Politik

Wolf-Diagnose: Straches "fatale Neigungen"

Heute Redaktion
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Die Suche nach Anerkennung habe die gesamte politische Karriere des ehemaligen FPÖ-Chefs geprägt – seine Prahlerei sei ihm letztlich zum Verhängnis geworden.

ORF-Journalist Armin Wolf wurde in den letzten Monaten verstärkt durch FPÖ-Politiker und ORF-Stiftungsrat Norbert Steger (FPÖ) unter Druck gesetzt – wohl mit ein Grund, aus dem "Reporter ohne Grenzen" eine massive Verschlechterung der Pressefreiheit in Österreich feststellt. Nachdem die am Freitag veröffentlichten Ibiza-Videos jetzt die türkis-blaue Regierung de facto gesprengt haben, veröffentlichte Wolf auf seinem persönlichen Blog einen ausführlichen Eintrag, in dem der ZiB 2-Moderator seine vergangenen Begegnungen mit dem gefallenen Parteichef Heinz-Christian Strache und der FPÖ-Führungsriege aufarbeitet.

"Abenteuerlichste Erklärungen"

Wolf argumentiert darin anhand von Beispielen wie den Wehrsportübungen Straches im Neonazi-Milieu, dem vermeintlichen Zeigen des rechtsextremen "Kühnen-Grußes" und einer offen antisemitischen Facebook-Karikatur ein "grundsätzliches Muster in Straches Verhalten": Der ehemalige FPÖ-Chef habe "eine fatale Neigung zu bemerkenswert unreifen Fehlleistungen, zur Flunkerei und ein bedenklich unterentwickeltes Urteilsvermögen". Strache reagiere, wenn man ihn auf seine vermeintlichen Fehltritte anspricht, mit "abenteuerlichsten 'Erklärungen'".

Sehnsucht nach Anerkennung

Die Muster, die Wolf im Verhalten Straches zu erkennen glaubt, führt er auf eine Sehnsucht nach Anerkennung zurück. Die gesamte politische Karriere des ohne einen Vater aufgewachsenen FPÖ-Politikers sei davon geprägt. Im Rechtsextremisten Norbert Burger habe Strache Ende der 1980er-Jahre eine Art Vaterersatz gefunden, in der Burschenschaft Vandalia und einer sehr rechten Clique innerhalb der FPÖ eine Ersatzfamilie. Die Suche nach Anerkennung habe schließlich in der Berufung zum Vizekanzler gegipfelt: "Kein Minister der neuen Regierung genießt sein Amt und seine neue Bedeutung so sichtbar wie Heinz-Christian Strache. Plötzlich ist er der 'Herr Vizekanzler', alle Welt spricht ihn auch so an, er hat ein großes Büro, ein Ministerkabinett und ist überall eingeladen. [...] Im Alter von 48 ist er angekommen. Er gehört jetzt dazu."

"Absurd vertrauensselig"

Die Ibiza-Aufnahmen, die Strache nun zu Fall gebracht haben, zeigen Strache laut Wolf so, wie er tatsächlich ist: "Gleichzeitig extrem misstrauisch [...] – und geradezu absurd vertrauensselig, selbst Wildfremden gegenüber, in seiner Sehnsucht, zu beeindrucken und dazuzugehören." Die Einsicht, die Strache in der zweiten Hälfte seiner Rücktrittserklärung zeigte, habe aber nur kurz gewährt, so Wolf mit Verweis auf dessen Facebook-Seite. Dort veröffentlichte Strache am Abend die Zeile "Jetzt erst recht!", die er nach zwei Stunden in "FPÖ – Jetzt erst recht!" abänderte.

(cty)

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