Politik

Kabinettschef mit großen Erinnerungslücken

Heute Redaktion
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Spannende Zeugen sagten am Mittwoch im Buwog-Prozess aus. Grassers Sekretärin sprach über lustige Anfragen von Bürgern, sein Kabinettschef fiel durch seine fehlende Erinnerung auf.

Matthias Winkler, einstiger Pressesprecher und Kabinettschef von Karl-Heinz Grasser, hat wie es scheint so gut wie keine Erinnerung mehr an seine damalige Tätigkeit. Im Gericht am Mittwoch fiel er vor allem durch seine Erinnerungslücken auf.

Die relevante Zeit der Buwog-Privatisierung vor 15 Jahren war ihm, der sich selbst als "engsten beruflichen Vertrauten" Grassers beschrieb, heute offenbar schleierhaft. Er könne sich weder an den medialen Rummel rund um die Privatisierung, die wichtige Öffnung der Angebote oder den entscheidenden Tag des Zuschlags erinnern, sagte er aus.

Buwog ein Randthema

"Weil das eher Randthemen für mich waren", meinte er. Inhaltlich habe er nirgends mitgearbeitet, seine Aufgabe sei die Kommunikation gewesen. Über damalige Pressekonferenzen zum Thema Buwog konnte man ihm jedoch auch nichts mehr entlocken.

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Einmal konnte die Richterin seiner Erinnerung aus diesem Jahr dann doch auf die Sprünge helfen. Denn den Angeklagten Karl Petrikovics wollte Winkler zunächst nicht gekannt haben. Erst beim Stichwort "Wirtschaftsforum St. Moritz" erinnerte er sich plötzlich lebhaft daran, dass er Petrikovics im Jahr 2004 ebendort kennengelernt hatte. Über dem Rest des Jahres 2004 - und eben auch die Buwog-Privatisierung - lag jedoch weiterhin der Schleier des Vergessens.

Praktische Erinnerungen

Bei der Befragung durch Grassers Anwalt Norbert Wess lüftete sich dieser Schleier dann ein wenig. Ausführlich beschrieb er Grassers zuvorkommenden und überdurchschnittlich positiven Umgang mit all seinen Mitarbeitern. Sogar der Anliegen seines Chauffeurs habe er sich angenommen. Und: auch heute noch würden die Mitarbeiter des Finanzministeriums von Grasser schwärmen. Er wisse das, weil er noch immer ab und zu dort vorbeischaue.

Schwiegermuttergeld

Obwohl Winkler nie das Gefühl hatte, dass Grasser etwas vor ihm verheimlichen würde, konnte er keine Angaben zum Schwiegermuttergeld machen. Winkler, der heute Chef ausgerechnet jenen Hotels ist, in dem Grasser während dem Prozess absteigt, will mit ihm nie über private Angelegenheiten gesprochen haben.

Terminkalender sehr akkurat

Am Vormittag war eine weitere Zeugin, Grassers damalige Sekretärin, am Wort. Aus ihrer Sicht wurde der Terminkalender, den sie für Grasser führte, sehr genau und akkurat betreut. Termine, die vermerkt waren, hätten mit ziemlicher Sicherheit so stattgefunden, sagte sie aus.

Das ist interessant, weil das Grasser in seiner Aussage durchaus in Zweifel gezogen hat. Kurzfristige Absagen oder Änderungen bei den Teilnehmern eines vermerkten Termins seien nicht immer korrekt eingetragen gewesen, hieß es von ihm.

Meischberger als privater Besucher

Walter Meischberger hat die Zeugin nur als "Besucher" im Ministerium wahrgenommen. Dass er auch beruflich mit Grasser gearbeitet hätte, davon hat sie nichts bemerkt: "Er hat nicht mit Grasser zusammengearbeitet. Er war befreundet mit dem Minister." Aber: "Ob er ihn beraten hat, weiß ich nicht", räumte sie ein.

Krawatten-Anfragen

Um die offizielle E-Mailadresse Grassers kümmerte sich ebenfalls das Sekretariat. Die Zeugin wusste unter anderem von kuriosen Bürgeranfragen zu berichten. So wäre etwa mehrmals die Frage gekommen, wo Grasser seine Krawatten kaufe. Diese habe sie höflich aber stets gleich beantwortet: "Wir wissen nicht, wo der Minister seine Krawatten kauft."

Fehlender Termin

Besonders interessant in der Befragung der Sekretärin war auch ein fehlender Termin im Kalender. Dieser fand bei Grasser statt, just in der heißen Phase des Buwog-Bieterverfahrens. Der Privatbeteiligtenvertreter wollte von der Zeugin wissen, wie es sein kann, dass Grasser mit etwa sieben Leuten einen Termin abhält, ohne dass sie das in den Kalender einträgt oder mitbekommt (sie saß im Zimmer davor).

Die Frau konnte sich das nicht erklären, bezweifelte sogar, dass der Termin stattgefunden hat. "Es ist aktenkundig, dass es diesen Termin gab", hieß es dann. Eine weitere Aufklärung der Sache konnte die Zeugin trotzdem nicht liefern.

Am Donnerstag werden weitere Zeugen aussagen. Unter anderem eine Frau, die Matthias Winkler widerspricht und ihn als "Mastermind" Grassers bezeichnet, der über Vieles Bescheid wusste.

(csc)