Coronavirus

Corona-Gefahr: Lüften ist das neue Händewaschen

Forscher fanden heraus, dass ausgestoßene Aerosole von Corona-Infizierten intakte Viruspartikel enthalten können. Wir sollten deshalb öfter lüften.

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Aerosole spielen in der Übertragung des Coronavirus wohl eine größere Rolle.
Aerosole spielen in der Übertragung des Coronavirus wohl eine größere Rolle.
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Die Gefahr der Aerosolübertragungen beim Coronavirus ist wohl größer als vorerst angenommen. Wie Professor André Prévôt von der ETH Zürich im "Tages-Anzeiger" erklärt, kann Lüften eine sehr einfache Maßnahme dagegen sein. Der Aerosolforscher vergleicht das Lüften sogar mit dem Händewaschen oder Abstandhalten. Er sagt: "Es ist schade, wenn man die Möglichkeit nicht nutzt."

Lüftungsstrategie für Innenräume

Prévôt fordert eine Lüftungsstrategie für alle Innenräume, in denen sich viele Menschen aufhalten, etwa Büros, Restaurants oder Schulen. Der Forscher weiter: "Ich habe den Eindruck, viele Leute sind sich bewusst, dass sie Abstand halten und sich die Hände waschen müssen. Aber dass die Lüftung wichtig ist, haben viele nicht im Blick, weil das nicht klar kommuniziert wurde."

Lüften ist jedoch nicht gleich Lüften. Besonders im Winter reicht ein gekipptes Fenster nicht immer aus. Prévôt: "Im Winter soll man nicht kontinuierlich lüften mit gekippten Fenstern, sondern ab und zu mit vielen geöffneten Fenstern." Nicht nur die Gefahr einer Corona-Infektion würde danach sinken, auch die Gefahr, an anderen Viruserkrankungen zu leiden, würde minimiert.

"Beim Niesen oder Husten sind Virenemissionen deutlich höher"

Das deutsche Bundesamt für Umwelt ist der Meinung, dass nach jedem Niesen oder Husten sofort stoßgelüftet werden soll. Die "Kommission Innenraumlufthygiene" am UBA empfiehlt weiter, in Schulen in jeder Pause "intensiv bei weit geöffneten Fenstern" zu lüften, spätestens nach 45 Minuten Unterricht.

Prévôt vertritt auch diese Meinung. "Beim Niesen oder Husten sind die Virenemissionen deutlich höher als beim normalen Atmen, sodass diese Taktik durchaus sinnvoll ist. Falls jemand oft husten oder niesen muss, sollte er aber sowieso zu Hause bleiben und sich testen lassen", so der Wissenschaftler.

Intaktes Virus in Aerosolen

US-Forscher haben in Versuchen bestätigt, dass von Corona-Infizierten ausgestoßene Aerosole intakte Viruspartikel enthalten können. Das sei eine Bestätigung dafür, dass Sars-CoV-2 wahrscheinlich auch über die winzigen, lange in der Luft verbleibenden Schwebeteilchen übertragen werden kann. In Räumen eineinhalb oder auch zwei Meter Sicherheitsabstand zu wahren, könne mithin ein falsches Gefühl von Sicherheit vermitteln, heißt es in der Studie.

Die Forscher um John Lednicky von der University of Florida in Gainesville untersuchten nun Proben der Raumluft aus der Umgebung zweier Covid-19-Patienten in einem Klinikzimmer. Selbst aus Proben, die in fast fünf Metern Abstand zu den Patienten genommen worden waren, seien noch aktive Sars-CoV-2-Partikel isoliert worden, berichten die Forscher.

Aerosole, diese winzig kleinen Tröpfchen, die wir beim Ausatmen von uns geben, bestehen vor allem aus Wasser und sind typischerweise etwa ein Tausendstel bis ein Zehntel eines Millimeters groß. Das Wasser verdunstet relativ schnell, das Tröpfchen schrumpft.

Übrig bleibt irgendwann ein Mix aus dem Virus und anderen Bestandteilen, die sich nicht so schnell verflüchtigen, etwa Speichelmasse. Diese Teilchen verbleiben in der Luft und verteilen sich im Raum. Man kann Aerosole mit Feinstaub in der Luft vergleichen. In Innenräumen dauert es sehr lange, bis solche Partikel auf dem Boden landen, das kann Stunden bis Tage dauern.

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