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"Das sind Hinrichtungen, keine Beziehungstaten"

Psychiaterin Adelheid Kastner spricht sich dafür aus, Männer in Österreich bei jedem Fall von häuslicher Gewalt unter Beobachtung zu stellen.

Rene Findenig
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Psychiaterin und Gerichtsgutachterin Adelheid Kastner zu Gast in der ORF-"ZiB 2".
Psychiaterin und Gerichtsgutachterin Adelheid Kastner zu Gast in der ORF-"ZiB 2".
Screenshot ORF

Psychiaterin und Gerichtsgutachterin Adelheid Kastner, Vorständin am Kepler-Uniklinikum in Linz, sieht nicht wirklich Gemeinsamkeiten bei jenen Tätern, die Morde an Frauen in Österreich begangen haben. ""Es gibt so viele Problemkonstellationen wie Fälle", so Kastner am Montagabend in der ORF-"ZiB 2" bei Moderator Armin Wolf. Wenn man eine Gemeinsamkeit finden wolle, dann sei es die "unglaubliche Selbstermächtigung", die immer zum selben Ergebnis führe.

Warum in Österreich wie sonst nirgends mehr Frauen als Männer ermordet werden, darauf habe sie nur eine "einfache und falsche" Antworten, man müsse mögliche Ursachen finden. Es gebe laut der Psychiaterin Erklärungsansätze, "die das bei dem hohen Migrantenanteil verorten", das sei zum Teil auch richtig, aber es finde sich ein "höherer Anteil gestandener Österreicher" unter den Mördern. "Man muss sich fragen, warum das traurige Tradition hat", so Kastner.

"Es sind Hinrichtungen, es sind Morde, es sind keine Beziehungstaten, es sind Verbrechen"

Schweden etwa habe bei einem sehr hohen Migrantenanteil ein weit niedrigere Quote. Das könnte auch am frühen schwedischen Gleichberechtigungsbestreben liegen, so die Psychiaterin. In der Corona-Pandemie habe sich die Situation verschärft: Häusliche Gewalt soll zugenommen haben, gleichzeitig könnten vor allem Frauen aber durch Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen dem häuslichen Umfeld "nicht entkommen". Eines sagte Kastner dabei ganz klar: "Es sind Hinrichtungen, es sind Morde, es sind keine Beziehungstaten, es sind Verbrechen. "

"Und er hatte viele Partnerinnen"

Es brauche für Gewalttäter eine "Risikoprognose"  mit all den Maßnahmen, die man bereits zur Verfügung habe, so Kastner. Die Prognose sei immer nur so gut, wie die Basis, auf der sie erstellt sei. Erst kürzlich habe sich die Psychiaterin mit einem Mann beschäftigt, der seine Partnerin schwerst verletzt habe. Sie habe im Akt keine einzige Vorstrafe gefunden, durch Zusatzinformationen dann aber erfahren, dass es 13 Polizeiinterventionen bei dem Mann bei allen seinen Partnerinnen gegeben habe – "und er hatte viele Partnerinnen", so Kastner.

Eine Risikoeinschätzung müsse erfolgen, sobald es um das Thema häusliche Gewalt gehe, forderte die Psychiaterin. Dabei müssten auch, was aktuell zu wenige geschehe, Zeugen wie Nachbarn, Freunde und Bekannte befragt werden. Dann werde man vielleicht entdecken, dass es "eine Entwicklung hin zur Tätlichkeit" gegeben habe, so Kastner. Und: Sie stelle eine Umkehr der Täter-Opfer-Rolle fest, die kann man sich "gründlich sparen" könne. Nach einer Tat zu sagen: "hätte sie doch" oder "warum hat sie nicht", das sei völlig fehl am Platz. 

Die wichtigsten Nummern gegen Gewalt auf einen Blick:
Polizei-Notruf: 133
Euro-Notruf: 112
24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien: 01/71719
Frauenhaus-Notruf: 05 77 22

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