Fast sieben Stunden lang tagten die SPÖ-Gremien am Dienstag. In heftigen Debatten ging es ums Thema: Sollen die Mitglieder oder doch der Parteitag über den künftigen SP-Chef entscheiden:
Die Frontlinien: Babler und Unterstützer pro Mitgliederentscheid. Den forderte auch Wiens SPÖ von Michael Ludwig, die Doskozil verhindern will. Der Burgenländer und die Flächenbundesländer wollten den Parteitag.
Immer wieder verließen Sitzungsteilnehmer für Telefonate den Saal. Die Stimmung nach dem Präsidium war angespannt. Statements? Null.
Im Vorstand wurde dann namentlich abgestimmt. Jörg Leichtfried und Pensionisten-Chef Kostelka schlossen sich dem Doskozil-Lager an, das gab den Ausschlag. Dass der Parteitag entscheiden wird, verriet Tirols SPÖ-Chef Dornauer beim Hinausgehen.
Als erster Kandidat stellte sich Babler den wartenden Live-Kamerateams: Er hätte sich größere Legitimität durch die Stichbefragung gewünscht. Die Entscheidung sei aber demokratisch gefallen. Abgang mit: "Jetzt muss i amal auf a Örtchen."
Doskozil bezeichnete die Kampfabstimmung als "in Ordnung". Um zu einer Lösung zu kommen, habe er "einen Schritt zurück" machen müssen.
Nach der Niederlage "seiner" Kandidatin Rendi musste Wiens Stadtchef erneut zurückstecken.
Am 22. September 2018 hatte Pamela Rendi-Wagner als erste Frau in der Geschichte den Parteivorsitz geschäftsführend übernommen, am Dienstag war Schluss. Nach 1.705 turbulenten Tagen als SPÖ-Chefin warf die 52-jährige Ärztin hin.
Sie werde beim Sonderparteitag am dritten Juni nicht mehr kandidieren, so Rendi-Wagner in einer vierminütigen Erklärung. Sie wirkte gefasst, vergoss keine Träne. "Auch wenn das Ergebnis arschknapp war, ist es aus meiner Sicht zu respektieren", zitierte sie Bundespräsident Van der Bellen.
Nach ihrem dritten Platz bei der Mitgliederbefragung dankte sie auch jenen, die nicht für sie gestimmt hatten: "Jede abgegebene Stimme war eine wichtige für die Zukunft der Sozialdemokratie."
Der SPÖ werde sie einen "geordneten Wechsel des Parteivorsitzes und der Klubführung vorschlagen". Erste Reihe fußfrei will sie künftig sehen, wie ihr Nachfolger die Partei einen werde.
Die stundenlangen Verhandlungen um das weitere Vorgehen nach der SP-Mitgliederbefragung verliefen brutal: Andreas Babler, die Wiener und die Vorarlberger SPÖ drängten – entgegen eines Vorstandsbeschlusses – massiv auf eine Stichbefragung der Mitglieder. Das lehnten Doskozil und sieben Länder ab. Folge: ein Vier-Augen-Gespräch der Kandidaten. Doskozil bot an, seine Kandidatur zurückzuziehen, bestellte schon seinen Chauffeur, wollte die Sitzung verlassen. Dann hielt Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser eine Brandrede, das gab mit den Ausschlag. Doskozil blieb, der Parteitag erhält nun eine Kampfabstimmung.