Rechtsexperte in "ZIB2"

"Das wäre ein Grund, Benko aus der U-Haft zu entlassen"

Gegen René Benko liegt nun die erste Anklage vor – sie lautet auf betrügerische Krida. Was das für Benko bedeutet, ordnet ein Rechtsexperte ein.
Team Wirtschaft
15.07.2025, 22:27
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Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen René Benko. Dem ehemaligen Signa-Boss wird betrügerische Krida vorgeworfen, wurde am Dienstag bekannt. Die Staatsanwaltschaft wirft René Benko vor, im Rahmen seiner Insolvenz als Einzelunternehmer die Befriedigung von Gläubigerforderungen verhindert beziehungsweise geschmälert zu haben, indem er Vermögenswerte beiseitegeschafft haben soll.

Konkret betrifft dies eine Miet- und Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von rund 360.000 Euro für die Anmietung eines Hauses, die wirtschaftlich und sachlich unvertretbar war, sowie eine Schenkung von 300.000 Euro an Angehörige, heißt es von den Behörden. Beides soll bereits unter dem Eindruck zunehmender Zahlungsschwierigkeiten und einer absehbaren Konkurseröffnung geschehen sein. Für Benko gilt die Unschuldsvermutung.

"Sachverhalt, der relativ klar und eindeutig feststellbar ist"

In der "ZIB2" ordnete am späten Dienstagabend der Wirtschaftsstrafrechtsexperte Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien die Geschehnisse bei ORF-Moderator Armin Wolf ein. "Betrügerische Krida begeht, wer Vermögensteile beiseite schafft oder verheimlicht und dadurch die Befriedigung der Gläübiger beeinträchtigt wird", so Kert. "Also es wird Geld zur Seite geschafft, und das führt zu einer Schädigung der Gläubiger."

Dass die erste Anklage auf diesen Verdacht laute, der eigentlich nur ein Nebendetail des riesigen Signa-Komplexes ist, sei aber nicht überraschend, so der Experte. Es sei klar gewesen, "wenn jetzt schon eine Anklage erhoben wird, dann muss das ein Sachverhalt sein, der relativ klar und eindeutig feststellbar ist". Zudem müsse nur beweisen werden, "dass diese Geldflüsse geflossen sind und dass es dazu auch keine entsprechenden Gegenleistungen gegeben hat".

"Da muss man nicht noch weiter ermitteln"

Der Prozess könnte bereits im September beginnen – und wie lange dauern? "Das ist schwer vorherzusehen", so Kert, es könnten sich noch Fragen im Laufe des Verfahrens stellen, "weil Dinge vielleicht doch nicht ganz so eindeutig sind", man könnte es aber "mit fünf bis zehn Verhandlungstagen hinbekommen". Bei zwölf verschiedenen Ermittlungssträngen klinge das so, als würde man "einem Serieneinbrecher für jedes geknackte Auto einen eigenen Prozess machen", merkte Moderator Wolf an.

Dennoch sei dies in diesem Fall sinnvoll, den die Causa sei so komplex, dass es Jahre dauern würde, bis es überhaupt ein Verfahren geben würde. "Was einmal erledigt und abgeurteilt ist, da muss man nicht noch weiter ermitteln", so Kert. Außerdem sei es hier "geboten" gewesen, denn "der Herr Benko sitzt in Untersuchungshaft, also das hat jetzt auch irgendetwas geschehen müssen, wenn man ihn nicht enthaften möchte". Bei der U-Haft gebe es laut Kert eine Obergrenze, die sich nach dem vorgeworfenen Delikt richte.

Frage nach Verhältnismäßigkeit würde sich stellen

Zwar sei man bei Benko von dieser Obergrenze noch weit entfernt, aber: "Länger als sechs Monate darf die Untersuchungshaft nur aufrechterhalten werden, wenn die Ermittlungen besonders kompliziert und umfangreich sind." Das sei zwar hier auch der Fall, dennoch müsse man sich fragen, wie lange man jemanden wegen einer Wirtschaftsstraftat tatsächlich in Untersuchungshaft behalte. Und wenn Benko im ersten Prozess freigesprochen würde? "Das wäre aus meiner Sicht auf jeden Fall ein Grund, ihn aus der Untersuchungshaft zu entlassen."

Nicht deswegen, so der Experte, weil nicht noch Verurteilungen wegen schwerwiegender Straftaten folgen könnten, sondern man könne sich dann fragen, ob es noch verhältnismäßig sei, so Kert. Dass Benko nicht geständig sei, ist laut Kert übrigens kein Erschwerungsgrund für eine mögliche Strafe – umgekehrt könne ein Geständnis aber strafmildernd sein.

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