektionen täglich bei den Protesten zu weiteren 3.000 Infektionen führen könne. Basierend auf der Tödlichkeitsrate (0,5% und 1%), könnte das wiederum zu 15 bis 30 Todesfällen führen. 

"Protesttag mit 600.000 Menschen kann bis zu 1000 Menschenleben kosten"

Sollte die Reproduktionszahl in Amerika aber höher als eins sein, dann könnten die Proteste täglich zu 6.000 Infektionen führen.  "Wenn wir davon ausgehen, dass manche erst später Anzeichen der Infektionen haben, dann werden die 3.000 Infektionen, die täglich durch Proteste ausgelöst werden, am Ende zu etwa 54.000 weiteren Infektionen und 270-540 möglichen Todesfällen führen. Und mit 6.000 Infektionen täglich muss man mit 108.000 Sekundärinfektionen rechnen und 540 bis 1.080 weiteren Todesfällen. Ich gehe davon aus, dass jeder Protesttag mit 600.000 Menschen zwischen 200 und 1.100 weitere Todesfälle zur Folge haben wird ", fasst er zusammen.