Österreich

Debatte um telefonische Krankschreibung – kommt sie?

Die Corona-Zahlen steigen weiter an, weshalb Arbeitnehmervertreter die telefonische Krankmeldung zurückfordern. Arbeitgebervertreter sind dagegen.

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Unter anderem die Ärztekammer und der Patientenanwalt befürworten die telefonische Krankschreibung.<br>
Unter anderem die Ärztekammer und der Patientenanwalt befürworten die telefonische Krankschreibung.
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Aufgrund der äußerst ernsten Corona-Lage wurde die Möglichkeit, sich telefonisch krankmelden zu lassen – wie es zu Beginn der Pandemie der Fall war – wieder zum Thema. Dafür sprachen sich die Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) aus. Sie fordern die Wiedereinführung der telefonischen Krankmeldung. Ein entsprechender im Verwaltungsrat eingereichter Antrag wurde vergangene Woche jedoch von den Arbeitgebervertretern abgelehnt.

Die Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) in der ÖGK, Barbara Teiber, zeigte sich im Gespräch mit Nachrichtenagentur APA jedoch wenig begeistert und äußerte hierfür "komplettes Unverständnis". Die Ärztekammer und der Patientenanwalt befürworten die telefonische Krankschreibung ebenso.

Seit 1. September nur für Verdachtsfälle

Die Regelung, sich telefonisch krankschreiben zu lassen, wurde während des Lockdowns Mitte März eingeführt, um das Ansteckungsrisiko in den Arztpraxen zu minimieren. Nach knapp einem halben Jahr ist diese Möglichkeit der Krankschreibung aber wieder ausgelaufen. Seit dem 1. September muss jeder, der sich krankschreiben lässt, wieder persönlich eine Arztpraxis aufsuchen. Lediglich für Coronavirus-Verdachtsfälle ist die telefonische Krankmeldung weiterhin möglich.

Arbeitgebervertreter in der ÖGK hatten nämlich befürchtet, dass es einen Missbrauch durch Arbeitnehmer, die sich krankschreiben lassen, ohne wirklich krank zu sein, geben werde. Ein solcher Missbrauch ließ sich aber nicht feststellen. Die Anzahl der Krankenstände stieg im Frühjahr nicht an – im Gegenteil: sie ging sogar deutlich zurück.

Teiber zeigt kein Verständnis

Teiber erklärte der APA gegenüber, dass bereits damals besprochen worden sei, im Falle eines Anstiegs der verzeichneten Neuinfektionen die telefonische Krankschreibung generell wieder einzuführen. Weil die Zahlen nun sogar höher sind als noch im März, hält Teiber eine Wiedereinführung für dringend notwendig. Sie unterstrich zudem, dass in den Ordinationen nun noch mehr Betrieb zu erwarten sei. Der Grund: die Hausärzte dürfen nun auch Antigen-Tests durchführen. Dass es zu einem Missbrauch kommen könnte, vermutet auch sie nicht, da die Krankenstandsmeldungen auch während der ersten Corona-Welle nicht angestiegen seien.

Kein Verständnis hatte Teiber dafür, dass im Verwaltungsrat der ÖAAB-Vertreter Martin Schaffenrath zusammen mit den Wirtschaftsvertretern den FSG-Antrag abgelehnt habe. Sie verwies darauf, dass es in einigen Bundesländern Beschlüsse der Arbeiterkammer-Vollversammlungen für die telefonische Krankschreibung gebe, denen auch die dortigen ÖAAB-Vertreter zugestimmt haben.

Neuer Versuch im November

Teiber kündigte jedoch an, den Antrag in der nächsten Sitzung des Verwaltungsrats im November erneut einzubringen. Sie hofft, die derzeitigen Skeptiker bis dahin überzeugen zu können.

Gleicher Ansicht ist auch der ÖGK-Obmann Andreas Hauss. Im Ö1-"Morgenjournal" sprach er sich dafür aus, die telefonische Krankschreibung wiedereinzuführen – befristet bis 31. März. So wie auch im Frühjahr, soll diese Möglichkeit so lange gegeben sein, bis die Corona-Welle wieder abklingt. Auch er begründete dies mit der Ansteckungsgefahr in den Ordinationen.

Erfolgsmodell oder Missbrauch?

Matthias Krenn, derzeitiger Vizepräsident der Wirtschaftskammer, hat hingegen eine ablehnende Haltung der Wiedereinführung gegenüber. Er hält die Möglichkeit der telefonischen Krankmeldung nur bei Corona-Verdachtsfällen für ausreichend. Auch ÖAAB-Vertreter Schaffenrath teilt diese Meinung. Er glaubt, dass Ärzte eine Diagnose ihrer Patienten erstellen können sollten. Zudem sei es am Telefon auch schwierig, die Identität eines Patienten festzustellen.

Dem widersprach der Sprecher der Patientenanwälte, Gerald Bachinger, im Ö1-"Mittagsjournal". Laut ihm sei die telefonische Krankschreibung während der ersten Welle "ein Erfolgsmodell" gewesen. Ein Missbrauch konnte dabei nicht festgestellt werden. Obwohl er es zwar nicht unbedingt für notwendig hält, könnte man, so Bachinger, als zusätzliche Schranke die Hinterlegung eines Passwortes in der Ordination einführen.

Ähnlicher Meinung ist auch Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart: Es sei "unerträglich", dass eine so gut funktionierende Möglichkeit in Zeiten der Pandemie wieder abgeschafft worden sei.

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