Coronavirus

Fix: Regierung scheitert an Portal für Impf-Befreiungen

Geheim-Mails bestätigen nun die "Heute"-Enthüllung: Türkis-Grün schafft es nicht, bis 15.3. ein bundesweites Portal für Impfbefreiungen zu schaffen.

Clemens Oistric
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Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein: Er blieb einer Sitzung fern, nun hagelt es harsche Kritik.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein: Er blieb einer Sitzung fern, nun hagelt es harsche Kritik.
apa/picturedesk/iStock ("Heute"-Montage)

Am Freitag deckte "Heute" ein drohendes Chaos bei Impfbefreiungen auf. Hintergrund: Das Gesundheitsministerium gestand ein, dass ein bundesweites ELGA-Portal zur Beantragung von Impfbefreiungen nicht vor 22. April fertiggestellt werden kann. Bei den Bundesländern herrschte Fassungslosigkeit. Man ärgerte sich einerseits über das Fernbleiben des Ministers von dieser wichtigen Sitzung und andererseits über die fehlende Planung.

Kein Portal bis 15. März

Nun ist fix: Bis 15.3. – ab dann sollen Ungeimpfte gestraft werden – geht nix. In einem Mail an die Bundesländer beantwortet das Kabinett "im Auftrag von Bundesminister Dr. Mückstein" offene Punkte.

Der Entscheidende vorweg: Ein bundesweites ELGA-Portal kommt nicht. Strafen für Ungeimpfte ab Mitte März wackeln somit gehörig.

Heißt konkret:

Zettel-Wirtschaft droht: Eine Eintragung der Befreiung in den E-Impfpass (und in der Folge in den Grünen Pass) ist somit nicht möglich.
Angst vor Impfgegnern: Amts- und Epidemieärzte, die über einen Antrag auf Impf-Befreiung entscheiden sollen, verlangten vom Bund Anonymität – aus Angst vor Impfgegnern. Dies kann nicht gewährleistet werden.
Flut an Mehrfach-Anträgen Menschen mit mehreren Wohnsitzen könnten nun in mehreren Bundesländern Anträge auf Befreiung stellen – nicht auszuschließen, dass diese zu einem unterschiedlichen Ergebnis kommen. Und dann?

Und was sagt das Gesundheitsministerium dazu? In dem "Heute" vorliegenden zweiseitigen Mail hält man lapidar fest: "Im Ergebnis kann eine solche Behördenanwendung für Phase 2 (Strafbarkeit im Rahmen von Kontrollen ab 15.03.) einschließlich einer ausreichenden Vorlaufzeit für die Einbringung und Bearbeitung der Unterlagen nicht bereitgestellt werden."

Konzept fehlt

Auch wird ein dilettantisches Managementversagen festgehalten. So sind bis dato keinerlei Vorarbeiten der Regierung geleistet worden: "Über die Machbarkeit einer zwingend notwendigen Behördenanwendung liegt uns derzeit kein konkretes Konzept und keine realistische Zeitschätzung vor."

"Unterlagen liegen nicht vor"

Gedanken zu einer Cloud-Lösung, bei der Ungeimpfte ihre Unterlagen für eine Impfbefreiung hochladen können, hat sich ebenso noch niemand gemacht: "Hinsichtlich der Bürgeranwendung müsste eine Beauftragung unverzüglich erfolgen, beauftragungsfähige Unterlagen liegen jedoch zum heutigen Tag nicht vor."

Plattform begraben

Passiert ist natürlich nichts – und wird es auch nicht. Das Mückstein-Ressort beerdigt das Projekt mit den Worten: "Vor diesem Hintergrund kann der Anregung der Länder nach einer zentralen Bundesplattform nicht entsprochen werden."

Umzusetzen haben es nun die Länder. Ungeimpfte – von ihnen gibt es 1,3 Millionen im Land – sollen ihre Ansuchen auf Befreiung bei der BH oder am Magistrat stellen. Diese reichen sie dann an den Amts- oder Epidemiearzt weiter. In vielen Fällen wird dieser dann für 150 Euro Honorar in der Stunde die Ansuchen durchwinken, so das Ministerium: "Ist das Vorliegen und Nicht-Vorliegen des Ausnahmegrundes offenkundig und besteht kein Zweifeln an der Echtheit der Unterlagen kann dabei ohne persönliche Untersuchung entschieden werden."

"Mückstein zeigt uns Mittelfinger"

Besonders ärgerlich: Da eine Anbindung an das Nationale Impfregister nicht möglich ist, müssen Ungeimpfte für etwaige Polizeikontrollen stets einen Bestätigungs-Zettel bei sich tragen. In den Bundesländern rechnet man mit immensem Verwaltungsaufwand. Ein Insider ärgert sich "über die Chuzpe, dass uns der Minister für diese Wahnsinns-Arbeit auch noch verbal den Mittelfinger zeigt." So schreibt sein Kabinett: "Im Bewusstsein, dass die Abwicklung dieser Verwaltungsaufgaben eine große Herausforderung für die Länder darstellt, ist das BMSGPK im Rahmen seiner Möglichkeiten aber weiterhin um Unterstützung und weitestmögliche Reduktion des Verwaltungsaufwandes bemüht."

Beschwerde an Reich

"Verantwortung abwälzen": Brief an GECKO-Chefin Reich
"Verantwortung abwälzen": Brief an GECKO-Chefin Reich
"Heute"

"Minister ist rücktrittsreif"

Ein Teilnehmer der Videokonferenz vom Freitag fasst zusammen: "Wir haben eine Regierung, die Bürger ab 15. März abstrafen wird, selbst aber nichts auf die Reihe kriegt. Das nachgeschobene Mail ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten." Ein weiterer Gesundheitsinsider fasst die trostlose Situation gegenüber "Heute" so zusammen: "Zumindest wurde in dem Mail korrekt gegendert." Ein Bundesland ortet "ein völliges Ignorieren" der Problematik und schickte nun ein scharfes Mail an GECKO-Chefin Katharina Reich (siehe Faksimile oben). Man lehne ein "Abwälzen der Verantwortung" ab, steht darin.

Stellungnahme aus dem Ministerium

Inzwischen hat das Gesundheitsministerium reagiert und gegenüber "Heute" folgende Stellungnahme abgegeben: "Es wird auch vor Fertigstellung der Impfregisterprogrammierung durch die ELGA möglich sein, Impfbefreiungen auszustellen und diese in Papierform bei Kontrollen vorzuweisen. An der digitalen Eintragungsmöglichkeit von Impfbefreiungen wird seitens ELGA GmbH gearbeitet, diese soll spätestens im April verfügbar sein."

Zusätzlich bestünde laut Ministerium auch schon davor die Möglichkeit, dass die für die Organisation und Durchführung der Impfungen zuständigen Bundesländer eigene Anmeldeplattformen für Impfbefreiungen einrichten.

Zwingend erforderlich sind solche Plattformen allerdings nicht. Es sei davon auszugehen, dass der bei weitem größte Teil der zu erwartenden Impfbefreiungen von dazu berechtigten Spezialambulanzen an dort bereits in Behandlung (etwa nach einer Organtransplantation oder aufgrund einer Krebserkrankung) befindliche Patienten ausgestellt werden.

Ein weiterer großer Teil der Anträge auf Impfbefreiung wird  - so das Ministerium weiter - Schwangere betreffen. Dieser wird über die Fachärzte für Gynäkologie an die zuständigen Amts- und Epidemieärzte übermittelt werden. Im weiteren Verlauf wird durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde eine Impfbefreiung ohne Angabe des individuellen Ausnahmegrundes ausgestellt, die anschließend einerseits von den Antragstellern bei allfälligen Polizeikontrollen in Papierform vorgezeigt werden kann und andererseits von den Bezirksverwaltungsbehörden dokumentiert und zu einem späteren Zeitpunkt in das durch die ELGA angepasste Impfregister eingespeist wird.

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