Ex-Burgtheater-Leiter

Claus Peymann ist tot – Trauer um Theater-Legende

Der ehemalige Leiter des Wiener Burgtheaters, Claus Peymann, ist tot. Die Legende des Theaters verstarb im Alter von 88 Jahren.
Newsdesk Heute
16.07.2025, 18:13
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Claus Peymann ist tot. Der Regisseur, Intendant, Provokateur und leidenschaftliche Verfechter des politischen Theaters starb im Alter von 88 Jahren in Berlin-Köpenick. Wie aus dem Umfeld seiner langjährigen Weggefährten bekannt wurde, erlag Peymann einer langen, schweren Krankheit. Mit ihm verliert das deutschsprachige Theater einen seiner letzten großen Erneuerer – und wohl den letzten Vertreter eines Theaters, das keine Kompromisse kannte.

Geboren 1937 in Bremen, stand Peymann zeitlebens im Zentrum der Auseinandersetzung: mit seinen Stücken, mit seinen Inszenierungen, mit seiner Haltung. Er war kein Diplomat der Künste, kein Ästhet unter Ästheten. Peymann war ein politischer Mensch, ein leidenschaftlicher Moralist, ein Berserker des Bühnendiskurses. Wer ihm begegnete, traf auf einen Mann mit glühenden Überzeugungen und einem nicht minder glühenden Hang zur Konfrontation.

Der Intendant, der keine Angst kannte

Sein Weg führte ihn durch die großen Bühnenhäuser im deutschsprachigen Raum. Das Theater in Stuttgart, Bochum, später das Burgtheater in Wien und schließlich das Berliner Ensemble – alles Stationen einer Karriere, die nie nur Theaterleitung war, sondern immer auch politische Positionierung. Peymann stellte sich quer, wo andere beschwichtigten. Er kämpfte für Autoren wie Thomas Bernhard und Peter Handke, als andere sich abwandten. Und er ließ sich von keinem Kulturminister, keinem Kritiker und keinem Zeitgeist einschüchtern.

Ex-Burg-Chef Claus Peymann machte sich selbst zur Symbolfigur für das Theater.
IMAGO/Rudolf Gigler

Legendär wurde sein Streit mit der österreichischen Politik, als er 1988 Thomas Bernhards "Heldenplatz" am Burgtheater zur Uraufführung brachte – ein Stück, das wie kaum ein anderes den verdrängten Antisemitismus und Nationalismus der Nachkriegsrepublik thematisierte. Peymann verteidigte das Stück mit einer Vehemenz, die ihn bis ins Zentrum politischer Kontroversen katapultierte – und ihn zugleich zur Symbolfigur für ein Theater machte, das nicht gefallen wollte, sondern aufrütteln.

Ein Leben gegen das glatte Theater

Peymanns Inszenierungen waren selten schön im klassischen Sinne. Sie waren unbequem, zornig, exzessiv. Er liebte das Wort, das Pathos, die Kraft der Sprache. Sein Theater war niemals elitär, sondern oft roh, kantig, ein Ruf nach Veränderung – nicht selten ein Schrei. Für seine Schauspieler war er fordernd bis zur Grenze, für seine Kritiker eine Reizfigur, für sein Publikum ein Ereignis.

Auch in Berlin, wo er von 1999 bis 2017 das Berliner Ensemble leitete, blieb er sich treu: Kein Kuschelkurs mit dem Mainstream, keine kalkulierte Gefälligkeit. Peymann war davon überzeugt, dass Theater eine moralische Instanz sein müsse – und dass es seine Pflicht sei, sich einzumischen.

Abschied von einer Ära

Mit dem Tod Claus Peymanns endet nicht nur ein Leben, sondern eine Epoche. Das deutsche Theater verliert eine Stimme, die sich nie beugen ließ. Einen Regisseur, der Theater nie als ästhetisches Experiment begriff, sondern als Waffe gegen die Gleichgültigkeit. Einen Intendanten, der nicht nur verwaltete, sondern verwandelte. Und einen Menschen, der sich selbst niemals schonte – auch nicht im Streit für das, woran er glaubte.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 16.07.2025, 18:23, 16.07.2025, 18:13
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