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Die größten Rapid-Skandale seit dem letzten Titel

Nach dem 2:7 gegen Salzburg steht fest: Auch heuer bleibt Rapid ohne Titel, zum zwölften Mal in Folge. Die Stimmung ist im Keller – schon wieder.

Erich Elsigan
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Der "Hass-Grieche" beim Platzsturm 2011
Der "Hass-Grieche" beim Platzsturm 2011
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"Es wird Zeit, dass bei Rapid wieder einmal über Erfolge diskutiert wird – über Meisterschaften, über Cup-Siege. Aber es wird mir bei Rapid immer zu viel über Skandale gesprochen." Mit dieser Meinung steht Andreas Herzog nicht alleine da. Der 51-jährige Publikumsliebling feierte in den späten 1980er-Jahren als Spieler große Erfolge in Hütteldorf. 

Doch mittlerweile wartet Österreichs populärster Klub seit 2008 auf Zuwachs im Trophäenschrank. Denn mehr als punktuelle Achtungserfolge (Einzug ins Pokal-Finale, Überstehen der Europa-League-Gruppenphase) waren nicht drin.

An Negativ-Schlagzeilen mangelte es in diesen zwölf Jahren jedoch nicht. Jüngstes "Lowlight": ein sexistische Plakat, das trotz Geisterspiel im "Block West" hängen durfte."Heute" stöberte im Archiv und fand weitere Geschichten, die Rapid lieber aus dem Gedächtnis streichen würde. 

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Sexismus-Plakat

Am 21. Juni 2020 stieg im Allianz Stadion das Liga-Match gegen Hartberg. Wegen der Coronavirus-Pandemie waren keine Zuschauer erlaubt. Im verwaisten "Block West" hing dennoch ein riesiges Spruchband. Allerdings vergriffen sich die Texter in der Wortwahl, ein sexistischer Reim war die Folge. Der öffentliche Aufschrei war groß, nur bei Rapid schien das zunächst niemand zu verstehen. "Es gibt keinen Skandal", meinte etwa Geschäftsführer Christoph Peschek kurz nach dem Spiel. Begründung: "Meinungsfreiheit endet nicht am Stadiontor." Am Tag danach ruderten die Hütteldorfer zurück, entschuldigten sich per Aussendung. Der Image-Schaden war damit nicht zu reparieren. Das Ethik-Komitee der Bundesliga leitete zudem ein Verfahren ein. 

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Fall Wöber

Auch in dieser Episode spielt ein Transparent die Hauptrolle. Zur Vorgeschichte: Maxi Wöber, einst von den Fans geliebtes Abwehr-Talebnt, wechselte 2017 um acht Millionen Euro zu Ajax, brachte Rapid also viel Geld ein. Nach einem weiteren Transfer nach Sevilla landete der ÖFB-Kicker schließlich bei Red Bull Salzburg. In den Augen einiger Anhänger pure Verhöhnung. Sie reagierten mit wüsten Beschimpfungen im ersten Saison-Duell 2019 – obwohl der damals 21-Jährige gar nicht im "Bullen"-Kader stand. Der wahre Eklat folgte aber im nächsten Heimspiel. Auf der VIP-Tribüne hing ein Plakat mit den Worten: "So ist Rapid nicht, sorry Familie Wöber!" Den Ultras passte das gar nicht. Sie verschafften sich ohne Akkreditierung Zutritt zur Loge und montierten die Botschaft ab. Konsequenzen gab es für die selbsternannte "Transparent-Polizei" keine. Christoph Peschek argumentierte, das Plakat sei nicht angemeldet gewesen.

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Journalisten Terroristen

Rapid und die Fan-Transparente, Teil drei. "Die wahren Verbrecher hier seid ihr – Journalisten Terroristen", reimte der "Block West" im August 2017, kurz nachdem bei einem Anschlag in Barcelona mehrere Menschen getötet wurden. Der Klub gab später an, im Vorfeld nichts vom Inhalt des Banners gewusst zu haben, daher gab es auch keine Genehmigung. Michael Krammer, der damalige Vereins-Boss, drückte per Presseaussendung sein "Bedauern über die Wortwahl" aus und distanzierte sich im Namen der Hütteldorfer vom Geschriebenen.

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Fall Entrup

Offensiv-Talent Max Entrup wurde 2016 von Rapid verpflichtet, ein herzlicher Empfang sieht allerdings anders aus. "M. Entrup – Die Grüne Hölle wird für dich zum Inferno!", teilte ihm der harte Fan-Kern mit. Grund: Der Stürmer war in seiner Jugend Mitglied eines Austria-Fanclubs. Ein Umstand, der beim Scouting offenbar "übersehen" wurde. Entrup wurde nach nur sechs Monaten weiterverliehen, mittlerweile kickt er in Traiskirchen. "Einfach war die Zeit nicht. Zumindest weiß ich, dass die Mannschaft hinter mir stand. Genau wie die damalige Klub-Führung", erklärt Entrup ein Jahr später im "Heute"-Interview.

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Im Bett mit den Ultras

Im November 2016 feuerte Rapid Coach Mike Büskens und Sportdirektor Andreas Müller. Ein halbes Jahr später brach Letztgenannter sein Schweigen und sparte nicht mit Kritik an der Vereinsspitze. "Ich bin nicht derjenige, der wie Krammer und Peschek mit den Ultras im Bett liegt", polterte Müller. Beim "Fall Entrup" – Müller hat den Transfer stets verteidigt – habe er sich von seinen Kollegen im Stich gelassen gefühlt. "Der Support im Block ist herausragend. Aber daraus einen Anspruch abzuleiten, in die Entscheidungen bei einem Verein einzugreifen – das ist kompletter Wahnsinn." Müller vermutete, sein kritischer Umgang mit den eigenen Anhängern sei ausschlaggebend für seine Entlassung gewesen. "Die Ultras sind mit mir nicht mehr klar gekommen. Die wollten mich weghaben." Peschek widersprach den Ausführungen des 57-Jährigen.

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Autobahn-Aussprache

Im April 2017 kassierte Rapid eine 0:3-Pleite in Ried. Am Heimweg geschah Sonderbares. "Haben Bus von der Autobahn geholt um der Mannschaft die Leviten zu lesen", protzten die "Ultras" auf ihrer Website. "Wir haben den Mannschaftsbus in Ried in Ruhe gelassen, denn jegliche Versuche, irgendwas zu starten, wären mit großer Wahrscheinlichkeit in einer Straßenschlacht mit der mehr als motivierten oberösterreichischen Polizei ausgeartet. Wir haben uns für die unauffälligere Variante entschieden." Rapid erklärte, das Treffen sei im Vorfeld ausgemacht worden. Man wollte nicht vor TV-Kameras, sondern in Ruhe mit den Fans diskutieren. 

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Der Polizei-Kessel

16. Dezember 2018, kurz vor dem 328. Wiener Derby: 1.300 Rapid-Anhänger sind am Weg zur Generali-Arena. Schnell verbreitet sich die Meldung, einige Fanmarsch-Teilnehmer hätten pyrotechnische Gegenstände, Getränkedosen und Schnee auf die Südost-Tangente geworfen. Die A23 wurde für zehn Minuten gesperrt. Die Polizei schritt ein, überprüfte die Identität sämtlicher Fans, darunter Frauen und Kinder. Die Aktion dauerte rund sechs Stunden lang, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, ohne Verpflegung. Die "Eingekesselten" verpassten das Match (1:6), klagten die Behörden – und bekamen zum Teil recht.

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Kickl im Fadenkreuz

Einige Szene-Kenner vermuten, der "Polizei-Kessel" sei eine Art Rache gewesen. Denn wenige Wochen davor hissten vermummte Rapid-Anhänger ein Transparent, das den damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und ÖVP-Polizeisprecher Karl Mahrer im Fadenkreuz zeigte. Das Duo forcierte die Aufhebung der Pyrotechnik-Ausnahmeregelung. Der Verfassungsschutz schaltete sich ein. Rapid sah kein Vergehen. Der Verein würde das Banner "nicht übermäßig schätzen, aber es ist strafrechtlich nicht relevant", erklärte Vizepräsident Nikolaus Rosenauer.

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Attacke auf Austria-Talent

Eine der dunkelsten Stunden der letzten zwölf titellosen Jahre war jene im April 2014. Wenige Tage vor dem Derby wurde Austrias U19-Kicker Valentin Grubeck nach dem Training am Gelände der Generali-Arena von rund 15 vermummten Rapid-Hooligans attackiert – und verletzt (Brustkorbprellung, Prellungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, Abschürfungen an den Knien und Händen). Die "Chaoten" hatten zuvor versucht, das Fanzentrum der "Veilchen" zu entern, wo gerade Choreografien erstellt wurden. Rapid verurteilte die Geschehnisse "aufs Schärfste. Die mutmaßlichen Täter müssten mit "strikten Konsequenzen" wie Vereinsauschluss oder Stadionverbot rechnen, hieß es. Vor Gericht wurden acht Angeklagte freigesprochen, zwei Täter kamen mit drei Monaten bedingter Haft davon. Grubeck kickt mittlerweile bei der SV Ried.  

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Hofmann vs. Holzhauser

Das 322. Derby am 6. August 2017 stand am Rande des Abbruchs. Rapid-Fans warfen Feuerzeuge und eine Fahnenstange in Richtung Raphael Holzhauser, der in der 87. Minute beim Stand von 2:2 einen Eckball ausführen wollte. Schiedsrichter Alexander Harkam unterbrach die Partie für einige Minuten, schickte beide Teams in die Kabine. Nach Wiederanpfiff zögerte Holzhauser die Ausführung des Corners einige Sekunden hinaus. Der "Block West" drohte erneut zu eskalieren, Reservist Steffen Hofmann lieferte sich ein verbales Privatduell mit dem Austrianer, forderte ihn auf, endlich weiterzuspielen. Ein wütender, wild gestikulierender Ordner war die Würze der kuriosen Szene. "Das sind die Emotionen, das sind Fans. Wir leben von den Fans, und so was passiert halt im Fußball leider auch", nahm Coach Goran Djuricin das Geschehen zur Kenntnis. Die Bundesliga leitete jedoch ein "verbandsinternes Verfahren" ein.

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Stangenwurf in der Südstadt

Wenige Wochen später stand die nächste Rapid-Partie kurz vor dem Abbruch. In der Südstadt (!) warfen verärgerte Schlachtenbummler Gegenstände auf den Rasen. Der Unparteiische, in diesem Fall Robert Schörgenhofer, schickte einmal mehr die Mannschaften in die Kabine. Danach konnte das Match beendet werden. Die Hütteldorfer verloren mit 1:3.

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Spuck-Affäre

Selbes Spiel, andere Baustelle. Rapid-Trainer Goran Djuricin rastete nach dem Abpfiff aus. Sogar einen gegnerischen Trainer soll er angespuckt haben. In einer Aussendung stellte er später klar, wie die Situation aus seiner Sicht war: "Ich war nach Spielende tatsächlich sehr aufgebracht und habe mich auf einen Disput mit einem Betreuer der Admira eingelassen, der mich schon während des Spiels mehrfach verbal attackiert hat und teilweise von seinen eigenen Kollegen eingebremst wurde. Meine Reaktion auf eine erneute Provokation von ihm nach dem Schlusspfiff war falsch. Aber die Unterstellung, dass ich ihn angespuckt hätte, möchte ich auf das Allerschärfste zurückweisen! Ich habe mich zu dieser Geste, die in dem Kulturkreis, in dem ich meine Wurzeln habe, hinreißen lassen und das Spucken angedeutet."

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"Gogo" zeigt den Mittelfinger

September 2018, Rapid bezwingt Mattersburg im Cup im Elfmeterschießen. Der von den Fans bereits angezählte Rapid-Trainer Goran Djuricin griff sich bei der Verabschiedung sichtlich erzürnt an den Kopf – offenbar mit dem Mittelfinger. "Ich wehre mich vehement dagegen, unsere eigenen Fans irgendwie zu beschimpfen. Das würde ich im Traum nicht machen", wiegelte "Gogo" später ab. Rückendeckung erhielt er von Sportdirektor Fredy Bickel, der bei der Pressekonferenz ein Statement verlas. "Es ist sich niemand sicher, was wirklich war. Für mich geht das in Richtung Rufschädigung." Fakt ist: Von der VIP-Tribüne musste sich der Rapid-Trainer ab der ersten Minute Beschimpfungen gefallen lassen. "Ich musste mich zusammennehmen, dass ich nicht auf die Tribüne raufgestürmt bin", war Bickel erbost. 

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Der Valencia-Skandal

Im Februar 2016 schied Rapid in der Europa League gegen Valencia aus. Gesamtscore: 0:10. Beim Auswärtsspiel durften die Rapid-Ultras ihre Plakate nicht im Stadion aufhängen. Die Revanche folgte im Rückspiel. Im Happel-Stadion wurden die Gäste aus Spanien auf mehreren Spruchbändern übel beschimpft, die Vereinsführung bedroht. "Ich habe die UEFA gebeten, die Plakate entfernen zu lassen. Der Bogen wurde überspannt", polterte Valencia-Trainer Gary Neville. Rapid wurde zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro verdonnert.

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Der Platzsturm

Der bis heute größte Skandal in der titellosen Ära war der Platzsturm 2011. Hunderte vermummte Chaoten enterten im Hanappi-Stadion beim Stand von 0:2 gegen die Austria den Rasen, lieferten sich Rangeleien, wollten die gegnerischen Anhänger attackieren. Szenen, die man in dieser Form in Österreich noch nie gesehen hatte. Der "Hass-Grieche" wurde zum Gesicht des Eklats. Schiedsrichter Thomas Einwaller sah die Sicherheit der Spieler nicht mehr gewährleistet, beendete das traurige Schauspiel. Von der Westtribüne war es ein Gewaltakt mit Ankündigung. Schon Tage zuvor kursierten im Internet Infos, dass man im Fall eines neuerlichen Misserfolges von Rapid "ein Zeichen setzen" werde. "Wir werden alles unternehmen, um diese Figuren auszuforschen. Wir werden dafür sorgen, dass diese Kapuzentypen das Stadion nicht mehr von innen sehen", stellte der damalige Präsident Rudi Edlinger klar. Die Ultras sahen in ihrem Vergehen keinen Fehler. "Lenken Sie nicht mit billigem Populismus vom absoluten Versagen der Verantwortlichen und der Mannschaft Rapids ab", richteten sie Edlinger aus. Die Liga-Strafe für die Grün-Weißen fiel überaus mild aus: ein Geisterspiel, 50.000 Euro Strafe.

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Der Wahlkampf

Ende 2019 wurde ein neuer Rapid-Präsident gewählt. Und erstmals in der Klub-Geschichte gab es mehr als einen Kandidaten. Sprich: ein Wahlkampf musste geführt werden. Der fiel mitunter schmutzig aus. "Rapid ist nichts für Glücksritter. Diese Leute haben keine Ahnung von Rapid", warnte etwa Ex-Boss Rudi Edlinger vor der Liste von Kandidat Roland Schmid. Einige Legenden, darunter "Heute"-Kolumnist Peter Pacult, übten Kritik. "Herr Edlinger ist eine Respektsperson, aber im Wahlkampf ist scheinbar alles erlaubt, da gibt es keine Fairness. Er kennt das aus der Politik." Ursprünglich hegten drei Personen den Plan, die Nachfolge von Michael Krammer anzutreten. Der Klub versuchte lange, eine Kampfabstimmung zu verhindern. "Lasst die Mitglieder frei wählen. Es kann nicht sein, dass nur eine Liste zugelassen wird. Wir wollen Fairplay im Rapid-Präsidentschafts-Wahlkampf", forderten Hans Krankl, Ernst Dokupil und Co. Am Ende ging der Wahlsieg an die Liste von Martin Bruckner – allerdings denkbar knapp. 1.095 Stimmen zu 926 Stimmen lautete das Endergebnis für den von Krammer und den Ultras forcierten 55-Jährigen.

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"Sportliche" Skandale

Nicht nur abseits, auch auf dem Feld ereigneten sich Skandale, wenn es nach den Fans geht. Sie stellen hohe Ansprüche an die eigene Mannschaft, den Rekordmeister. In den vergangenen Jahren wurden diese nicht erfüllt. Das verpassen der Meisterrunde 2019 sorgte in Hütteldorf für dunkle Wolken. Die Fans träumten vor der Saison von einem Angriff auf die Bullen, stattdessen spielte Rapid in der Abstiegsrunde.

Am 16. Dezember 2018, dem Tag des Polizeikessels, kassierten die Hütteldorfer eine historische Derby-Niederlage bei der Austria. Rapid ging 1:6 unter - die höchste Derby-Klatsche seit fast 50 Jahren. Am 25. Juni 2020 mussten die Wiener gar die höchste Bundesliga-Niederlage der Vereinsgeschichte hinnehmen. Red Bull Salzburg fertigte sie im eigenen Stadion mit 7:2 ab. 

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    Die jungen Wilden von Rapid
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