Nahost-Konflikt

Experte: Trump-Plan für Gazastreifen "ohne Alternative"

Nahost-Experte Walter Posch lässt mit seiner Analyse zum Trump-Plan der Umsiedlung aller Palästinenser aus dem Gazastreifen aufhorchen.
Newsdesk Heute
07.02.2025, 09:54

Nachdem sich US-Präsident Donald Trump in einem überraschenden Vorstoß für eine Umsiedlung der 2,4 Millionen Palästinenser des Gazastreifen in andere Länder ausgesprochen hat, gingen international die Wogen hoch. Die Sprecherin des Weißen Hauses versuchte diese im Nachgang etwas zu glätten, spielte den Trump-Plan zum "kreativen Ansatz für Diskussionen" herunter.

Nur: Was wäre die Alternative? Es gibt derzeit keinen einzigen anderen Plan, konstatiert Islamwissenschaftler und Nahost-Experte Walter Posch (58) von der Landesverteidigungsakademie des Bundesheeres am Freitag bei seiner Einschätzung im Ö1-Morgenjournal.

Er geht nicht davon aus, dass es Trump mit seinem Plan auf eine Provokation anlegt: "Ich glaube, dass er davon getrieben wird, eine dauerhafte Friedenslösung zu finden. Er ist kein Bellizist, das wissen wir."

Allerdings würde der MAGA-Anführer ganz offensichtlich aufgreifen, was ihm hinter den Kulissen eingeflüstert wird: "Er stellt sich das eben so vor, aufgrund der Vorschläge, die er bekommen hat. Und die kommen eindeutig – von der politischen Sprache her – aus dem israelischen Lager. Genauer: es sind Gedanken, die schon länger von der Siedlerbewegung und der politischen Rechten vertreten werden."

Nahost-Experte Walter Posch während einer "ZIB2" im Jahr 2023. (Archivbild)
Screenshot ORF

Er unterstütze dabei einen sehr allgemeinen, auch von Israel-Premier Benjamin Netanjahu vertretenen, Ansatz der Israelis, dass der Gazastreifen ein Sicherheitsrisiko ist und die Palästinenser umgesiedelt werden sollen. Sowas habe es in der extremen Rechten in Israel immer gegeben und scheine nun mehr in den Mainstream zu rutschen, analysiert Posch.

Millionen Palästinenser umzusiedeln – also sie de facto aus ihrer Heimat zu vertreiben – wäre laut der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Der Nahost-Experte merkt nüchtern an: "Wenn das Völkerrecht nicht von wirklich mächtigen Staaten umgesetzt wird, dann ist es wertlos". Und ein Donald Trump interessiert sich bekanntlich nicht für internationales Regelwerk.

"Das wird alles sehr schwierig"

Ganz praktisch gedacht, fragt Posch: Wo sollen die Leute denn hingehen? Die vormals mehr als zwei Millionen Palästinenser in Gaza wüssten nicht, wer überlebt hat. Jordanien und Ägypten lehnen eine Aufnahme ab, die arabischen Staaten werden sie nicht aufnehmen.

Realistisch müsse man aber auch sehen: Israel wird kontrollieren, ob der Gazastreifen wiederaufgebaut werden kann. "Wer soll denn den Wiederaufbau finanzieren...? Mit einer traumatisierten Bevölkerung und einer verbitterten Hamas, die natürlich wieder auf Rache sinnt, mit der Entschlossenheit der Israelis, noch einmal alles in Schutt und Asche zu legen, wenn sie das gefühlt haben, sie werden bedroht", stellt der Experte in den Raum: "Das wird alles sehr schwierig werden". Außer verbalem Protest liege jedoch auch kein Gegenplan auf dem Tisch.

"Hamas wird alles tun, dass..."

Die Hamas werde jedenfalls alles daran setzen, dass die Palästinenser den Gazastreifen auf keinen Fall verlassen, warnt Posch. Die radikal islamistischen Terroristen seien auch die einzige starke verbliebene Organisation im Gazastreifen und selbst nach den langen Kämpfen militärisch kaum geschwächt: "Sie wird alles tun, um sowohl die Bevölkerung in Gaza zu halten, als auch sich als Akteur in den internationalen Beziehungen zu etablieren." Noch gibt es einen Waffenstillstand mit den Israelis, die sich gerade auf das Westjordanland konzentrieren. Dieser werde aber nur solange halten, wie beide Seiten ihn als vorteilhaft erachten.

Israelischer Militäreinsatz im Westjordanland am 6. Februar 2025.
IMAGO/Middle East Images

Das Experten-Fazit zum Trump-Plan: "Ich sehe das als nicht so unglaubwürdig. Die Frage ist, ob die Palästinenser nach Ägypten oder Jordanien fliehen können. Wir wissen auch nicht, wie die Versorgungslage in den nächsten Monaten aussieht, wie die Verzweiflung vor Ort ist."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 07.02.2025, 10:25, 07.02.2025, 09:54
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