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Er war das erste "Auto des Jahres"

1968 erschien der Rover P6 3500 V8. Mit dem Achtzylinder war er endlich auch für die Lords im Oberhaus ein standesgemäßes Auto.

Heute Redaktion
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Wie fühlte sich das wohl so an, wenn man einst als Angehöriger des britischen Oberhauses nach der Arbeit zum Club fuhr? Im Rover 3500 kann man dieses Gefühl auch heute noch nachvollziehen. Der Übergang von Arbeit zu Freizeit ergibt sich so fast schon fließend.

Im Jahr 1964 wurde der Rover P6 als Zweiliter zum ersten "Auto des Jahres" gewählt. Es war kein Zufall, denn die Rover-Ingenieure hatten damals tatsächlich mit einem weißen Stück Papier begonnen und alles neu konstruiert, selbst den Zweilitermotor. Es kam auch ein wirklich großer Wurf heraus, der sich lose am Citroën DS orientierte, aber trotzdem weitgehend eigenständig daherkam, sowohl optisch als auch technisch.

Chefdesigner David Bache gestaltete die Form sozusagen um die gewählte Technik herum, schaffte es aber trotzdem, eine elegante Limousine zu schaffen. Nur die 90 PS des Vierzylinders wirkten noch etwas schmächtig bei 1,2 Tonnen Gewicht.

Oberklassen-Gleiter

Einen üppig motorisierten P6 konnte man sich ab April 1968 bestellen, als der 3500 V8 präsentiert wurde. Die Leistung stieg damit auf rund 150 PS. Gekoppelt wurde der Achtzylinder zunächst ausschließlich an eine Dreigang-Wandlerautomatik.

Zuerst wurde wie üblich der Heimmarkt bedient, aber ab 1969 kamen auch die Kontinentalkunden in den Genuss der acht Zylinder, etwas was es zu vergleichbaren Preisen kaum gab. Die Autopresse jedenfalls war begeistert, nur die Platzverhältnisse und die Kofferraumgröße führten zu negativer Kritik. Rovers kreative Lösung für letztere Kritik: Man konnte das Reserverad nämlich auch auf (!) dem Kofferraum montieren.

Mit Lederhandschuhen

Auf das Armaturenbrett eines Rover 3500 gehören Lederhandschuhe genauso wie ein Schirm in den Kofferraum. Man kann sich geradezu vorstellen, wie sich der Lord in der Früh freudig in seinen weißen Rover setzte. Er war auch vermutlich bestens über die teilweise ungewöhnlich, aber durchaus funktionell angeordneten Bedienungselemente informiert und bei einer allfälligen Panne hätte er sicherlich gewusst, dass die Entriegelung der Motorhaube im Handschuhfach zu finden war.

Die Übersichtlichkeit nach vorne konnte kaum besser sein, selbst in der Nacht waren die Karosserieecken dank der Prismen über den Scheinwerfern einsehbar. Nach hinten störte das riesige Reserverad auf dem Kofferraum dann doch beträchtlich, aber schließlich will ein richtiger Lord ja seine Golf- oder Reitausrüstung immer dabei haben.

Komfortable Federung

Ohne Servounterstützung artet die Kurbelei am dünnwandigen Kunststofflenkrad schon ein wenig in Arbeit aus, aber schlimm ist das nicht. Der Wagen motiviert den Fahrer automatisch zu einem ruhigen Fahrstil, was keinesfalls mit langsam gleichzusetzen ist. Tatsächlich geht es flott voran, der oberste der drei Gänge ist in Windeseile erreicht, die Fahrgeräusche halten sich im Rahmen.

Die guten Sitze und die relativ weiche Federung versöhnen mit Komfort, solange man vorne sitzt. Hinten ginge es auf den Einzelsitzen eher eng zu, aber dies stört den Selbstfahrer kaum.

Etwa nach 400 km steuert man eine Tankstelle an, um Benzin nachzufüllen. Nun kann man endlich den Wagen auch von außen genießen. Er hat, obschon keinesfalls zeitlos gestaltet, die Jahre gut überstanden und wirkt noch genauso britisch wie damals vor 50 Jahren.

Weitere Informationen, viele Bilder, einen Prospekt und ein Tonmuster gibt es auf Zwischengas.com.

(jm)