Auch mit Flügeln kam er nicht zum Fliegen
100.000 SV-1 ("SV" steht für "Safety Vehicle" oder Sicherheitsfahrzeug) wollte Malcolm Bricklin pro Jahr bauen und damit einer der großen Fahrzeughersteller in den USA werden. Doch weder produzierte er den Sportwagen, der seinen Namen trug, in den Vereinigten Staaten von Amerika noch erreichte er je die versprochenen Stückzahlen.
Bricklin wurde 1939 geboren und zeigte schon früh unternehmerisches Talent, kam mit dem Import japanischer Kleinwagen zu Geld und wollte einen praktischen Sportwagen bauen, der seinen Namen trug. Er arbeitete mit einer ganzen Reihe von Leuten, um die ersten Prototypen zu bauen. Marshall Hobart soll die Linienführung zu Papier gebracht haben, Dick Dean fabrizierte den ersten Prototyp.
Hollywoods Einfluss
Für die drei Vor-Produktionsmodelle – mehr gab es nicht – kam Herb Grasse ins Spiel. Dieser wurde unter anderem damit bekannt, dass er bei der Entwicklung des originalen Batmobile beteiligt war. Grasse baute drei Prototypen, die nun schon weitgehend den späteren Produktionsvarianten entsprachen und mit Technik aus der American Motors Corporation ausgerüstet wurden.
Allen Prototypen gemeinsam waren die Flügeltüren, die für Malcolm Bricklin das Salz in der Suppe waren. Sie seien wie Sex, sie würden die Leute begeistern, so seine Überzeugung.
Sicherheit als Verkaufsargument
Bricklin ging davon aus, dass viele amerikanische Autokäufer dachten wie er. Ein Auto müsse einfach schön sein, sicher und zuverlässig. Mehr brauche es nicht. Bricklin hatte schlechte Erfahrungen mit importierten Supersportwagen gemacht, sein Auto sollte fahren und nicht in der Garage stehen. Und man sollte damit auch einen Unfall unbeschadet überleben können.
So wies der Bricklin SV-1 einen sehr stabilen Stahlrahmen mit Seitenaufprallschutz und einen integrierten Überrollbügel auf. Die Stossfänger vorne und hinten sollten auch Aufpraller mit 8 km/h (und mehr) unbeschadet überstehen.
Und die Flügeltüren? Sie sorgten für ein sicheres Aussteigen bei geringerem Platzbedarf und verhinderten, dass man unabsichtlich einen Fahrradfahrer ausbremste, wenn man sie am Straßenrand öffnete.
Produktion in Kanada
In Detroit zeigte niemand Interesse am Flügeltürensportwagen. Aber für eine Provinz in Kanada und dessen Premierminister schien der Bau dieses Auto exakt der richtige Weg zu sein, um die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Es floss Geld und große Versprechungen wurden gemacht.
Doch auch erfahrene Auto-Manager aus Detroit konnten nicht verhindern, dass der Bricklin SV-1 mit Kinderkrankheiten kämpfte, als die Produktion hochgefahren werden sollte. Die Mängel zerstörten die Reputation der neuen Marke frühzeitig. Schließlich wurde im Herbst 1975 der Stecker gezogen, gerade einmal 2.890 Wagen waren produziert worden.
Ein Bricklin in Europa
Mehrere Bricklin fanden den Weg in die Schweiz, 1975 wurde der Wagen sogar in Genf am Salon gezeigt. Wenn der inzwischen komplett restaurierte Flügeltürer in Signal-Orange auftaucht, dann fehlt es ihm nicht an Zuschauern, die sich kaum einen Reim machen können, woher denn der Sportwagen stamme. Das Design gefällt trotz der Sicherheitsarchitektur, und wenn die Türen elektrisch nach oben öffnen, bildet sich sofort eine Schlange von Passanten, die gerne einmal Probe sitzen möchten.
Der große V8 beschleunigt den Wagen mit Kunststoffkarosserie vehement, die Bedienung folgt den damaligen Standards und bereitet keine Probleme. Nur unauffällig parken kann man dieses Auto sicherlich nicht.
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