Politik

Enthüllt – so rasant kippt Türkei-Stimmung in Wien

Brisanter Bericht im Vorfeld der Aufmärsche von Erdogan-Fans in Wien-Favoriten: So sehr beeinflussen Ereignisse in der Türkei Österreichs Sicherheit!

Rene Findenig
Am Sonntag kam es ab 20:30 Uhr zu nicht ordnungsgemäß angezeigten Kundgebungen mit Bezug auf die Zürkei-Stichwahlen in Wien-Favoriten.
Am Sonntag kam es ab 20:30 Uhr zu nicht ordnungsgemäß angezeigten Kundgebungen mit Bezug auf die Zürkei-Stichwahlen in Wien-Favoriten.
Lesereporter

Ausnahmezustand in Wien am Sonntag: Bei Aufmärschen von Fans nach der von Recep Tayyip Erdogan gewonnen Stichwahl in Wien-Favoriten kam es zu tumultartigen Szenen und Straßenblockaden. Auch ermittelt die Polizei nach den Aufmärschen, die rund drei Stunden gedauert hatten. So war in mehrere Livestreams der Aufmärsche zu sehen, wie Teilnehmer den verbotenen Wolfsgruß zeigten. Die Polizei will diese Videos nun ebenfalls im Nachgang sichten und bei Verstößen mit Anzeigen reagieren. Erst gegen Mitternacht habe sich die Lage, die sich ab 20 Uhr brandgefährlich zeigte, wieder beruhigt.

Ein brisantes Licht auf die Vorfälle wirft der Verfassungsschutzbericht 2022. "Grundsätzlich bergen Türkei-bezogene Propaganda- und Wahlkampftätigkeiten in Österreich das Risiko, integrationshemmend zu wirken – bis hin zur Entstehung nationalistischer Echokammern und extremistischer Nährböden", heißt es da. Und: "Die Vorkommnisse im Juni 2020 in Wien-Favoriten zeigten exemplarisch, wie rasch Sicherheitsvorfälle in der Türkei beziehungsweise den Kurdengebieten auch in Österreich auf die Sicherheitslage einwirken können." 

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    Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan stürmten nach dessen Wahlsieg auf die Straßen.
    Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan stürmten nach dessen Wahlsieg auf die Straßen.
    Lesereporter

    Unterstützt würden "solche volatilen Mobilisierungsphänomene auch durch ad-hoc Arrangements via Messenger-Dienste und soziale Medien" – wie eben auch am Sonntag in Wien-Favoriten geschehen. Einige Erdogan-nahe Vereine hatten im Vorfeld zur Versammlung am Reumannplatz aufgerufen, die Union of Internationaler Demokraten Wien (UID Wien), die ebenfalls als Erdogan-nahe eingeschätzt wird, gab indes bekannt, dass ein Autokorso "definitiv von unserer Seite nicht geplant und erwünscht" sei. "Wir bitten unsere geschätzten Bürger, sich von aller Art von Autokorsos fernzuhalten."

    "Wir bitten Sie auch, bei der Freude, die Sie erleben werden, Ihre Nachbarn und Ihre Umgebung nicht zu stören", hieß es zudem von der UID Wien. "Aktionistische Kampagnen können dabei auf schwelende Konflikte des türkischen Staates mit extremistischen beziehungsweise terroristischen Gruppierungen abzielen und zur Eskalation wechselseitiger Provokationen beitragen. Durch das Zeigen des Wolfsgrußes - in Österreich im Sinne des Symbolegesetzes verboten - kann eine solche Eskalation natürlich gefördert werden", heißt es weiter im Verfassungsschutzbericht 2022.

    "Der demokratische Rechtsstaat und seine Gesetze sind von allen Menschen, die in unserem Land leben, zu respektieren. Das ist die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben. Die Verherrlichung einer extremistischen Ideologie durch das Zeigen des Wolfsgrußes widerspricht aber klar unseren Gesetzen und wird konsequent verfolgt. Der Verfassungsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Ich danke den eingesetzten Polizistinnen und Polizisten für ihr umsichtiges Handeln", so ÖVP-Innenminister Gerhard Karner am Montag in einer Aussendung.