Um die Autos der Zukunft sicherer zu machen, werden Unfallszenarien mit Crash-Test-Dummys realitätsnah nachgestellt und Verletzungen analysiert. Bisherige Dummys waren jedoch immer auf die Verletzungen der Autoinsassen im Falle eines Unfalls ausgelegt.
Anfang Februar 2025 startete auf diesem Forschungsgebiet ein neues Projekt, bei dem es nicht um die Fahrzeuginsassen, sondern um die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer im städtischen Umfeld geht. Ziel ist die Entwicklung eines Fußgänger-Dummys mit einer innovativen Unterleibskonstruktion, die weitestmöglich mit dem menschlichen Vorbild übereinstimmt (Pedestrian Dummy – kurz PedDu). Mit den sogenannten Biofidel-Dummys sollen sich noch mehr Verletzungen darstellen lassen.
Um die Verletzungsrisiken eines Menschen bei einem Verkehrsunfall möglichst realistisch nachzustellen, wollen die Forscher an der Puppe mit Silikonguss und verschiedenen Füllmethoden spezielle Weichteilsegmente mit unterschiedlichen Festigkeiten erstellen, die dann für Muskeln, Fett und Gelenke stehen. Damit wären erstmals aussagekräftige Crashuntersuchungen für unterschiedliche Körpertypen möglich, individuell bezogen auf Geschlecht, Körperbau, Fett- und Muskelanteil. Weil auch auf magnetische Metalle, wie Eisen, Kobalt oder Nickel verzichtet wird, lassen sich erstmalig nicht-invasive Untersuchungen beispielsweise mittels Computertomografie (CT) durchführen und so Verletzungen besser analysieren.
In den USA zunächst für militärische Zwecke geschaffen, spielen Dummys seit den 1970er Jahren auch in der Unfallforschung eine wichtige Rolle. Weil sich mit den herkömmlichen Modellen jedoch nur physikalische Parameter messen lassen, begannen Forschungen zu innovativen Biofidel-Dummys. Diese sind flexibel, können für verschiedene Anprallpositionen genutzt werden und beinhalten skelettähnliche Strukturen, die genauso brechen können wie menschliche Knochen.
"Zum Stehen benötigt der Mensch eine Vielzahl von Muskeln, insbesondere aus der Skelettmuskulatur. Dazu gehören Muskeln in den Beinen, aber auch im Rumpf und im Gesäß, die zusammen die Stabilität und das Gleichgewicht gewährleisten", so Professor Lars Hannawald von der Fakultät Maschinenbau der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD), der das Projekt leitet. "Im Projekt 'PedDu' wollen wir zunächst herausfinden, wie viele davon notwendig sind, damit sich die Beinhaltung des Dummys in unterschiedlichen Positionen realisieren lässt, um dann die Anzahl auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Im nächsten Schritt werden wir die künstlichen Muskeln aufbauen und einsetzen." Simulationen und nachgestellte Versuche von realen Unfällen sollen anschließend zeigen, wie gut das Modell die Realität abbildet.
"Der Dummy soll mithilfe von synthetischen Ersatzmuskeln in Position gehalten werden. Die Muskeln lassen sich individuell unter Spannung bringen, sodass der Dummy eine aufrechte Haltung ohne externe Stützkonstruktion einnehmen kann. Außerdem soll bei einer simulierten Kollision mit dem PKW die Muskelspannung so zu steuern sein, dass eine realistische Flugphase sowie ein zweiter Aufprall darstellbar sind", so Professor Hannawald. "Der Dummy kann aber auch auf einem Roller platziert oder auf ein Fahrrad gesetzt werden."
Biofidel-Dummys lassen sich in verschiedensten Bereichen für alle Belastungsformen einsetzen, in der Unfallforschung ebenso wie bei Stürzen aus großer Höhe oder als Trainingspuppe für Rettungsübungen. Bei neueren Forschungsvorhaben standen unterschiedliche Körperteile im Fokus. So wurde ein Dummy mit künstlicher Muskulatur speziell für den Halsbereich entwickelt, mit dem die Verletzungen von Autoinsassen darstellbar sind, je nachdem, ob sie beim Unfall wach sind oder schlafen, die Halsmuskeln also angespannt oder entspannt sind.