Szene

Ballett-Stars fegen barfuß über die Bühne der Volksoper

"Ein Deutsches Requiem" feiert heute Premiere. Wie sich die Tänzer auf die Performance vorbereiten, hat sich "Heute" genauer angesehen.

Amra Duric
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Mit "Ein Deutsches Requiem" läutet Staatsballett-Direktor Martin Schläpfer seine zweite Saison ein.
Mit "Ein Deutsches Requiem" läutet Staatsballett-Direktor Martin Schläpfer seine zweite Saison ein.
Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

Hinter der Bühne der Volksoper wurde in den vergangenen Tagen viel getanzt, gesungen und gewerkelt. Denn wenn heute die Premiere von "Ein Deutsches Requiem" in der Volksoper über die Bühne geht, muss jede Bewegung sitzen und jeder Ton stimmen. Mit dem Stück von Johannes Brahms läutet Choreograf und Direktor des Wiener Staatsballetts, Martin Schläpfer, seine zweite Saison ein. Sieben Bühnenproben standen am Programm – "Heute" blickte für "SzeneBackstage" bei einer hinter die Kulissen.

Um kurz nach 9 Uhr morgens beginnt bereits das Aufwärmtraining für Tänzer und Tänzerinnen des Wiener Staatsballetts. Gemeinsam mit Choreografinnen geht man zu Klaviermusik, die live gespielt wird, die Schritte durch. Wenn man an Ballett denkt, hat man automatisch ein Bild von Spitzenschuhen im Kopf. Doch von diesen fehlt im Proberaum jede Spur. Die meisten im Ensemble tragen "Indoor Moonboots", also Stiefel mit Gummisole. "Damit die Knöchel nicht abkühlen", wird auf Nachfrage erklärt. "Wir sind meistens von 10 Uhr bis 18 Uhr in der Oper", erzählt Balletttänzerin Ketevan Papava. Sechs Mal die Woche probt die Tänzerin. "Am Samstag bis 14:30 Uhr. Am Abend sind meistens Vorstellungen." 

Vorgaben bei Make-Up und Frisur

Nach dem Training geht es für die Ballett-Stars in die Maske. "Ich kenne kaum Tänzer, die sich nicht selbst schminken", verrät Papava, während sie Lidschatten aufträgt. "Wenn ich mein Make-Up mache, bin ich schon in der Rolle. Ich schminke dann nicht meine Augen, sondern die der Person, die ich spiele." Wie bei der Choreografie muss auch beim Make-Up und Frisur alles im Einklang sein. "Wir haben bestimmte Vorgaben. Es gibt Stücke, da darf man keinen roten Lippenstift tragen, weil das Bühnenlicht so stark ist und die rote Farbe dann sehr dunkel wirkt. In diesem Stück wird auf natürliches Make-Up gesetzt."

Natürlich und federleicht wirken dann auch die Bewegungen der Tänzer und Tänzerinnen auf der Bühne – zumindest wenn man im Publikum sitzt. Wie anstrengend und körperlich fordernd die Performance ist, sieht man tatsächlich nur in den schweißtreibenden Proben. "Wir tragen ein spezielles Bühnen-Make-Up, damit man den Schweiß nicht sieht. Würden wir gewöhnliche Schminke benützen, würde unser Gesicht zerrinnen", lacht Papava. Auch die Haare müssen laut der Ballerina "sehr gut halten". Verständlich, da das Ensemble eine akrobatische Hochleistung hinlegt.

Das 2011 entstandene Ballett "Ein Deutsches Requiem" zählt zu Martin Schläpfers international erfolgreichsten Werken. Die Premiere musste im Jänner 2021 wegen der Pandemie abgesagt werden. 

Über 60 Tänzer und Tänzerinnen stehen ab heute auf der Bühne der Volksoper. Und auch auf dieser fehlt, wie schon beim Training, von den Spitzenschuhen (fast) jede Spur. "Wir haben eine besondere Bühne. Es ist sehr rutschig", erzählt Ballett-Star Davide Dato, während er seine Sneaker und Socken auszieht. "Wir tanzen barfuß. Das ist ein bisschen ungewöhnlich für uns, aber es ist sehr modern." Ein einzelner Spitzenschuh ist dann doch zu sehen. Im fünften Satz hat dieser seinen großen Auftritt.

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    Um kurz nach 9 Uhr beginnt für die Tänzerinnen das Aufwärmtraining.
    Um kurz nach 9 Uhr beginnt für die Tänzerinnen das Aufwärmtraining.
    Helmut Graf

    Kaputte Hosen und zu wenig Licht

    Für die Performer ist der Auftritt mit Chor und Orchester eine Besonderheit. "Alles muss zusammen harmonieren", so Dato. Und das ist nicht immer ganz einfach. Gleich zu Beginn, als in den luftigen Kostümen die Ballerinas und Ballerinos über die Bühne fegen, muss unterbrochen werden. Einige Chor-Sänger haben kein Licht und können die Noten nicht lesen. Man versucht die Scheinwerfer anzupassen, jemand bringt mehr Leselampen. Dann wieder alles auf Anfang.

    Mitten in der Performance reißt einem Tänzer die Hose, doch es wird unbeirrt weitergetanzt. Als schließlich alle Komponenten im Einklang sind, lässt das musikgewaltige Stück den Saal erbeben, während das Ensemble auf einem emotionalen Grat zwischen Leben und Tod tänzelt. Wenn dann heute auch noch der Stoff hält, steht einer erfolgreichen Premiere nichts mehr im Weg…

    Alle "SzeneBackstage"-Videos gibt es hier