Gesundheit

Diabetesmittel unter Verdacht für Kindesfehlbildungen

Nehmen Männer den Diabetes-Wirkstoff Metformin drei Monate vor der Zeugung ein, besteht ein um 40 Prozent höheres Risiko für Geburtsfehler beim Baby.

Sabine Primes
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Ein Diabetes-Wirkstoff steht in der Kritik.
Ein Diabetes-Wirkstoff steht in der Kritik.
Getty Images/iStockphoto

Die Zahl der Diabetes Typ-2 Erkrankten nimmt zu. Grund sind ungesunde Ernährung, Übergewicht und mangelnde Bewegung. Und das Schlimmste: Die Betroffenen werden immer jünger. Der Wirkstoff Metformin ist ein gängiges Medikament zur Behandlung des Typ-2-Diabetes. Es soll ein Enzym für die Glucosebildung in der Leber hemmen und die Aufnahme des Zuckers aus der Nahrung im Darm bremsen. 

Ob Metformin und andere Diabetesmittel sich auch auf die männliche Fortpflanzung auswirken, haben nun Maarten Wensink von der Universität Süddänemark in Odense und seine Kollegen untersucht. Die Studie nutzte nationale Register, um über 1 Million Geburten zwischen 1997 und 2016 zu verfolgen, und verglich das Risiko schwerer Geburtsfehler bei Babys auf der Grundlage der väterlichen Einnahme von Diabetesmedikamenten. In der Studie wurden nur Kinder beobachtet, die von Frauen unter 35 Jahren geboren und von Männern unter 40 Jahren gezeugt wurden. Babys, die von Frauen mit Diabetes geboren wurden, wurden ausgeschlossen. Die Forscher betrachteten Männer als metforminexponiert, wenn sie in den drei Monaten vor der Empfängnis ein Rezept für Metformin einlösten – also in dem Zeitraum, den Spermien brauchen, um vollständig zu reifen.

Mehr Missbildungen bei väterlicher Metformin-Einnahme

Der Studie zufolge lag die Häufigkeit von Geburtsfehlern bei Kindern von Männern, bei denen ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert wurde, die aber kein Metformin einnahmen, bei 3,1 Prozent (1.594 Kinder), bei Kindern deren Väter Metformin eingenommen hatten bei 4,6 Prozent (788). Genitale Geburtsfehler, die nur bei männlichen Säuglingen auftraten, waren in der Studie der einzige Geburtsfehler, der mit einem statistisch signifikant erhöhten Risiko nach väterlicher Metformin-Einnahme in Verbindung gebracht wurde. Männer, die vor oder nach der dreimonatigen Spermienreifungszeit Metformin einnahmen, hatten kein erhöhtes Risiko, ein Kind mit Geburtsfehlern zu bekommen. Interessanterweise zog die die mütterliche Einnahme von Insulin, Metformin oder Sulfonylharnsäure keine erhöhte Fehlbildungsrate nach sich.

Allerdings: Einen kausalen Zusammenhang kann die Studie nicht beweisen. Ob das Metformin tatsächlich die Ursache der Fehlbildung bei den Kindern ist, lässt sich allein aufgrund dieser Daten noch nicht belegen. Die Forscher verweisen auf weitere nötige Untersuchungen.

Insulin und andere Diabetesmedikamente

Da frühere Forschungen gezeigt haben, dass Diabetes die Spermienqualität beeinträchtigen und die Fruchtbarkeit des Mannes mindern kann, verglichen die Forscher auch die Geburtsfehlerraten bei Babys deren Väter Insulin einnahmen, mit Babys von Männern, die Metformin einnahmen. Einfach um sicherzustellen, dass eine Diabetesdiagnose selbst nicht zur Fehlbildung beitrug. So ist es auch: Laut Wissenschaftler war die Insulineinnahme nicht mit einer Veränderung der Fehlbildungsrate verbunden. Auch andere Diabetesmedikamente als Metformin wirkten sich nicht schädlich auf die Kindesentwicklung aus.

Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass ihnen keine Daten zu anderen Aspekten des Diabetes vorlagen, etwa wie gut die Männer ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle hatten oder wie therapietreu sie die Medikamente einnahmen, da sie nur Daten zum Zeitpunkt der Einlösung von Rezepten auswerteten. Außerdem waren die Eltern der Babys, die väterlicherseits mit Metformin behandelt wurden, in der Regel älter und nahmen neben dem Diabetesmittel häufig zusätzlich Medikamente gegen zu hohen Blutdruck oder Blutfettwerte ein. Das könnte ebenfalls eine Rolle spielen. Derzeit gibt es keine Warnungen der US Food and Drug Administration (FDA) vor der Einnahme von Metformin durch Männer mit Kinderwunsch.