Österreich

Droht rechtsextremer Terror auch in Österreich?

Heute Redaktion
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Könnte ein Blutbad wie in Hanau auch in Österreich passieren? Ein Kriminalsoziologe mahnt die Behörden vor der Gefahr durch Rechtsextremismus: "Wo schaut ihr eigentlich hin?"

Die blutigen Anschläge in Christchurch, El Paso und Halle an der Saale haben alle eines gemeinsam: sie waren rechtsextrem motiviert. Auch der Schütze von Hanau, der am Mittwochabend neun ihm fremde Menschen, seine Mutter und sich selbst erschoss, soll aus tiefsitzendem Ausländerhass gehandelt haben.

Projektion der Schuld

Zwar sinkt – unter anderem aufgrund des Niedergangs des IS-Kalifats – weltweit die Zahl der Terror-Opfer, rechter Terror nimmt aber zu. In den vergangenen zehn Jahren haben sich rechtsextreme Angriffe in Europa, Nordamerika und Ozeanien verdreifacht, wie PULS4 jetzt berichtet. Auch in den Zielen lassen sich bestimmte Muster erkennen.

"Es richtet sich immer gegen Schwächere, oder gegen diejenigen von denen man annimmt, sie wären schuld für die eigene Misere", erklärt Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl gegenüber dem Sender (siehe Video oben). "Es geht also nicht nur um andere Religionen sondern auch bestimmte ethnische Gruppierungen. Also immer die, die man für das eigene Dilemma verantwortlich macht, werden dann zum Opfer solcher Straftaten."

"Wo schaut ihr eigentlich hin?"

Keine neue Gefahr, doch wurde sie laut Kreissl in der Vergangenheit nicht mit der entsprechenden Priorität behandelt. "Ich denke, dass Sicherheitsbehörden und Verfassungsschutz ein stärkeres Auge auf diese Bewegungen haben sollten, auch um ein besseres Verständnis zu haben." Manche dieser Netzwerke würden über Jahre hinweg bestehen und seien nicht auf dem Radar der Sicherheitsbehörden, so der Kriminalsoziologe: "Da muss man schon fragen: 'Wo schaut ihr eigentlich hin?'".

Auch der Schweizer Gewaltforscher Dirk Baier sieht in seiner Analyse des Rechtsextremismus in Deutschland eine falsche Priorisierung der Behörden: "Der Fokus lag in den letzten Jahren stark auf der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus und der Verhinderung solcher Anschläge. Da dort viele Ressourcen investiert wurden, kann es sein, dass die Behörden bei den Rechtsextremen weniger genau hinschauen konnten."

Gefahr in Österreich?

Das österreichische Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ermittelt aktuell gegen vier Gruppierungen mit rund 250 Verdächtigen. "Es handelt sich dabei um eine Zahl von Gerichtsverfahren gegen staatsfeindliche Verbindungen (§ 246 StGB) und dabei Beschuldigte. Das bedeutet aber nicht, dass all diese Personen der rechten Szene zuzurechnen sind", führt das Innenministerium in seiner Antwort auf eine Anfrage von PULS4 aus.

Droht also auch Österreich ein Terroranschlag von Rechtsextremen? "Man muss nicht Angst haben. Angst ist nie ein guter Ratgeber", stellt Kreissl dezidiert fest. Ausschließen könne man eine solche Bluttat aber nie: "Stellen sie sich vor, sie erhitzen Wasser. Sie wissen, ab 100 Grad kocht das, aber Sie können nicht sagen, wo die erste Blase hochkommt."