Im großen "Heute"-Interview nach der Nationalratswahl erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), dass sich FPÖ-Chef Herbert Kickl auf einem "Irrweg" befinde und stellte klar: "Mit ihm geht es nicht". Auch andere ÖVP-Politiker trugen diese Linie im Grunde bedingungslos mit.
Doch spätestens nach dem Rücktritt von Karl Nehammer – der ÖVP-Chef hatte einen "geordneten Rückzug" in den kommenden Tagen angekündigt – ist alles anders. Schon im Laufe des Tages bröckelte die Mauer gegen die Kickl-FPÖ. Angesichts der jüngsten Entwicklungen ist eine blau-schwarze Koalition wohl eine äußerst realistische Möglichkeit.
Offen ist zur Stunde jedenfalls, wer für die ÖVP in die Bresche springt. Angesichts der prekären Lage, in der sich die Volkspartei aktuell befindet, kursieren auch bereits erste Kandidaten für eine mögliche Nachfolge Nehammers als Parteichef. Zuletzt fielen immer häufiger die Namen der bisherigen Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und des Wirtschaftskammer-Generalsekretärs Wolfgang Hattmannsdorfer. Aber auch ein Polit-Comeback von Sebastian Kurz ist mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen. Gewissheit könnte ein Krisen-Gipfel der schwarzen Landes-Granden am Sonntag bringen.
Mit dem Tiroler Wirtschaftslandesrat Mario Gerber ging am Samstag ein erster ÖVP-Politiker in die Offensive. Am Rande des Bergisel-Springens der Vierschanzentournee warb er offen für eine Koalition der ÖVP mit der FPÖ und sprach in diesem Zusammenhang von einer "Reformregierung". "Wir sind gut damit beraten, wenn eine Regierung mit einer stabilen Mehrheit gebildet wird", sagte er.
Man befinde sich in "wirtschaftlich herausfordernden Zeiten", da brauche es eine Regierung mit einer stabilen Mehrheit. Weiters sagte Gerber, dass man aufhören müsse "Angst und Hetze" gegenüber der FPÖ zu verbreiten.