Wien

Die Uhr tickt – in Wien fehlt der Uhrmacher-Nachwuchs

Um den Beruf des Uhrmachers steht es nicht gut, Nachwuchs wird händeringend gesucht. Einer davon ist Noah (17) – für ihn ist es der Traumjob.

Yvonne Mresch
Für Noah (17) kommt kein anderer Beruf als der des Uhrmachers in Frage. Nach der Fachschule möchte er den Meister machen.
Für Noah (17) kommt kein anderer Beruf als der des Uhrmachers in Frage. Nach der Fachschule möchte er den Meister machen.
Sabine Hertel

In der Werkstätte von Hans Mikl in der Wiener City wird eifrig gereinigt, poliert und repariert. Unterstützung bekommen die erfahrenen Uhrmacher hier von Noah. Der 17-jährige besucht die Fachschule für Präzisions- und Uhrentechnik in Niederösterreich und absolviert in Wien ein Praktikum. Sein Traumberuf: Uhrmacher.

Viel Arbeit, wenig Personal

Noah ist einer der wenigen, die sich heute noch für diesen Berufsweg entscheiden. Im Sommer schlug die Wirtschaftskammer Wien Alarm: Finden sich keine Lehrlinge, droht der Wiener Berufsschule das Aus. Von rund 400 Uhrmacherbetrieben in Österreich befinden sich 65 in Wien. 11 Lehrlinge werden derzeit ausgebildet – und Nachwuchs wird dringend gesucht, wie auch Uhrmacher Hans Mikl weiß.

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    Geduld und Genauigkeit sind in diesem Beruf gefragt.
    Geduld und Genauigkeit sind in diesem Beruf gefragt.
    Sabine Hertel

    "Es ist schwierig Leute zu finden, das ist das Traurige. Denn es gibt viel Arbeit und man müsste sich in dieser Branche nie Sorge um einen Job machen." Gerade weil er so selten geworden ist, zählt Uhrmacher zu einem sehr gefragten Beruf, die Nachfrage ist enorm. Für Mikl liegt das Problem in der Gesellschaft: "Jahrzehntelang wurde die Lehre abgewertet, sie ist immer noch negativ behaftet. Das muss sich endlich ändern. Hinzu kommt, dass der Job nicht so bekannt ist wie andere."

    "Wenn ich eine Uhr repariert habe, macht mich das glücklich"

    Praktikant Noah erfuhr über eine Berufsinfomesse vom Job. "Es hat mich gleich interessiert", erzählt er. Und die Entscheidung stand bald fest. "Freunde und Familie waren zuerst überrascht, weil das doch etwas ungewöhnlich ist. Aber heute finden sie es cool", strahlt er. Seit vier Jahren besucht Noah die Fachschule, möchte danach seinen Meister machen. Der 17-jährige hat seinen Traumberuf gefunden – und weiß auch warum: "Es ist das Ergebnis, das mir Freude macht. In einem handwerklichen Beruf sehe ich, was ich geleistet habe. Wenn ich eine Uhr frisch serviciert habe und sie sehe, macht mich das glücklich. Ich habe etwas in der Hand." 

    "Er hat auch Talent dafür, ist handwerklich geschickt", lobt der Chef. Denn, so Mikl, der Beruf sei auch nicht für jeden geeignet. "Man muss analytisches sowie räumliches Denken und vor allem Geduld haben. Tut man etwas Unüberlegtes, kann es schnell zu einem großen Schaden kommen. Und man muss dran bleiben, denn oft ist es hier nötig, den längeren Weg zu gehen." An Geduld mangelt es Noah nicht, doch auch für ihn ist die Arbeit manchmal eine Herausforderung: "Wir arbeiten mit sehr kleinen Teilen. Wenn man dann etwas verliert oder runterfallen lässt, ist das ärgerlich", lacht er.

    Teuerungen treffen auch Uhrenbranche

    Eine weitere Herausforderung ist der Fachkräftemangel in anderen Bereichen: "Bei Lieferungen haben wir oft lange Wartezeiten", so Mikl. "Da kann man auch einmal acht Monate auf einen Zeiger warten. Das wird im Weihnachtsgeschäft schwierig." Auch die Teuerungen machen vor der Branchen nicht Halt: "Wir mussten die Preise natürlich auch anheben, aber im vernünftigen Rahmen, im einstelligen Prozentbereich", so der Inhaber. Im Alltagsgeschäft spüre man den Rückgang an Kunden nur im niedrigeren Preissektor: "Wir verkaufen Luxus. Wer sich solche Uhren leistet, hat dann meist auch kein Problem, wenn die Reparaturkosten etwas ansteigen."

    WKO-Berufsgruppensprecher: "Viele Uhrmacher stehen vor Pensionierung"

    Ähnlich sieht das Johannes Barotanyi, Berufsgruppensprecher der Wiener Uhrmacher der Wirtschaftskammer Wien. "Eine Uhr in dieser Preisklasse schmeißt man nicht weg. Und für die Reparaturen braucht es geschulte Uhrmacher, von denen es derzeit zu wenige gibt." Viele stünden bereits vor der Pensionierung, zu wenige kämen nach. "Eltern sehen es immer noch lieber, wenn ihre Kinder studieren gehen. Alle lieben das Handwerk, aber nicht für das eigene Kind", so Barotanyi, der sich hier ein Umdenken und gleichzeitig mehr Wertschätzung für den Beruf erhofft – denn das persönliche Gespräch mit dem Uhrmacher ist "immer noch etwas anderes als ein anonymer Kauf."

    Wer sich für den Beruf Uhrmacher interessiert und eine Ausbildung oder Lehr anstrebt, kann sich über die Fachschule Karlstein sowie auf den Serviceseiten der Wirtschaftskammer weiter informieren.

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