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Austro-Pass: MA35 will von Mann (67) Volksschulzeugnis 

Seit über 60 Jahren lebt Wolfgang G. in Österreich. Nun will er die Staatsbürgerschaft erwerben. Dafür verlangt die MA35 seine Volksschulzeugnisse.

Amra Duric
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Wer einen Antrag auf die österreichische Staatsbürgerschaft stellt, muss auch Zeugnisse aus der Volksschule nachweisen können. 
Wer einen Antrag auf die österreichische Staatsbürgerschaft stellt, muss auch Zeugnisse aus der Volksschule nachweisen können. 
Karl Schöndorfer / picturedesk.com

Dass er in der Pension nochmal seine Volksschulzeugnisse brauchen würde, hätte sich Wolfgang G. nicht gedacht. Der 67-Jährige hat vor Kurzem einen Antrag für die österreichische Staatsbürgerschaft gestellt. "Ich fühle mich mehr wie ein Österreich als ein Deutscher. Sogar beim Fußball halte ich zu Österreich und ich möchte auch endlich in Österreich wählen können", erzählt der gebürtige Deutsche im Gespräch mit "Heute".

Von der MA35 wurde dem Mann eine Liste mit Unterlagen geschickt, die er seinem Antrag beifügen muss. "Ich habe alle Dokumente, die von mir verlangt wurden, zu dem Termin mit der MA35 mitgenommen. Nur mein Mietvertrag war nicht dabei, den habe ich dann gleich per Mail geschickt."

Lehrabschlusszeugnis reicht nicht

Auf die Mail bekam der Pensionist, der mittlerweile seit über 60 Jahren in Österreich lebt, prompt eine Antwort. "Mir wurde erklärt, dass ich alle Schulzeugnisse aus Österreich von 1961 bis 1970 nachreichen muss. Ich habe diese Zeugnisse aber nicht mehr. Und wofür auch? Ich habe der MA35 mein Lehrabschlusszeugnis geschickt. Damit ist wohl klar, dass ich die Volksschule abgeschlossen habe. Das ist Schikane", ärgert sich G.

Im Alter von sechs Jahren zog G. mit seinen Eltern von Norddeutschland nach Wels, wo er die Volksschule besuchte. Später machte der heute 67-Jährige eine Lehre als Koch in Salzburg, arbeitete in Schweden und in Russland. 2009 zog es ihn dann zurück nach Wien, wo er seither lebt. "Auf das Mail mit der Forderung nach den Volksschulzeugnissen, hab ich einen bösen Brief zurückgeschickt. Ich verstehe, dass die Dame, die dort arbeitet, nichts dafür kann. Ich habe aber das Gefühl, dass das ganze Prozedere willkürlich ist und kein System hat." 

"Mir wurde gesagt, dass die Bearbeitung meines Antrags ein halbes Jahr oder gar ein Jahr dauern kann. Ich verstehe nicht, warum man so lange braucht."

Geschichte-Unterricht statt Staatsbürgerschafts-Test

In einem weiterem Schreiben, das "Heute" vorliegt, erklärte eine Mitarbeiterin der MA35 dem pensionierten Antragsteller: "Berichtigend zu meiner gestrigen E-Mail darf mitgeteilt werden, dass betreffend der Schulzeugnisse nur das Jahresschulzeugnis der 8. Schulstufe verlangt wird, da eine positive Beurteilung im Unterrichtsfach "Geschichte" die Überprüfung von Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung und die sich daraus ableitbaren Grundprinzipien sowie der Geschichte Österreichs und des Bundeslandes Wien entfällt."

Auf "Heute"-Anfrage erläuterte eine Sprecherin der MA35: "Personen, die einen Antrag auf die österreichische Staatsbürgerschaft stellen und in Österreich die Schule besucht haben, werden um die Übermittlung des Schulzeugnisses der 8. Schulstufe ersucht. Wenn Antragsteller*innen damit eine positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Geschichte und Sozialkunde" nachweisen können, müssen sie womöglich keinen Staatsbürgerschafts-Test absolvieren. Laut Staatsbürgerschaftsgesetz gilt der Nachweis damit als erbracht. Die Erbringung des Zeugnisses ist also kein Muss, aber eine Möglichkeit."