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Citroens geheimes Museum

Heute Redaktion
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Große Autohersteller präsentieren ihre historischen Schätze stolz in eigenen Museen der Öffentlichkeit. Nur bei Citroen wird die eigene Geschichte stiefmütterlich behandelt: Es gibt eine Werkssammlung in einer unscheinbaren Lagerhalle bei Paris, doch die kann man höchstens auf Anfrage besichtigen.

Große Autohersteller präsentieren ihre historischen Schätze stolz in eigenen Museen der Öffentlichkeit. Nur bei Citroen wird die eigene Geschichte etwas stiefmütterlich behandelt: Es gibt eine Werkssammlung in einer unscheinbaren Lagerhalle bei Paris, doch die kann man höchstens auf Anfrage besichtigen.

Unweit des Flughafens Charles de Gaulle sind nicht nur rund 400 Fahr-Zeugnisse der Firma untergebracht, sondern auch Unmengen von Modellen und Dokumenten. Das "Conservatoire de patrimoine de Citroën" umfasst außer Serienmodellen und Prototypen, Sondereinsatz- und Rennwagen auch das komplette Archiv der Firma mit Zulassungsregister, Konstruktionsplänen, Designskizzen, Broschüren und technischen Anleitungen.

Linda Jackson, Citroen-Markenchefin: "Citroen blickt auf eine einzigartige Marken-Geschichte und hat mit vielen Modellen bis heute und auch in Zukunft den Automobilbau geprägt und stark beeinflusst. Dieses Erbe ist ein Schatz und eine Verpflichtung und Citroen pflegt dieses Erbe sorgfältig.“

Allerdings geht die Pflege noch nicht so weit, dass man die Autosammlung Besuchern präsentieren könnte. Die aufgereihten Fahrzeuge, notdürftig nach Alter, Modellzyklen und Produktionszeit sortiert, sehen unter dem unverkleideten Hallendach aus wie in einem schlecht beleuchteten Parkhaus. Nur mit dem Unterschied, dass sie vereinzelt so eingepfercht sind, dass niemand damit zur Ausfahrt gelangen könnte.

Geschichtsträchtige Modelle

Der 1878 geborene Ingenieur André Citroen hatte auf einer Reise in die polnische Heimat seiner Mutter ein Getriebe gesehen, das mit Doppelwinkel-Radzähnen arbeitete. Nach seiner Rückkehr ließ er sich diese Bauform patentieren und gründete 1905 eine Firma zur Herstellung von Getrieben. Der Doppelwinkel wurde zum Markenlogo und ist es bis heute geblieben. 1919 wurde mit dem Typ A das erste Automobil in Serie hergestellt.

Im Conservatoire gibt es eine Menge historische Schmuckstücke zu bewundern: Der "Traction Avant" war 1934 einer der Vorreiter für die Großeserienfertigung von Vorderradantrieben. André Citroens Begründung zu dem Schritt: "Ein Pferd schiebt ja auch keinen Wagen, sondern zieht ihn." Das Auto ist heute freilich besser bekannt als "Gangster-Citroen", aus dessen hinten angeschlagenen Türen man erstklassig feuern konnte und der dank des Frontantriebs zudem ein überlegenes Fluchtfahrzeug war.

Andere Fabrikate mit dem Doppelwinkel erlangten ebenfalls Kultstatus: So zum Beispiel die "Ente", offiziell als Citroën 2CV vorgestellt und zwischen 1949 und 1990 mehr als 3,8 Millionen Mal weltweit verkauft. Nicht weniger kultig ist die "Göttin" Déesse, die 1955 auf dem Pariser Autosalon für Aufsehen und hunderte Spontankäufe sorgte. Bis 1975 wurden von der Stromlinien-Limousine immerhin fast 1,5 Millionen Exemplare gefertigt. Ihre hydropneumatische Federung war beispielgebend für mehrere spätere Modelle. Zahlreiche Varianten dieser Verkaufs-Millionäre sind im Conservatoire ebenso zu bestaunen wie einige missglückte Versuche, die Autowelt mit neuen Kreationen zu beglücken.

Mehrere Präsidenten-Limousinen und -Cabriolets stehen blankgewienert in einer Ecke der Halle, darunter zwei auf der Basis des legendären Citroen SM. Verlängerter Radstand, schwere Ledersessel und edles Holz kennzeichnen das Ambiente.

Online verfügbar

Renn- und Rallyeautos, Militärfahrzeuge mit Raupenketten, Feuerwehr- und Krankenwagen – all das trägt hier den Doppelwinkel. Futuristische Concept-Cars, Ton-Modelle und sogar Hubschrauber ergänzen das umfangreiche Mosiak einer Unternehmensgeschichte, das seine schriftliche Fortsetzung in mehr als anderthalb Regal-Kilometern von Dokumenten findet. "Das Conservatoire ist ein Ort für die Freunde und Fans der Marke – kein klassisches Museum, sondern eine dynamische Sammlung, denn die Fahrzeuge werden für Ausstellungen und klassische Rallyes weltweit eingesetzt oder auch für Filmproduktionen genutzt", erklärt Linda Jackson.

Das Archiv wird von Sammlern als Informationsquelle genutzt und zumindest virtuell können sich Fans der Marke eine Vorstellung davon verschaffen, welche erstaunlichen Konstruktionen die Straßen und Schotterpfade der Welt im Namen André Citroens bevölkert haben. Unter ist eine Website eingerichtet worden, die wesentliche Bestandteile der Sammlung erlebbar macht.

Beim Klick auf das jeweilige Modell bietet das virtuelle Museum neben zahlreichen sehenswerten Fotos von außen und vom Inneren des Fahrzeugs ein umfassendes Zahlenwerk sowie technische Daten. Eine 360-Grad-Funktion ermöglicht dem Nutzer eine Rundumsicht auf und in das jeweilige Fahrzeug

Doch sollte der Plan gefasst werden, das Conservatoire zum öffentlichen Museum auszubauen, wären erhebliche Investitionen notwendig. Verdient hätten es sich die hier schlummernden Schätze allemal.