"Das fängt bei Penisbildern an, die völlig ungefragt verschickt werden", erzählt Denise Schiffrer-Barac von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark, "es ist völlig üblich, dass man auf Apps wie Snapchat Freundschaftsanfragen von Fremden einfach annimmt. Da kann es leicht passieren, dass Nacktfotos oder andere sexualisierte Inhalte empfangen werden."
Die Täter können hier fast völlig im Verborgenen agieren, so die Expertin im Gespräch mit "Heute".
Nächstes Beispiel: Vor wenigen Tagen wurde in Graz ein Lehrer verurteilt, der sich über mehrere Jahre hinweg Nacktbilder von Schülern erschlichen haben soll (das nicht rechtskräftige Urteil lautete zwei Jahre und neun Monate Haft sowie die Einweisung in forensisch-therapeutisches Zentrum). Er soll sich online als Mädchen ausgegeben haben, dadurch sei er an Nacktfotos der Buben gekommen, so die Staatsanwaltschaft. 6.000 Fotos und Videos fanden die Ermittler bei ihm.
Es ist eine der großen Gefahren unserer Gesellschaft. Bei aller Freude, die Soziale Medien vielen bescheren, werden sie zu einem Ort der vielen Bedrohungen.
Anlässlich des "Safer Internet Day" (Dienstag, 11. Februar) schockiert eine Studie zur sexuellen Belästigung im Internet. Saferinternet.at ließ dazu 405 österreichische Kinder und Jugendliche (11 bis 17 Jahre) befragen.
Für Denise Schiffrer-Barac von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark gehören solche Fälle zum Berufsalltag: "Wir merken, die Hemmschwelle sinkt. Wenn wir auf der Straße einen Exhibitionisten entdecken, kommt sofort die Polizei. Andererseits, wenn sich jemand online entblößt, ist es zu einer relativ normalen Situation geworden. Es gibt eine eklatante Diskrepanz zwischen den Regeln im Alltag und im Internet."
Die Expertin weiter: "Es wächst gerade eine völlig neue Generation heran. Jetzt macht man auch erste sexuelle Erfahrungen über das Internet – ob das gut oder schlecht ist, bleibt dahingestellt. Aber es ist so!"
Beispiel Nacktfotos, die verschickt werden. Es wird für Kinder und Jugendliche völlig normal auch eigene zu verschicken. "Das prägt", sagt Denise Schiffrer-Barac, "doch sie müssen alle lernen, was ist Sexualität? Was ist Intimsphäre? Es kann jedenfalls zu Grenzüberschreitungen führen."
Die neue Situation ist für alle eine große Herausforderung. Auch deswegen werde derzeit in vielen Bundesländern ein Handyverbot diskutiert. "Es kann eben nicht sein, dass die Eltern die alleinige Verantwortung darüber bekommen, das technisch zu regeln. Auf der anderen Seite stehen die großen Konzerne, die natürlich mit den besten Software-Entwicklern arbeiten. Da kann kein Elternteil und auch kein Kind diesen Mechanismen auskommen."
Die Jugendanwältin meint: "Da muss auch der Staat für Schutz sorgen. Ich bin keine Technikerin, ich weiß nicht, wie ich solche Sachen umsetzen kann. Wir brauchen ganz klar Restriktionen."
Begleitend müssen Kinder umfassend aufgeklärt werden. "Für Kinder gibt es keine Unterscheidung zwischen der analogen und digitalen Welt." Schwierig wird es, wenn Kinder nicht darüber reden wollen: "Wir Erwachsenen müssen ihnen beibringen, dass wir sicher nicht schimpfen werden, aber unsere Kinder sollen zu uns kommen, wenn ihnen was komisch vorkommt – wir müssen ihnen klarmachen, dass wir sie immer unterstützen werden."
Denn: "Eine gesellschaftliche Entwicklung in dieser Form ist mit keiner vergangenen vergleichbar."