Coronavirus

Enthüllt – ja, es erkranken mehr Geimpfte an Corona

An Covid-19 erkranken vor allem die, die dagegen geimpft sind – das wiederholen Gegner der Corona-Impfung immer wieder. Damit liegen sie richtig.

An Covid-19 erkranken vor allem die, die gegen das Virus geimpft sind – das wiederholen Gegner der Corona-Impfung immer wieder. Damit liegen sie richtig, allerdings ziehen sie daraus die falschen Schlüsse.
An Covid-19 erkranken vor allem die, die gegen das Virus geimpft sind – das wiederholen Gegner der Corona-Impfung immer wieder. Damit liegen sie richtig, allerdings ziehen sie daraus die falschen Schlüsse.
REUTERS

"Krank sind vor allem die Geimpften." Solche oder so ähnliche Aussagen über die Covid-19-Impfungen sind in den sozialen Medien häufig zu lesen. Angeblich zeige das, dass die Impfungen nichts taugen. Einige User und Userinnen behaupten sogar, die Impfstoffe gegen Sars-CoV-2 schwächten das Immunsystem oder führten zu schlimmeren Grippeverläufen.

Doch: Es ist nicht so, wie es auf den ersten, schnellen Blick scheint. Zwar infizieren sich tatsächlich mehr geimpfte als ungeimpfte Personen mit dem Coronavirus, daraus ziehen Impf-Gegner aber die falschen Schlüsse. Es lässt sich nämlich nicht daraus schließen, dass die Covid-19-Impfung wertlos ist oder sie die Geimpften anfälliger für Corona macht. 

Statistikerinnen und Statistiker nennen den Irrtum, dem so Argumentierende dabei aufsitzen, Prävalenzfehler (Base Rate Fallacy). Er bezeichnet das Phänomen, dass bei der Betrachtung bedingter Wahrscheinlichkeiten vergessen wird, die Grundgesamtheit zu berücksichtigen. Das heißt im konkreten Fall: Bei der Rechnung wird die absolute Zahl der Geimpften und Ungeimpften außer Acht gelassen.

"So käme man zum Schluss, dass es besser ist, betrunken zu fahren und sich nicht anzuschnallen, will man überleben."

In Österreich sind laut Impfdashboard des Gesundheitsministeriums rund 56 Prozent der impfbaren Bürger grundimmunisiert (mindestens drei Impfungen). 1.567.419 Menschen haben zudem zumindest eine Auffrischungsimpfung (mindestens vier Impfungen) erhalten. Das bedeutet grob gerechnet ein Verhältnis von ungefähr ein Verhältnis von drei zu eins bei Geimpften und Ungeimpften. Da sei es ganz logisch, dass sich mehr Geimpfte infizieren. Schließlich gebe es weit mehr von ihnen, so Manfred Kopf von der ETH Zürich.

Den Fehler, dem die Impfgegnerinnen und Impfgegner aufsitzen, verdeutlicht der Professor für Molekulare Biomedizin mit einem weiteren Beispiel: "Die meisten Toten bei einem Verkehrsunfall waren angeschnallt und nüchtern. Vernachlässigt man, dass 99 Prozent aller Autofahrer angeschnallt und nüchtern sind, käme man zum Schluss, dass es besser ist, betrunken zu fahren und sich nicht anzuschnallen, will man überleben."

Auch auf Social Media wird schon lange versucht, mit Bildern, Erklärungen und Grafiken gegen den Prävalenzfehler vorzugehen:

Covid-19-Impfung reduziert Risiko schwerer Verläufe

Die Impfung schützt vor schweren Krankheitsverläufen. Aber eine Ansteckung mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 und dessen Weitergabe an andere ist, wie man heute weiß, auch bei Geimpften und Genesenen möglich. Ob und wie die neuen, angepassten Booster von Moderna und Biontech/Pfizer bei der derzeit dominanten Omikron-Untervariante BA.5 vor Ansteckung schützen, ist noch offen. Christian Münz, Professor für virale Immunbiologie an der Uni Zürich, geht davon aus, dass es "wohl etwas Schutz vor Ansteckung" gibt, wie er auf Beobachter.ch (Bezahlartikel) sagt. "Aber dieser wird nicht perfekt und nicht dauerhaft sein."

Allerdings sind die derzeit zugelassenen angepassten Impfstoffe gegen die Ursprungsvariante und den Omikron-Abkömmling BA.1 gerichtet. Beide Varianten spielen hierzulande keine Rolle mehr. Ein auf die derzeit zirkulierenden Varianten BA.4/BA.5 angepasster Impfstoff ist unter anderem in Deutschland und Österreich bereits zugelassen. Auch in der Schweiz haben Moderna und Pfizer/Biontech ein Zulassungsgesuch gestellt. Beide befinden sich noch bei Swissmedic in Begutachtung.