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Der vergessene Geniestreich

Anfang der 70er beherrschten Franzosen, Briten und Italiener das Kleinwagengeschäft. Dann wurde der Audi 50 lanciert, der erste deutsche Mini.
Heute Redaktion
13.09.2021, 18:39

Die deutschen Autobauer hatten den Kleinwagen lange Herstellern wie British Leyland, Fiat oder Renault überlassen. Doch 1974 wendete sich das Blatt, der Audi 50 erschien.

Im Juli 1971 begann die Entwicklung, im September 1974 wurde das neue Modell präsentiert. Dass man in nur drei Jahren ein komplett neues Modell, dazu noch mit einem neuen Motor, hatte entwickeln können, löste damals einiges an Bewunderung für die fleissigen Autoentwickler aus.

Modern und vielseitig

Mit querliegendem Vierzylinder, Vorderradantrieb und Schrägheck samt Heckklappe folgte man zwar bereits bewährten Pfaden, vieles machte man aber anders als die Konkurrenz, manches auch besser. Und das auf nur 3,5 Metern Länge. Bei der Sicherheit machte man keine Kompromisse, denn alle europäischen Anforderungen wurden erfüllt.

Als Motor kam ein Vierzylinder mit Querstromkopf und 1.093 cm3 zum Einsatz, der je nach Modell und Spezifikation zwischen 50 und 60 PS bei 5.800/6.000 Umdrehungen entwickelte. Das mit dem Motor verblockte Getriebe wies vier Gänge auf und verteilte die Kraft über zwei ungleich lange Antriebswellen auf die beiden Vorderräder.

Während die Vorderräder an McPherson-Federbeinen aufgehängt waren, sorgten hinten gezogene Längsschwingen mit Federbeinen für die unabhängige Radführung. Scheibenbremsen vorne und Trommelbremsen verzögerten den Wagen. Eine Zahnstangenlenkung komplettierte die moderne Konstruktion.

Die selbsttragende Karosserie hatten die Ingolstädter auf Leichtbau getrimmt, das Ergebnis waren ein Leergewicht von 685 Kilogramm. Die Vorserienautos waren noch leichter gewesen. Es war die relativ umfangreiche Ausstattung, die auf das Gewicht schlug.

Hochwillkommen

Die gesamte deutschsprachige Autopresse brannte natürlich darauf, den ersten deutschen Mini der Neuzeit zu testen. Die Resonanz war überwiegend positiv: Der kleine Audi kam gut an.

Der Audi 50 zeigte sich aber nicht nur als Auto mit guten Eigenschaften, sondern auch als zuverlässiges Alltagsfahrzeug. Im Dauertest bei "Auto Motor und Sport" kam der Kleinwagen praktisch problemlos über die 50.000 km.

Es gab Nachahmer

Im März 1975 – zu diesem Zeitpunkt waren bereits etwa 43.000 Audi 50 verkauft – erschien dann der VW Polo, zunächst mit einer 895 cm3 und 40 PS starken Sparmotorisierung. Überhaupt war der Polo (zunächst) klar unterhalb des Audi 50 positioniert, davon zeugten die billigen Türverkleidungen, viel sichtbares Blech im Innern und eine Sparausstattung, wie sie ein Buchhalter nicht besser hätte erfinden können.

Den Käufern schmeckte der Spar-Polo nicht, sodass Wolfsburg den VW-Mini zunehmend aufwertete. Er wurde dem Audi immer ähnlicher (abgesehen vom Markenzeichen) und verdrängte jenen schließlich aus der Modellpalette der Ingolstädter, die man auf größere und luxuriösere Autos fokussieren wollte.

1978 verließ der letzte Audi 50 das Werk, insgesamt wurden 180.812 Exemplare gebaut. Der Polo aber wurde gepflegt und bis heute in immer verbesserten Baureihen gebaut. Bei Audi sorgte erst der A2 und später der A1 für eine Fortsetzung, während der Audi 50 fast vergessen ging.

Leichtfüssiger Kamerad

Dass der Audi 50 leicht gebaut war, spürt man sofort, wenn man die Türe schließt. Ärmlich aber wirkt er sicher nicht, dafür sorgen angenehme Stoffsitze, viel Teppich und ein Holzfurnier rund um das Instrumentenbrett. Mit manueller Choke-Hilfe wird der Vierzylinder zum Leben erweckt. Der kompakte Wagen fährt sich leicht und locker, dank guter Übersichtlichkeit und kompakten Maßen ist er gerade im dichten Verkehr angenehmer als mancher modernere Mini.

Weitere Informationen, technische Daten, viele Bilder, den Verkaufsprospekt und eine Geräuschprobe gibt es auf www.zwischengas.com.

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