Wien

Bürgerprotest gegen Wiener Bezirkskaiser

Weil eine Bürgerinitiative auf "Verfehlungen der Verkehrsplanung" im 20. Bezirk aufmerskam macht, warnt der SPÖ-Bezirkschef vor "Schmähschriften".

Isabella Kubicek
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Aktionismus in der Adalbert-Stifter-Straße, der laut Bezirk "illegal" war.
Aktionismus in der Adalbert-Stifter-Straße, der laut Bezirk "illegal" war.
Die 20erinnen

Autofahrer bleiben in zweiter Spur stehen, drehen eine Runde nach der nächsten. Dazwischen bahnen sich Fußgänger und Radfahrer ihren Weg. Jeden Samstag ergibt sich für Anrainer und Kunden des Hannovermarkt in der Brigittenau dasselbe Bild.

Eine Situation, die viele Bezirksbewohner nicht mehr hinnehmen wollen. Die Bürgerinitiative "die 20erinnen" fordert daher die Einrichtung einer Fußgängerzone und die Einbeziehung der angrenzenden Tiefgarage, "damit die Staus und das Kreisen der Fahrzeuge nach Parkplatzsuche endlich aufhören". Dem aber nicht genug, die Aktivisten fordern eine Mobilitäswende im Bezirk. "Wir brauchen einen Ausbau der Radwege, eine Flaniermeile in der Wallensteinstraße und Coole Straßen", erklärt ein Vertreter.

Bezirkschef spricht von "Schmähschriften"

Weil sich der Bezirschef laut Aktivisten nicht Gesprächsbereit zeigt, laden sie gemeinsam mit der Initiative "Platz für Wien" am Samstag um 13.30 Uhr zum Speakers Corner am Parkplatz Hannovergasse ein. Mit Flugzetteln wurde auf die Veranstaltung und die Forderungen aufmerksam gemacht. Und genau mit diesen Schreiben haben sich die Aktivisten den Groll des Bezirksvorstehers Hannes Derfler (SPÖ) auf sich gezogen.

In einer amtlichen Mitteilung (!) der Stadt fasst der SPÖ-Politiker den Inhalt der Flugblätter mit "Unwahrheiten oder bewussten Lügen" und "Forderungen für ein paar wenige, auf Kosten vieler" zusammen. Weiters: "Ohne im Detail auf den Inhalt der Flugblätter eingehen zu wollen, sollen Sie wissen dass ich als Bezirksvorsteher der Brigittenau seit langem für das Konzept der 'Intelligenten Mobilität' eintrete", versichert Derfler. 

In einer amtlichen Mitteilung richtet sich Bezirksvorsteher Hannes Derfler an die Bewohner der Brigittenau.
In einer amtlichen Mitteilung richtet sich Bezirksvorsteher Hannes Derfler an die Bewohner der Brigittenau.
privat

"Kommentieren wir nicht"

Angesprochen, welche Passagen eine "Lüge" seien, darauf wollte sein Pressesprecher im Gespräch mit "Heute" nicht eingehen. "Ein anonymes Blatt ohne Impressum kommentieren wir nicht", so der Sprecher. Nur so viel: Der Bezirksvorsteher hätte für alle Bürger ein offenes Ohr, Anfragen würden beantwortet werden und der Bezirk sei bereits verkehrsberuhigt.

Auch beim Thema Radinfrastruktur wäre die vergangenen Jahren viel gemacht worden. Mehr als die Hälfte der Straßen hätten schon eine Radwegeinrichtung. Einen Pop-Up-Radweg, wie von Stadträtin Birgit Hebein (Grüne) auf der Adalbert-Stifter-Straße vorgesehen, konnte man allerdings nicht unterstützen. "Bei dieser Entscheidung waren sich Bezirk, Wiener Linien und Polizei einig, das wäre viel zu gefährlich gewesen". Anfang Mai verwandelten "die 20erinnen" gemeinsam mit der Initiative "Platz für Wien" die Straße kurfristig in einen Pop-Up-Radweg - sehr zum Ärger des Bezirks. Dafür sollen sich die Bewohner auf eine "Coole Straße Plus" freuen dürfen, sofern sie ihre Zustimmung geben. "So wird das ordentlich gemacht", erklärt der Sprecher mit einem Seitenhieb auf Hebein.