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Erdogan macht Rückzieher – doch keine Ausweisungen

Der türkische Staatschef Erdogan hat von der von ihm angedrohten Ausweisung westlicher Diplomaten jetzt doch wieder Abstand genommen.

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Präsident Erdogan wollte zehn Botschafter aus der Türkei ausweisen. Jetzt der Rückzieher.
Präsident Erdogan wollte zehn Botschafter aus der Türkei ausweisen. Jetzt der Rückzieher.
MURAT KULA / AFP / picturedesk.com

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat von der angedrohten Ausweisung westlicher Diplomaten Abstand genommen. Die Botschafter hätten "einen Rückzieher gemacht" und "werden in Zukunft vorsichtiger sein", sagte Erdogan am Montagabend nach einer Kabinettssitzung.

Zuvor hatten die US-Botschaft und andere betroffene Botschaften auf Twitter eine Erklärung veröffentlicht, wonach sie sich an Artikel 41 der Wiener Konvention halten, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Gastlandes einzumischen.

Die US-Vertretung in der Türkei hatte am Montagnachmittag auf Twitter eine entsprechende Stellungnahme veröffentlicht. Die deutsche Botschaft teilte die Erklärung in dem Onlinedienst. "Unsere Absicht war nicht, eine Krise zu verursachen", sagte Erdogan am Abend in einer Fernsehansprache. Es sei nur darum gegangen, "unsere Ehre, unseren Stolz und unsere souveränen Rechte zu schützen".

10 Diplomaten als "Persona non grata"

Der türkische Präsident hatte am Wochenende für einen Eklat gesorgt, indem er ankündigte, zehn westliche Botschafter zu "unerwünschten Personen" erklären zu lassen – aus Protest gegen deren Solidaritätsbekundung mit dem inhaftierten türkischen Kulturförderer Osman Kavala.

Auf die auch als "persona non grata" bekannte Einstufung folgt in der Regel die Ausweisung. Betroffen waren unter anderem Deutschland, Frankreich und die USA. Der Eklat drohte zur schwersten diplomatischen Krise der 19-jährigen Regierungszeit Erdogans zu werden.

Beziehungen zu westlichen Ländern dramatisch verschlechtert

Die deutsche Bundesregierung hatte sich am Montag verstimmt über die Drohungen aus Ankara gezeigt. Die Aussagen Erdogans nehme die Regierung "mit Sorge zur Kenntnis und auch mit Unverständnis", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Mit den anderen betroffenen Staaten habe sich Berlin am Wochenende "intensiv" beraten; diese Gespräche dauerten weiter an, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.

Die Sprecherin hatte zudem erklärt, sollte die Einstufung der Diplomaten als unerwünschte Personen tatsächlich erfolgen, würde dies im Widerspruch zur Tiefe und zur Bedeutung der deutsch-türkischen Beziehungen stehen. Es würde auch nicht dem "Umgang unter Nato-Verbündeten" entsprechen. Es war erwartet worden, dass die betroffenen Nationen auf eine Ausweisung mit der gleichen Maßnahme reagiert hätten. Dies hätte die Beziehungen Ankaras zu westlichen Ländern dramatisch verschlechtert.

Erdogans Feind Osman Kavala

Die Botschafter aus Deutschland, Frankreich, den USA und sieben weiteren Ländern hatten in einem gemeinsamen Appell zur Freilassung des seit vier Jahren ohne Verurteilung im Gefängnis einsitzenden Kulturförderers Osman Kavala aufgerufen. Der 64-Jährige sitzt seit 2017 in Istanbul in Untersuchungshaft, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) schon 2019 seine Freilassung angeordnet hatte.

Ankara bezeichnete den für diplomatische Gepflogenheiten ungewöhnlichen Aufruf als "inakzeptabel" und lud die Botschafter vor.

Der in Paris geborene Kavala betreibt einen der größten Verlage der Türkei und setzt sich mit seiner Organisation Anadolu Kültür für den Dialog der Volksgruppen etwa im Kurden-Konflikt oder mit den Armeniern ein. Er gehörte zudem zu den Gründern des türkischen Zweigs der Open Society Foundation des US-Philanthropen George Soros, dem Feindbild vieler Populisten.

Erholung der Lira nach der Ankündigung

Die türkische Lira erholte sich nach der Abwendung der Krise von ihrem historischen Rekordtief. Am Morgen wurden 9,80 Lira für einen Dollar verlangt, später erholte sich der Kurs leicht und lag bei 9,60 Lira. Die türkische Währung ist seit Jahresbeginn gegenüber dem Dollar bereits um 24 Prozent gefallen. Auch gegenüber dem Euro gab sie stark nach.

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