Nach Deutschland und Frankreich – und einem Mini-Protest in Österreich – haben die Bauerndemos das Herz der Europäischen Union erreicht. Erst vergangene Woche kam es vor dem EU-Parlament teils zu gewaltsamen Protesten: Eier wurden geworden, zahlreiche Feuer auf der Straße vor dem Gebäude entzündet sowie Gülle und Mist in dem Stadtviertel ausgeschüttet.
Diese Woche waren die Proteste der Landwirte Thema im Europaparlament in Straßburg. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die einen "European Green Deal" anstrebt, hat am Dienstag ihren Vorschlag, den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln in der Landwirtschaft bis zu 2030 zu halbieren, zurückgezogen. Die Kommission habe die SUR-Verordnung mit dem Ziel vorgeschlagen, die Risiken der Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel zu verringen.
Unter vielen Bauern, die schon jetzt mit steigenden Kosten, einzuhaltenden Umweltauflagen und wachsender Konkurrenz durch Billigimporte kämpfen müssen, fand die Verordnung wenig Zustimmung. "Der Vorschlag hat polarisiert", räumte von der Leyen am Dienstag ein. "Ich werde meinen Kolleginnen und Kollegen in der Kommission daher vorschlagen, den Vorschlag zurückzuziehen", sagte die Kommissionspräsidentin. Sie kündigte an, gemeinsam mit anderen Stakeholdern einen ausgereifteren Vorschlag vorzulegen.
Die Kommissionschefin plädierte ebenso wie EU-Ratspräsident Charles Michel für einen gemeinsamen Dialog mit den Akteurinnen und Akteuren der Landwirtschaft. "Es geht darum, die Polarisierung der Debatte zu überwinden", so von der Leyen. Landwirte bräuchten attraktive wirtschaftliche Anreize für Naturschutz-Maßnahmen. "Nur, wenn wir gemeinsam unsere Klima- und Umweltschutzziele erreichen, erhalten die Landwirte ihre Lebensgrundlagen." Die Agrar- und Ernährungsbranche brauche nachhaltige Perspektiven, so von der Leyen.
Die umstrittene Pflanzenschutzmittel-Verordnung scheiterte im November 2023 bereits überraschend bei der Abstimmung im EU-Parlament. Neben der geplanten Reduktion von Pflanzenschutzmittel hätte der Vorschlag eine 65-prozentige Reduzierung von "gefährlichen Pestiziden" vor. 209 EU-Parlamentarier stimmten in erster Lesung gegen den Text, 207 dafür. Damals zeigten sich die Umweltorganisationen Global 2000 und Greenpeace enttäuscht und sprachen von einem "Desaster für Umwelt, Demokratie und Ernährungssicherheit".