Politik

Corona-Fahrplan für Österreich: So geht es jetzt weiter

Kurz vor dem Lockdown gibt Gesundheitsminister Anschober noch einmal einen Überblick über die aktuelle Corona-Lage – und erklärt, wie es weiter geht.

Roman Palman
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Es wird fieberhaft nach einem Corona-Impfstoff gesucht
Es wird fieberhaft nach einem Corona-Impfstoff gesucht
picturedesk.com/AFP Getty/Mario Tama

Ab 9.30 Uhr will am heutigen Montag Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Österreich noch einmal einen Überblick über die aktuellen Maßnahmen und die derzeitige Epidemie-Situatuin geben und den Fahrplan für die kommenden Wochen vorstellen.

Dabei wird der Gesundheitsminister von den führenden Experten des Landes unterstützt: Epidemiologe Herwig Kollaritsch wird über die aktuellen Fallzahlen sprechen, Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), erläutert die Prognosen zu den Kapazitäten unseres Gesundheitssystems.

Klaus Markstaller, Präsident der Intensivmedizinischen Fachgesellschaft ÖGARI, wird die Situation auf den Intensivstationen schildern und welche Maßnahmen in diesem Bereich notwendig sind. Anschließend wird MedUni-Virologin Monika Redlberger-Fritz über den weiteren Weg durch die Corona-Krise informieren.

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"Wir haben gewusst, der Herbst wird schwierig", leitet Gesundheitsminister Rudolf Anschober die Pressekonferenz ein. Bis 20. Oktober seien die Prognosen zuverlässig gewesen, doch danach seien die Zahlen "explodiert" – in ganz Europa. Ab dem 24. Oktober "ist es dramatisch nach oben gegangen". Die jüngste Prognose vom Dienstag habe den Lockdown alternativlos gemacht. Die Zahlen vom heutigen Montag "zeigen auch noch keine Entspannung", so der Minister weiter.

"Dann kann es eng werden ..."

Österreich erlebt gerade einen Anstieg der Positiv-Raten bei den Corona-Test. Noch im September sei diese Zahl einstellig gewesen, mit dem heutigen Tag liegt diese bei 17 Prozent. Seit gestern habe es auch eine "sehr starke Steigerung" (+45) bei den Intensivpatienten gegeben. In Vorarlberg hat bereits das erste Spital sein Kapazitätslimit erreicht. "Wenn wir diesen Trend nicht brechen, kommt es zu einem großen Problemen auf unseren Intensivstationen. Dann kann es eng werden ..."

Herausforderung

"Es gibt nur eine Grundmaßnahme, die man verankern kann: Die persönlichen Kontakte zu reduzieren", appelliert Anschober. Das sei das wichtigste Mittel im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus. "Deswegen sieht das Maßnahmenpaket aus, wie es aussieht." Aber: "Die Herausforderung ist nun größer als im Frühling", warnt der Minister. Zwar seien die deutlich höheren Werte der Neuinfektionen relativierbar, dennoch müssen man jetzt "alles dafür tun, dass wir bis Mitte November eine Trendwende schaffen". 

"Verantwortung übernehmen"

"Entweder steuern wir auf eine erhebliche Krisensituation bei der Intensivmedizin zu, oder wir schaffen das!" Die Einschnitte würden den Österreichern viel abverlangen, "aber es ist die einzige Lösung". Trotz des Lockdowns werden die Zahlen in den nächsten Tagen aber weiter nach oben schnellen. Ein positiver Schritt wird aber schlagend. Die Regierung rechnet damit, dass sich das Maßnahmenpaket vom 25. Oktober bald seine dämpfenden Auswirkungen in den Statistiken zeigt: "Aber das wird deutlich zu wenig sein", so Anschober. Er appelliert an alle, "Verantwortung zu übernehmen".

Infektiologe Herwig Kollaritsch
Infektiologe Herwig Kollaritsch
picturedesk.com

Kontakte reduzieren

Herwig Kollaritsch übernimmt das Wort: Die Reproduktionszahl müsse noch drastisch gesenkt werden. Könne man die Reproduktionszahl auf 0,99 reduzieren, brauche es drei Monate um die Neuinfektionen zu halbieren. Bei einer Reproduktionszahl von 0,5 dauere es nur wenige Wochen, erklärt der Experte anhand dieses Beispiel, dass der Lockdown "alternativlos" sei. Derzeit liege die Reproduktionszahl in Österreich bei 1,4 – ein Infizierter steckt also im Schnitt 1,4 andere Menschen mit dem Virus an.

Mit Impfung ist Corona "nicht erledigt"

"Fast alle glauben: Wenn wir eine Impfung haben, dann ist das Thema Corona erledigt – so simpel ist es aber nicht", warnt Kollaritsch. So könne ein Impfstoff gefunden werden, der nur die Symptome mildert. Das könne zwar vulnerable Gruppen schützen, dieser sei aber epidemiologisch wertlos. Erst ein sogenannter transmissionsblockierender Impfstoff könne das Virus aus der Bevölkerung verdrängen und eine Herdenimmunität herstellen. Es sei aber nicht garantiert, dass ein Corona-Impfstoff eine 100 prozentige Wirksamkeit habe, großflächig verteilt werden könne, und und und ... Kollaritsch abschließend: Es ist angebracht, "sich an die Masken zu gewöhnen" – auf längere Zeit.

"Regimewechsel im Infektionsgeschehen"

GÖG-Geschäftsführer Herwig Ostermann schildert einen "Regimewechsel im Infektionsgeschehen" in ganz Europa im Oktober. Die Ursache werde noch diskutiert. Dass es in ganz Europa nahezu gleichzeitig passiert ist, lege nahe, dass es eine gemeinsamen Ursachen gebe. Dabei nennt der Experte etwa die Witterung, oder dass wir uns jetzt wieder mehr in geschlossenen Räumen aufhalten. Aber so sei klar: "Ohne Maßnahmen würde unser Gesundheitssystem an seine Grenzen stoßen."

Prognosen treffsicher

In den nächsten Tagen sei ein starker Anstieg bei den Hospitalisierungen zu erwarten. "Das Infektionsgeschehen, das wir diese Woche sehen, ist auf Erkrankungen in der letzten Woche zurückzuführen". Das mache die Vorhersage relativ zuverlässig. Bis 10./11. November werden laut den Prognosen des Experten 600 Covid-Patienten auf Intensivstationen erwartet.

Maßnahmen wirken nur im Paket

"Die gute Nachricht ist, dass es mit Maßnahmen möglich ist, die effektive Reproduktionszahl entsprechend abzusenken", so Ostermann. Allerdings sei es schwierig, die Maßnahmen auf ihre individualle Wirksamheit abzuschätzen. "Was relativ gesichert ist, dass Maßnahmen nur dann wirken, wenn sie gemeinsam und konsequent ergriffen werden. Und: Wenn die Maßnahmen konsequent umgesetzt werden, sinken die Neuinfektionen entsprechend ab und wir kommen wieder in ein gutes Gleichgewicht". 

v.l.n.r.: Herwig Kollaritsch, Rudolf Anschober und Herwig Ostermann bei einer Pressekonferenz
v.l.n.r.: Herwig Kollaritsch, Rudolf Anschober und Herwig Ostermann bei einer Pressekonferenz
picturedesk.com/APA/Georg Hochmuth

"Können den Peak abfangen"

Der Präsident der Intensivmedizinischen Fachgesellschaft ÖGARI, Klaus Markstaller, erklärte im Anschluss, wieso die intensivmedizinischen Kapazitäten so limitiert sind und seit dem Frühjahr nicht signifikant ausgebaut werden konnten: Es brauche aber das Personal mit entsprechender Expertise. Die Ausbildung dauere sehr lange: "Das lässt sich einfach nicht innerhalb von Monaten steigern".

Gleichzeitig macht er aber anhand der aktuellen Prognosen Hoffnung: "Wir werden in der Lage sein, den Peak abzufangen", versichert Markstaller. Es werde nicht zu einer Triage-Situation kommen, WENN die Maßnahmen von der Bevölkerung eingehalten werden. Nur dann könne eine Behandlung für alle Patienten in Österreich sichergestellt werden. 

Positiv-Rate hat sich vervielfacht

"Wir müssen damit rechnen, dass wir in den nächsten sieben bis 14 Tagen einen weiteren Anstieg bei den Neuinfektionen haben", fährt MedUni-Virologin Monika Redlberger-Fritz fort. Das sei der Verzögerung nach der Einführung von Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen geschuldet.

"Wir haben während der ersten Welle Positiv-Raten von 5 bis 6 Prozent gehabt, über den Sommer waren es nur 1 bis 3 Prozent." Ab August sei es wieder nach oben gegangen, bis in Kalenderwoche die Zahlen explodiert seien. In der letzten Woche sei die Positiv-Rate sogar bei 40 Prozent gelegen – sprich 40 von 100 getesten Personen waren Corona-positiv. Aktuell liegt die Ratebei 17 Prozent wie Anschober zuvor erklärt hatte.

Müssen Virus "die Nahrung nehmen"

"Es ist jetzt wirklich notwendig, zu handeln. Die einfachste und wirksamste Maßnahme ist einfach: Abstand halten", schärft Redlberger-Fritz nach. Das Virus werde von Mensch zu Mensch übertragen, deshalb müsse man ihm nun quasi "die Nahrung nehmen". "Je mehr Leute sich jetzt daran halten, desto kürzer ist die Dauer wo die Maßnahmen notwendig sind". Es brauche jetzt unbedingt einen Schulterschluss der Bevölkerung, damit wir im Dezember "gute Weihnachten verbringen können".

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