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"Wer nicht speibt, hat sich nicht richtig angestrengt"

Die Vorbereitung auf meinen ersten Halbmarathon war von viel Schweiß geprägt, in den sich auch ein wenig Blut mischte.

Heute Redaktion
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Ich hatte mir also in mühsamen, zuerst recht kleinen Schritten meine ersten zaghaften Sporen als Hobbyläufer verdient. 10 Kilometer stellten konditionstechnisch keine große Herausforderung mehr dar. Von den 105 Kilogramm, die das Display meiner Waage noch vor wenigen Monaten angezeigt hatte, waren "nur" mehr 84 Kilo übrig. "Wonns laft, donn laft's", wie ein legendärer, viel zu früh gestorbener österreichischer Schifahrer so schön zu sagen pflegte.

Doch irgendwie war ich nicht ganz zufrieden mit dem Status Quo meiner Laufkarriere. Ich brauchte eine Herausforderung. Es musste etwas Großes her. Also fasste ich den Entschluss, mir und der Welt beim größten Laufevent Österreichs, dem Vienna City Marathon, etwas zu beweisen.

Ich war zuvor noch nie mehr als 10 Kilometer am Stück gelaufen, hatte keinerlei Ahnung von irgendwelchen Trainingsmethoden. Die richtige Herzfrequenz, Intervallläufe, Aufwärmen und Auslaufen - noch nie vorher probiert. Und das sollte sich auch in den paar Monaten, die mir noch zum Wettkampf (so realistisch war ich, mich für den Halb- und nicht für den ganzen Marathon anzumelden) blieben, nicht ändern.

Wichtige Lektion: Vor langen Läufen empfiehlt es sich, die Nippel abzukleben.

Es war mir wichtig, zu laufen. Diesen Prozess mit irgendwelche Regeln, an die ich mich zu halten hatte, zu erschweren, wollte ich nicht. Dieses eventuell etwas antiautoritäre Verhalten zog sich auch durch meine schulische Laufbahn und das Lernen eines Instruments. Vielleicht kann ich deswegen zwar Gitarre spielen, ein Gitarrist, der Noten lesen kann und mit seinen Riffs und Solos alles wegfetzt, ist deswegen aber nicht aus mir geworden.

Soll heißen - ich kann laufen, hätte aber mit dem richtigen Training möglicherweise noch Luft nach oben. Da bin ich aber (noch) zu dickschädelig, um daran etwas zu ändern. Vielleicht kommt das ja noch.

Egal. Es geht hier um den ersten richtig offiziellen Lauf in meiner Hobbysportler-Karriere. Ich spulte also weiterhin drei Mal die Woche einen Lauf ab. Immer so zwischen fünf und zehn Kilometer lang. Den einzig halbwegs richtige Vorbereitungsrun machte ich auf Anraten meines Laufmentors. Der sagte mir, dass, wenn ich in der Lage bin, 15 Kilometer am Stück zu laufen, ein Halbmarathon kein Problem darstellen würde.

Schweiß und Blut

Gesagt, getan. Nach den 15 Kilometern hatte ich eine wahnsinnig wichtige Lektion gelernt, die sich mir äußerst schmerzhaft offenbarte. Vor langen Läufen empfiehlt es sich, die Nippel abzukleben. Wundgescheuerte Brustwarzen, die ständig am Funktionsshirt reiben, tun verdammt weh. Und auf einem hellblauen Shirt formt die Melange aus Schweiß und Blut große, grüne Flecken. Es gibt noch Fotos davon, die erspare ich der Öffentlichkeit aber. Die nächsten drei Tage wollte ich eigentlich nur mit nacktem Oberkörper herumgehen, weil sich jede kleine Bewegung sofort durch die aufgeriebenen Nippel blitzartig über das Nervensystem im Gehirn manifestierte.

Trotzdem war ich stolz auf mich. 15 Kilometer geschafft. Die sechs weiteren, die mir auf den Halbmarathon noch fehlten sollten ein Klacks sein. Einer der Menschen, die mich bei bei meinen ersten Laufversuchen unterstützt und motiviert hatten, gab mir kurz vorher noch einen Rat mit auf den Weg. Ich müsse mich beim oder nach dem Lauf unbedingt übergeben. "Wieso", fragte ich ungläubig. "Wer nicht speibt, hat sich nicht richtig angestrengt", kam die durchaus schlüssige Antwort zurück.

Alle Infos zum Vienna City Marathon 2019 sowie der Winterlauf-Serie findet man auf der offiziellen Homepage der Veranstaltung.

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