Oberösterreich

Asyl-Krise: Speed-Datings sollen bei Integration helfen

Österreich sucht händeringend nach Wegen aus der Asyl-Krise. Nun wurde die Politik in Belgien fündig: "Buddy" heißt das vielversprechende Zauberwort.

Tobias Prietzel
Oberösterreich nimmt sich Belgien zum Vorbild: Dort unterstützen Freiwillige als Buddys Migranten bei der Integration.
Oberösterreich nimmt sich Belgien zum Vorbild: Dort unterstützen Freiwillige als Buddys Migranten bei der Integration.
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

Seit kurzem steht fest: Österreich hatte im vergangenen Jahr EU-weit den höchsten Anstieg bei Asyl-Anträgen. In Zahlen lagen wir auf Platz vier. Insgesamt 108.490-mal wurde hierzulande um ein Bleiberecht angesucht, so der Situationsbericht der EU-Kommission.

Die Unterbringung von Flüchtlingen ist seit Monaten ein Dauerbrenner. Jetzt gehen etwa in Linz deswegen die Wogen hoch: Der Bund will im Zentrum der Stadt 300 Menschen im früheren Ibis-Hotel beherbergen. Was allen Mitgliedern der Stadtregierung – egal, von SPÖ, ÖVP, Grünen und FPÖ – aufstößt: Das Großquartier befindet sich in unmittelbarer Bahnhofsnähe und damit an einem sozialen Brennpunkt.

Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), seit eineinhalb Jahren Sozial- und Integrations-Landesrat in Oberösterreich, ist jetzt für zwei Tage nach Belgien gereist, um sich Anregungen zur Bewältigung der Krise zu holen. Im Gespräch mit "Heute" in Brüssel pocht er auf Realismus und Pragmatismus: "Auf der einen Seite braucht es ein ordentliches Angebot für Asylwerber und auf der anderen eine knallharte Linie, wenn gegen Regeln verstoßen wird."

"Es braucht ein ordentliches Angebot für Asylwerber und eine knallharte Linie, wenn gegen Regeln verstoßen wird." OÖ-Integrations-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP)
Hattmannsdorfer (li). vor der Brüsseler EU-Kommission im Gespräch mit "Heute"
Hattmannsdorfer (li). vor der Brüsseler EU-Kommission im Gespräch mit "Heute"
Land OÖ/Philipp Albert

Vom Migrations-Brennpunkt zur Vorzeige-City

Hattmannsdorfers Vorbild ist der belgische Liberale Bart Somers: Als Bürgermeister machte er aus dem Migrations-Brennpunkt Mechelen, nahe Brüssel mit knapp 90.000 Einwohnern aus mehr als 130 Nationen, eine Vorzeige-City.

"Es war eine Stadt in Verzweiflung", berichtet Somers: schmutzig, mit einer hohen Kriminalitäts-Rate und großer Kinder-Armut.

Der Politiker, mittlerweile stellvertretender flämischer Ministerpräsident, sorgte als Erstes für die Durchsetzung des Rechtsstaats ("Wir haben viel in die Polizei investiert."). In der Folge stand vor allem zwei Dinge im Vordergrund: Vertrauen und Verantwortung. Exekutiv-Beamte und Sozialarbeiter kümmerten sich im Team um Jugendliche, diese wiederum standen Kinder quasi als "große Brüder und Schwestern" zur Seite. Erwachsene wiederum machten Mechelen sauber. 

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    Ein Vorbild in Sachen Integration: die belgische Stadt Mechelen.
    Ein Vorbild in Sachen Integration: die belgische Stadt Mechelen.
    "Heute"/Tobias Prietzel
    "Die Leute sind stolz und identifizieren sich jetzt mehr mit der Stadt." Politiker Bart Somers über Mechelen, internationales Role Model für gelebte Integration

    Mittlerweile gebe es ein starkes Wir-Gefühl: "Die Leute sind stolz und identifizieren sich jetzt mehr mit der Stadt", sagt Somers. Und: Die Kommune gilt international als Role Model für gelebte Integration abseits rechten oder linken Populismus.

    Der Landesrat kann dem belgischen Beispiel viel abgewinnen und ist überzeugt: "Es braucht einen neuen zwingenden Zugang zur Integrationspolitik." Die sogenannten Buddys haben es Hattmannsdorfer angetan: In Speed-Datings lernen sich Flüchtlinge und Freiwillige kennen, die ihren Schützlingen dann unter die Arme greifen.

    Nummer zwei bei Asyl-Anträgen nach Zypern
    Mit 1.250 Anträgen pro 100.000 Einwohnern hatte Österreich im Vorjahr EU-weit die zweithöchste Zahl nach Zypern (2.453).
    Die meisten Asylwerber kamen heuer bisher aus Marokko, Syrien und Afghanistan.
    Die Folgen des Ukraine-Krieges: Zu Jahresbeginn 2022 befanden sich hierzulande gut 30.200 Personen in der Grundversorgung. Anfang dieses Jahres waren es mit knapp 93.000 mehr als dreimal so viel.

    "Wer arbeitet und sich integriert, hat auch Chancen." Wolfgang Hattmannsdorfers "Aufstiegs-Versprechen"

    "Sie bringen den Migranten unser Werte-Fundament bei und geben ihnen Orientierung, etwa am Arbeitsmarkt", erklärt Hattmannsdorfer, der sich eine Umsetzung des Systems für Asyl-Berechtigte in Oberösterreich vorstellen kann. Er will ein "Aufstiegs-Versprechen" einlösen: "Wer arbeitet und sich integriert, hat auch Chancen."

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