Gesundheit

Übergewicht – 25 Prozent junger Männer wehruntauglich

Eine Auswertung von Bundesheer-Daten zeigt, dass der Anteil übergewichtiger junger Männer immer mehr zunimmt – bis zur Wehruntauglichkeit.

Sabine Primes
Je länger man stark übergewichtig ist, desto wahrscheinlicher kommt es zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Störungen des Fettstoffwechsels.
Je länger man stark übergewichtig ist, desto wahrscheinlicher kommt es zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Störungen des Fettstoffwechsels.
Getty Images/iStockphoto

Übergewicht und Fettsucht (Adipositas) gehören zu den wesentlichen Gesundheitsproblemen der Industrieländer. Laut Statistik Austria sind in Österreich 3,7 Millionen Menschen über 15 Jahre übergewichtig und rund 17 Prozent von ihnen haben Adipositas. Bereits im Alter von acht Jahren sind jeder dritte Bub und jedes vierte Mädchen übergewichtig oder adipös.

Über 870.000 Daten analysiert

Wie eine Studie in "Obesity Surgery" jetzt deutlich zeigt, haben vor allem Adipositas der Grade 2 und 3 überproportional zugenommen. Ein Forschungsteam um Gerhard Prager, Leiter der Adipositas-Ambulanz der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie der MedUni Wien, erhob nun in einer Langzeit-Studie (2003-2018) anhand der Gesundheitsdaten junger Männer bei der Stellung beim österreichischen Bundesheer.

Laut Prager zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen hohem Body-Mass-Index (BMI) und einem niedrigeren Bildungsgrad sowie sozioökonomischen Status.

Bei 874.220 Männern im Alter von 18 Jahren wurde der BMI bei der Stellung ermittelt. Der durchschnittliche BMI stieg von 22,0 im Jahr 2003 auf 22,8 im Jahr 2018. Übergewicht (wird ab einem BMI von 25 diagnostiziert) stieg von 15,3 Prozent auf 20,4 Prozent. Adipositas I (ab BMI von 30) nahm von 4,2 Prozent auf 7,1 Prozent zu, Adipositas 2 (ab BMI von 35) von 1,2 Prozent auf 2,5 Prozent und Adipositas 3 (ab BMI von 40) von 0,4 Prozent auf 0,8 Prozent.

25,7 Prozent der jungen adipösen Männer wurden für den Wehrdienst als untauglich bzw. teiltauglich eingestuft.

Adipositas ist eine ernstzunehmende Erkrankung

"Problematisch ist, dass Jugendliche die Adipositas ins Erwachsenenalter mitnehmen. Je länger man stark übergewichtig ist, desto wahrscheinlicher kommt es zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Störungen des Fettstoffwechsels", so Prager. Je höher der BMI sei, desto höher wäre auch die Anzahl der Begleiterkrankungen. Problematisch sei es auch, dass Adipositas "noch immer nicht als ernstzunehmende chronische Erkrankung gesehen wird, sondern als Lifestyle-Angelegenheit", so Prager weiter.

Für Menschen mit Adipositas sei es kaum möglich, mittels Nahrungsreduktion und Bewegung dauerhaft an Gewicht zu verlieren. In der Therapie werde nach einem "Stufenplan" vorgegangen. Zuerst versuche man, den Lebensstil zu ändern, wodurch langfristig 5 bis 10 Prozent an Gewichtsverlust möglich wären. Die nächste Stufe sei eine medikamentöse Therapie, die mittelfristig 15 Prozent an Gewichtsverlust leistet. "Es gibt gut wirkende Medikamente, doch diese werden derzeit nicht von den Gesundheitskassen übernommen. Das sollte geändert werden". Ebenfalls änderungsbedürftig sei für den Chirurgen, dass in der Stufe drei, wo es um Operationen zur Verkleinerung des Bauchumfanges gehe, jede einzelne Operation bewilligungspflichtig ist.

Online-Angebot am Welt-Adipositastags am 4. März 2022
Experten der MedUni Wien sowie Betroffene bieten sachkundige Informationen aus erster Hand und schlagen Lösungen vor, wie man die Lebensqualität und Gesundheit erhalten oder zurückgewinnen kann. Spezialisten gehen dem Zusammenspiel von Adipositas und Hormonen auf den Grund, und es werden neue Therapieoptionen von Diäten über medikamentöse Behandlungen bis zur gewichtsverringernden Chirurgie diskutiert. Auch das Thema Adipositas bei Jugendlichen wird in zwei Vorträgen behandelt, ebenso wie der Zusammenhang zwischen Adipositas und schweren Verläufen bei einer COVID-19 Erkrankung.
Infos unter https://www.meduniwien.ac.at/adipositastag