Politik

Wenn Politiker Asylwerber über die Grenze bringen

Heute Redaktion
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Die Vorwürfe gegen den Kärntner Grünen-Chef Köchl sorgen für Aufsehen. Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Der Grat zwischen Flüchtlingshilfe und illegaler Schlepperei ist schmal.

Dem Kärntner Grünen-Landessprecher Matthias Köchl wird Beihilfe zur Schlepperei vorgeworfen. Der Politiker wurde vergangene Woche an der italienischen Grenze kontrolliert. Sein Mitfahrer – ein 27-jähriger Iraker – hatte keine gültigen Papiere bei sich. Beide wurden deshalb kurzzeitig festgenommen. Köchl kam den Berichten zufolge nach einer Nacht im Gefängnis am Dienstag wieder frei.

Er muss sich bei einem Prozess in Udine wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Schlepperei verantworten. Bis alle Vorwürfe geklärt sind, legte der Grüne, der eigenen Angaben zufolge nur einen Autostopper vom Einkaufen in Tarvis mitgenommen hatte, sein Amt zurück.

Die FPÖ interpretiert die Angelegenheit anders: Der blaue Kärntner Parteichef Gernot Darmann jedenfalls zweifelt die "idealistischen Motive" an. Für ihn steht fest, dass es "höchst unglaubwürdig (ist), wenn Köchl seinen Versuch, einen Iraker ohne Papiere illegal nach Österreich zu bringen, als unbedarften Freundschaftsdienst für einen Autostopper darstellt."

Kein Einzelfall

International gibt es immer wieder Fälle, in denen Politikern vorgeworfen wird, sich als Fluchthelfer betätigt zu haben. In der Schweiz etwa musste sich die Tessiner SP-Großrätin Lisa Bosia Mirra im Herbst 2017 wegen illegaler Schleppertätigkeit vor Gericht verantworten. Die Gründerin der Flüchtlingshilfeorganisation "Firdaus" soll 24 Flüchtlingen die illegale Einreise von Italien in die Schweiz ermöglicht haben. Sie gestand die ihr vorgeworfenen Taten.

Die Schweizerin wurde von der Staatsanwaltschaft wegen Verstößen gegen das Ausländergesetz zu einer bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 110 Franken (knapp 97 Euro) und einer bedingten Buße von 1.000 Franken (880 Euro) verurteilt. Da Bosia Mirra den Strafbefehl zunächst nicht akzeptierte, kam es zu einem Prozess vor dem Polizeigericht, wo das Urteil bestätigt wurde.

Frage der Moral

Die Schweizer Politikerin hatte die Vorwürfe nie abgestritten, aber stets auf ihre gut gemeinten Beweggründe hingewiesen. Sie wollte Schutzsuchenden helfen. Bosia Mirra war für ihr humanitäres und soziales Engagement für Flüchtlinge bekannt, wurde dafür sogar mit dem "Alpes ouvertes"-Ehrenpreis ausgezeichnet.

Für die Staatsanwaltschaft allerdings hat die Politikerin bewusst gegen das Gesetz verstoßen, was strafrechtlich zu ahnden ist – egal, welches Motiv der Tat zugrunde liegt. Ihr Verteidiger plädierte dagegen – aus eben jenen humanitären Beweggründen – auf einen Freispruch. Er argumentierte gemäß Artikel 17 des Strafgesetzbuches, wonach eine Straftat gerechtfertigt sein kann, wenn diese begangen wird, "um ein eigenes oder das Rechtsgut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten".

Die Grenze zwischen Hilfe und illegaler Schleppertätigkeit ist schmal, so viel steht fest. Deshalb stehen etwa auch Hilfsorganisationen im Mittelmeer immer wieder in Kritik. Während das selbsternannte Ziel ganz klar die Lebensrettung der Flüchtlinge ist, orten Kritiker illegale Beihilfe zur Schleuserei.

In Deutschland machen linke Aktivisten, die Flüchtlinge über die Grenze schleusen, schon seit geraumer Zeit Schlagzeilen. So gab ein Kollektiv auf einer eigens dafür eingerichteten Website sogar Tipps für die Grenzüberquerung. Zur Tarnung empfehle es sich, ein Deutschlandfähnchen gut sichtbar am Seitenspiegel des Autos anzubringen, lautete einer davon. Auch auf der Website "fluchthelfer.in" werden Methoden beschrieben, wie Grenzkontrollen umgangen werden können. Die Einen sehen darin nützliche Informationen, die Anderen ganz klar einen Skandal.

Harte Strafen drohen

Wer Fluchthilfe betreibt, riskiert jedenfalls weitreichende Strafen. Nach italienischer Strafrechtsordnung drohen (lt. Artikel 12 Gesetz 286/98, allgemeiner Strafrechtstext für Immigration) Personen bis zu fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe, wenn sie nachweislich zur illegalen Einreise verholfen haben.

"Jeder, der gegen diese Strafbestimmungen verstößt, anordnet, organisiert, finanziert, die Fremden in das Bundesgebiet transportiert oder weitere Beihilfe zur Illegalen Einreise dieser setzt oder diese in einen anderen Staat unterstützt, in welchem der Fremde nicht Bürger ist oder in diesem Staat keinen Aufenthaltstitel besitzt, ist vom Gericht mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren und mit einer Geldstrafe bis zu € 15.000,-- für jede geschleppte Person zu bestrafen", steht im Gesetzestext.

Und weiter: "Gegen das Gesetz verstößt auch derjenige, der die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden fördert, ohne sich oder einen Dritten zu bereichern."

Regelung in Österreich milder

Nach dem österreichischen Fremdenpolizeigesetz (§ 120 FPG Rechtswidrige Einreise und rechtswidriger Aufenthalt) gilt:

"(3) Wer

1. wissentlich die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs fördert, oder

2. mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, einem Fremden den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union wissentlich erleichtert,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen."


Bei einer nachweislichen Wiederholung der Tat ist weiters mit einer Geldstrafe von 5.000 Euro bis zu 15.000 Euro oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu rechnen.

(ek)

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