Gesundheit

Diese Bakterien verursachen im Herbst schwere Krankheit

Ärzte befürchten im Herbst und Winter vermehrte Pneumokokken-Infektionen und empfehlen dringend die Impfung für Kinder und Erwachsene ab 50.

Sabine Primes
Es gibt mehr als 90 verschiedene Pneumokokken-Stämme., die eine Vielzahl an Krankheiten verursachen. Eine Impfung kann das Risiko einer Erkrankung bzw. deren Komplikationen um bis zu 90 Prozent verringern.
Es gibt mehr als 90 verschiedene Pneumokokken-Stämme., die eine Vielzahl an Krankheiten verursachen. Eine Impfung kann das Risiko einer Erkrankung bzw. deren Komplikationen um bis zu 90 Prozent verringern.
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Experten befürchten vermehrte Pneumokokken-Infektionen in Herbst und Winter. "Es ist sogar anzunehmen, dass wir wieder jenes Level an Infektionen erreichen werden, das wir vor der Pandemie hatten, eventuell sogar ein höheres", warnt Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung für Impfwesen im Gesundheitsministerium. Es gibt mehr als 90 verschiedene Pneumokokken-Stämme. Seit diesem Jahr seien erstmals neue Konjugat-Impfstoffe vorhanden, die noch mehr Stämme als bisher abdecken.

Als Pneumokokken werden Bakterien bezeichnet, die den Nasen-Rachen-Raum besiedeln aber nicht immer zu Krankheitssymptomen führen. Das Bakterium wird durch Sprechen, Husten oder Niesen (Tröpfcheninfektion) übertragen. Ein Großteil der schwer verlaufenden Pneumokokken-Erkrankungen betrifft Kinder unter 5 Jahren sowie Senioren. Trotz Therapie mit Antibiotika und Intensivmedizin ist die Sterblichkeit bei einer schweren Pneumokokken-Erkrankung hoch.
Pneumokokken können eine Vielzahl von Krankheiten verursachen:
Lungenentzündung: Beginnt mit hohem Fieber, schwerem Krankheitsgefühl, Husten und Atemnot und kann als Krankheitsfolge die Verbreitung der Bakterien in den ganzen Körper haben. Die Folge kann eine tödliche Blutvergiftung sein oder auch den Herzbeutel betreffen. Manchmal verläuft sie so schnell, dass auch eine sofortige Behandlung mit Antibiotika den Tod der Betroffenen nicht mehr verhindern kann.
Akute Mittelohrentzündung: Ausgehend vom Ohr kann diese vor allem bei Kindern auftretende Krankheitsform schwere Folgen hervorrufen, wie eine eitrige Hirnhautentzündung oder einen Verschluss (Thrombose) von wichtigen Hirngefäßen.
Akute eitrige Hirnhautentzündung: Bei dieser höchst gefährlichen Form der Pneumokokken-Erkrankung kann es neben hohem Fieber zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheue und Nackensteifigkeit bis hin zu Bewusstseinsstörungen, Desorientiertheit, Krämpfen, tiefer Bewusstlosigkeit kommen und sogar bis zum Tod führen.
Auch die Nebenhöhlen, die Herzinnenhaut, das Bauchfell (Bauchfellentzündung) und die Gelenke im Sinne einer Gelenkentzündung (Arthritis) können von Pneumokokken-Erkrankungen betroffen sein.

Impfung reduziert Risiko um 90 Prozent

"Wichtig ist aber vor allem, dass sich die Menschen überhaupt impfen lassen" appelliert Paulke-Korinek. Außerdem könnten Pneumokokken-Impfungen auch gleichzeitig mit jenen gegen Influenza oder Covid-19 durchgeführt werden. So soll auch mit einer neuen Werbekampagne unter dem Motto "Pneumokokken stoppen" auf die Schutzimpfung aufmerksam gemacht werden. Eine Impfung kann das Risiko einer Pneumokokken-Erkrankung bzw. deren Komplikationen um bis zu 90 Prozent verringern.

2021 wurden 404 Pneumokokken-Erkrankungen registriert. Gegenüber dem ersten Pandemiejahr 2020 wäre dies bereits ein deutlicher Anstieg. Die Gründe dafür seien, neben weniger Hygienemaßnahmen als in den Jahren zuvor, dass eine große Anzahl an Personen bereits eine Covid-Erkrankung hinter sich hätte, weshalb in weiterer Folge Schleimhäute geschädigt und die Immunabwehr geschwächt wurde.

Schulen als Infektionsherd

Die Impfung ist für Kinder in den ersten beiden Lebensjahren kostenfrei im Rahmen des Kinderimpfprogramms verfügbar. Es sollten insgesamt drei Impfungen im 3., 5. sowie 12.-14. Lebensmonat verabreicht werden. Ein wichtiger Infektionsherd seien unter anderem Schulen, denn auch dort fehlen Schutzmaßnahmen wie aus den Vorjahren. "Aus Erfahrung wissen wir, dass es dann noch vier bis acht Wochen dauert, bis diese Infektionen – darunter sind viele Pneumokokken-Infektionen – auch in den Familien ankommen", so Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf.

Erwachsene Risikogruppen

"Zwar wird die Pneumokokken-Impfung im Rahmen des kostenfreien Kinderimpfprogramms recht gut angenommen, das gilt aber nicht in diesem Ausmaß für Erwachsene", sagt Paulke-Korinek. Insbesondere Gruppen mit erhöhtem Risiko wie Raucher oder Personen mit erhöhtem Blutdruck seien sich der Gefahr nicht ausreichend bewusst. Laut Österreichischem Impfplan wird die Impfung für gesunde Erwachsene ab dem vollendeten 60. Lebensjahr und für Personen mit erhöhtem Risiko (Raucher, Personen mit erhöhtem Blutdruck oder Atherosklerose) ab dem 50. Lebensjahr empfohlen. Die zweiteilige Impfung wird in einem einjährigen Abstand mit zwei verschiedenen Impfstoffen verabreicht, um eine möglichst breite Schutzwirkung zu erzielen.

Für Personen mit einem hohen Risiko aufgrund chronischer Erkrankungen blutbildender Organe wird eine Wiederholung der sequenziellen Impfungen alle sechs Jahre altersunabhängig und mit einem verkürzten Impfschema empfohlen. Zu diesen chronischen Erkrankungen gehören unter anderem Lungenkrebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krankheiten der Atmungsorgane, Diabetes mellitus oder andere Stoffwechselerkrankungen, Leberzirrhose, chronische Niereninsuffizienz.

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