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Der Jungbrunnen aus dem Tiegel - wirkt er wirklich?

Mit dem Traum von der ewigen Jugend verdient die Anti-Aging-Industrie weltweit ein Vermögen. Können die Produkte halten was sie versprechen?

Sabine Primes
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Vor allem Frauen sind Zielgruppe der Anti Aging-Industrie.
Vor allem Frauen sind Zielgruppe der Anti Aging-Industrie.
Getty Images/iStockphoto

Der Traum von der ewigen Jugend und die Suche nach deren Quelle sind so alt wie die Menschheit. Anti-Aging-Produkte sind nach wie vor weltweit ein großes Geschäft und werden rund um den Globus als Wunderwaffe beworben.

Durch die wissenschaftliche Erforschung von Alterungsprozessen und durch die sogenannte Anti-Aging-Medizin ist der alte Traum vom Jungbrunnen in einer neuen Version auferstanden, beschreibt es der Geriater Thomas Münzer. Doch trotz enormer Anstrengungen sei die Wunderwaffe gegen das physiologische Altern bislang nicht gefunden. Es gibt aber  Schlüsselelemente, die für ein erfolgreiches gesundes und langes Altern sorgen können: Körperliche und geistige Aktivität, eine positive Lebenseinstellung, eine ausgewogene Ernährung und soziale Kontakte.

Die Telomerase ist ein Ansatz von mehreren, auf den sich die Anti-Aging-Forscher fokussieren. Die Wissenschaftlerin und Nobelpreisträgerin Elizabeth Blackburn hält es für möglich, das biologische Alter zurückdrehen und Krankheiten zu vermeiden - vorausgesetzt, wir pflegen die Schutzkappen unserer Chromosomen, die Telomere. Dies ist eine der Theorien für das Altern. 

Telomere sind Schutzkappen an den Enden der Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden. Werden sie so kurz, dass von ihnen beschützte Gene geschädigt werden könnten, hört Zellteilung auf. Dadurch kann die Zelle ihre Funktionen zunehmend schlechter ausführen.
Bei der Telomerase handelt es sich um ein Enzym, das der Verkürzung der Chromosomenenden (Telomere) im Rahmen der Zellteilung entgegenwirkt.

Bedeuten lange Telomere ewiges Leben? - Nicht ganz. Neben der Genetik, die die Länge der Telomere festschreibt, können ein ungesunder Lebensstil und psychischer Stress zur Verkürzung der Telomere beitragen. Es bestehen Zweifel, ob sich das Altern durch eine Mani­pulation der Telomerase beeinflussen lässt.

Die Wundersubstanzen gegen das Alter

Die Telomerase ist zum Liebling der Anti-Aging-Industrie geworden. Kapseln und Pillen sollen das Enzym aktivieren und die Telomerlänge günstig beeinflussen. Dem Extrakt TA-65 aus der Mongolischen Tragantwurzel werden telomerverlängernde Eigenschaften nachgesagt. Versuche an Mäusen haben dies bestätigt, allerdings war dies nicht mit einem Gewinn an Lebenszeit verbunden, berichtet ­Münzer. Er warnt vor Manipulationen an Chromosomen­enden, denn lange Telomere werden beim Menschen mit verschiedenen bösartigen Tumoren in Verbindung gebracht.

Bei ­Ubichinon 10, in Kosmetika als Q10 bekannt, handelt es sich um einen Elektronentransporter mit zentraler Rolle bei der Produktion von ATP (Adenosintriphosphat). In stoffwechselaktiven Organen wie Herz, Niere und Leber ist seine Konzentration hoch, nimmt jedoch mit dem Alter nimmt ab. Mehr Energie für längeres Leben? Leider nein. Wenn überhaupt vorhanden, dann scheinen die belegbaren Effekte des Q10 allenfalls marginal zu sein.

Auch Prozesse in Zellen benötigen Energie, um chemische Arbeit wie Synthese organischer Moleküle, Stofftransport und mechanische Arbeit wie bei der Muskelkontraktion zu leisten. ATP (Adenosintriphosphat) ist der wichtigste Überträger chemischer Energie in der Zelle.

Auch dem Resveratrol, einer Substanz aus Wein­beeren und ein Inhaltsstoff von Rotwein, werden günstige Effekte zugeschrieben. Laut Studie hat dieses Polyphenol keine gesundheitsfördernde Wirkung. Resveratrol soll alterungsrelevante Effekte der Sirtuine ausbremsen können. Sirtuine sind Energiesensoren in der Zelle, die auf eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen wie Insulinproduktion und Fettauflösung in den Körperzellen Einfluss nehmen sollen. Wirklich belegt sind diese Zusammenhänge bislang nicht.

Metformin erfolgversprechend

Beim oralen Antidiabetikum Metformin sieht es anders aus. Angesichts der altersbedingten Gebrechlichkeit wirkt Metformin positiv Muskulatur und Fettgewebe positiv. Zudem gibt es Hinweise, dass es der bösartigen Entartung von Zellen entgegenwirken kann. Aber auch für diese Substanz muss erst noch bewiesen werden, dass es gesundes Altern zu fördern und die Lebenserwartung zu steigern vermag, schreibt Dr. ­Münzer. Im Versuch mit sehr alten Mäusen konnte mit Metformin die Lebensspanne um knapp 40 Prozent verlängert werden. Metformin-Studien mit älteren Menschen laufen.

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