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Eine alltagstaugliche Rallye-Legende

Eigentlich gehörte der Lancia Stratos vor gut 40 Jahren nicht zu den Traumwagen. Er verkaufte sich nur schlecht. Heute sieht das anders aus.

Heute Redaktion
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Der Lancia Stratos war so ziemlich das erste Rallye-Auto, das eigens für diesen Zweck entwickelt und gebaut wurde. Die Straßen-Versionen, Stradale genannt, hatten nur die Zielsetzung, die sogenannten Homologationsbestimmungen (500 produzierte Autos) für die Zulassung zum Gruppe-4-Rennsport zu erfüllen.

Im Prinzip war der Stratos damit ein Vorläufer der späteren Gruppe-B-Boliden. Wer nun aber ein im Alltag untaugliches Gerät erwartet, wird positiv überrascht.

Vom Konzeptfahrzeug zur Serienausführung

1970 stand am Turiner Autosalon der Stratos HF Zero von Bertone, ein Konzeptfahrzeug mit Fronteinstieg und hyper-futuristischer Keilform. Angetrieben wurde es vom Motor der Lancia Fulvia. Obwohl fahrtauglich, eignete sich dieses Showcar natürlich nicht für eine Serienproduktion. Lancia benötigte aber ein neues Rallye-Auto, das gleichzeitig flach, breit, kurz und stark sein musste, einen Mittelmotor haben sollte und in kleiner Serie gebaut werden musste, um die Homologationsbestimmungen der Gruppe 4 zu erfüllen.

Also entwickelte Bertone im Auftrag von Lancia den Zero weiter und präsentierte das Ergebnis bereits ein Jahr später in Turin, lackiert in glanzlosem, aber fluoreszierenden Signalrot. Der Motor kam von Ferrari und tat in ähnlicher Form im Fiat Dino und im Dino 246 GT Dienst. Beim Stratos war er hinter der Passagierkabine quer eingebaut. Rennmäßige Einzelradaufhängungen, aufklappbare Front- und Heckverkleidungen und ein enges Cockpit für zwei Personen rundeten das Paket ab. Im Herbst 1973 setzte die Serienproduktion ein.

Kein großer Erfolg auf der Straße

Unterdessen fuhr der Lancia bereits von Sieg zu Sieg. Die Rennkarriere sollte auf höchster Ebene bis 1981 dauern, viele Rallye-Siege folgten, aber auch auf der Rundstrecke und bei Straßenrennen fuhr er viele Erfolge ein.

Im Verkauf bewährte sich der Stratos allerdings deutlich schlechter als auf den Rallye-Pfaden. Die letzten Neuwagen verkauften sich kaum, sondern standen in Turin auf der Halde. Die Rabatte, die ein Kaufinteressent offeriert bekam, waren mehr als großzügig. Knapp 495 Stratos sollen insgesamt gebaut worden sein, noch in den 1990er-Jahren waren sie günstig zu haben.

Inzwischen hat sich das deutlich geändert und ein gut erhaltener Stratos wechselt schon einmal für ein paar Hunderttausend Euro den Besitzer.

Fahrspaß auf normalen Wegen

3,71 Meter Länge und 2,16 Meter Radstand, der Lancia Stratos ist etwa so lang wie ein Ur-Golf, die Achsen sind kaum weiter auseinander als beim Ur-Mini. Dass der Einstieg eine gewisse Gelenkigkeit voraussetzt, versteht sich bei 1,114 Metern Höhe von selbst, zumal die Sitze stark zur Mitte hin montiert sind. Einmal Platz genommen, fällt die extreme Nähe zur Windschutzscheibe und zum Innenrückspiegel auf. Sollte man deutlich über 1,80 Meter groß sein, dann muss der Kopf geneigt werden, damit man oben nicht anstösst.

Einmal losgefahren, zeigt der Stratos seine zweite Natur. Er ist nämlich komfortabler und weniger laut als erwartet. Große Kraftanstrengungen braucht es nicht, das Fahrwerk zeigt sich schluckfreudig. Man könnte tatsächlich auch im Alltag einen Stratos benutzen, solange man mit den 145 Litern Gepäckvolumen auskommt.

Was dem Stratos immer gelingt, ist, einen "Keil" zwischen Alltagsstress und -sorgen zu schlagen. Kaum ist die Türe zugeschlagen, findet man sich in einer anderen Welt wieder. Die Welt des Rallye-Seriensieger Sandro Munari halt.

Weitere Informationen, viele historische und aktuelle Fotos sowie ein Tonmuster finden sich auf www.zwischengas.com.