Politik

"FPÖ hat kein Handbuch für Benimmregeln"

Heute Redaktion
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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im "Heute.at"-Talk über die wöchentlichen "Ausrutscher", Klimaveränderung, und, wie Österreich wieder zu einer Sportnation werden kann.

"Heute.at": Sie sind ja keine besonders Europa-freundliche Partei, haben aber 4 Mandatare im EU-Parlament sitzen. Wie viele Sitze streben Sie 2019 an?

Heinz-Christian Strache: Wenn man, so wie wir Freiheitlichen österreichische Patrioten im Herzen Europas sind, Europa im Herzen trägt, ist es wichtig, Kritik an Fehlentwicklungen in der EU, etwa am Zentralismus, zu üben. Unsere vier EU-Abgeordneten vertreten die österreichischen Interessen vor Ort vehement. Andere EU-Abgeordnete vergessen häufig die Interessen der Österreicher. Unser Anspruch bei der nächsten EU-Wahl ist jedenfalls, stärker zu werden.

Zwischen Sie und Herrn Kurz passt kein Blatt, hörte man anfangs oft. Inzwischen, sagt man, gibt es immer wieder kleine Scharmützel. Was sind die größten Gaps zwischen FPÖ und ÖVP?

Dass es sich um zwei verschiedene Parteien handelt, ist ein offenes Geheimnis, und dass es dadurch unterschiedliche Positionen gibt, ist auch allen bewusst. Da gibt es natürlich da und dort Themen, die man dort entsprechend diskutiert. Wir fangen zu diskutieren an, es wird eine Einigung erzielt, und dann geht man gemeinsam an die Öffentlichkeit und präsentiert das.

Kaum eine Woche vergeht, in der sich nicht ein FPÖ-Parteimitglied durch politisch bedenkliche Aussagen bemerkbar macht. Sie müssen dann nachkehren, auch Kurz muss nachkehren. Gibt es in der FPÖ inzwischen so etwas wie ein Handbuch mit Benimmregeln?

Da haben wir unterschiedliche Wahrnehmungen, was die Häufigkeit anbelangt. Es gibt kein Handbuch für Benimmregeln. Wenn sich jemand daneben benimmt, dann wird er natürlich entsprechend ermahnt und auch zurechtgewiesen. Da wird auch vom politischen Mitbewerber sehr viel künstlich aufgebauscht.

Sie haben einen ganzen Stab an Beratern für Ihr Ressort im Sportministerium. Was für Highlights sind da bisher herausgekommen?

Wir haben ein Ressort übernommen, das bis dato als "Stiefkind" in der Wertigkeit im wahrsten Sinn des Wortes links liegen gelassen wurde. Da wurden seit Jahren viele Akten, z.B. zu Förderungen oder Rückforderungen, liegengelassen.

Wir haben eine österreichische Sportstrategie erarbeitet, damit wir wieder eine richtige Sportnation werden können: Wir wollen etwa die tägliche Sport- und Turnstunde ab dem Kindergarten und der Volksschule flächendeckend sicherstellen. Wir wollen mit dem Bildungs- und dem Gesundheitsministerium die Schulskiwoche wieder einführen. Wir wollen auch im Sportstundenplan Prioritäten im Pflichtschulbereich setzen.

Für den Breitensport haben wir das Projekt "Mach den ersten Schritt" initiiert, haben dafür etwa den Personal Trainer von Marcel Hirscher gewonnen, um die Menschen für den Sport zu begeistern. Wir wollen aus den Vereinen Athleten für den Spitzensport generieren. Es ist wichtig, Sport endlich finanziell besser aufzustellen. Im Zuge der Steuerreform wollen wir aus dem Online-Wettbereich mehr Geld für den Sport generieren und darüber hinaus Spenden für den Sport steuerfrei stellen.

Österreich rutscht beim Klimaschutz-Index auf Platz 36 (China ist auf Platz 33!) von 60 ab. Es gibt wissenschaftliche Messungen, die den Klimawandel belegen. Warum wehren Sie sich gegen die Annahme, dass Menschen verantwortlich seien?

Ich habe immer festgehalten, dass es selbstverständlich einen Klimawandel gibt, und zwar seit dem Bestehen des Planeten. Da konnte der Mensch ja nicht wirklich Einfluss nehmen.

Wir haben aber eine Verantwortung, wenn es darum geht, Umwelt und Natur zu schützen, weil Umwelt- und Naturschutz ja Heimatschutz ist. Wir haben dafür zu sorgen, dass keine Waldrodungen mehr stattfinden, dass das Wasser geschützt ist, und der CO2-Ausstoß minimiert wird. Aber: Der CO2-Ausstoß des Planeten geht laut wissenschaftlichen Erkenntnissen zu 96 Prozent von der Natur aus und nur 4 Prozent vom Menschen. Da muss man sich dann aber schon auch einmal die Sinnfrage stellen.

Die FPÖ will jetzt von der Republik Österreich 3,4 Millionen Euro an Wahlkampfkosten zurückerstattet haben. Warum tun Sie das, Sie haben diese Wahlwiederholung, die zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, ja selbst beantragt? Könnte sich diese Klage als politischer Bumerang erweisen?

Wir haben die Wahlwiederholung sicherlich nicht verursacht, sondern die Tatsache, dass haufenweise Brief-Wahlkuverts ohne befugte Beisitzer, ohne Wahlzeugen geöffnet worden sind. Darüber hinaus haben Kuvert-Klebestreifen nicht gehalten. Da kann man dann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Wenn solche fragwürdigen Dinge stattfinden, sind das Entwicklungen, die in einer Demokratie nichts verloren haben. Das sind die Ursachen, warum es überhaupt zu einer Wahlanfechtung und Wahlwiederholung gekommen ist. Wir als Partei haben ganz klare Vorgaben und tragen wirtschaftliche Verantwortung. Die Grünen klagen nicht, weil sie einen Verein gegründet haben, um den Wahlkampf von Alexander Van der Bellen zu finanzieren, also haben sie als Partei auch keinen Schaden erlitten.

Die FPÖ hat die SPÖ in ihrer neuen Oppositionsrolle öfter wegen "Panikmache" und der Verbreitung von "Fake-News" kritisiert. Als Oppositionspartei war die FPÖ oft nicht zimperlich mit überspitzten Aussagen. Was unterscheidet die SPÖ als Oppositionspartei von der FPÖ als Oppositionspartei?

Muss man in der Opposition Sachen überspitzt darstellen um Erfolg haben zu können? Ihre Expertentipps?


Ich glaube, Rendi-Wagner ist die weibliche Fortsetzung von Kern und wird auch seine Politik fortsetzen. Sie war ja auch gemeinsam mit Drozda seine rechte Hand, und ich glaube, dass die SPÖ in der Oppositionsrolle noch nicht angekommen ist und dass sie da wahrscheinlich noch sehr viel lernen muss. Denn es geht nicht um die Frage, ob mit harten oder weichen Bandagen gekämpft wird, sondern um die Frage: "Wie machst du Opposition und auf Basis welcher Fakten und auf Basis welcher Entwicklungen übst du Kritik?"

Aber wenn die SPÖ nachweislich immer wieder Unwahrheiten in den Raum stellst, dann fügt sich die Partei letztlich nur selbst Schaden zu. Ein Beispiel: Die Panikmache um den 12-Stunden-Tage, den es nicht gibt – der 8-Stunden-Tag bleibt ja – nur die neunte und zehnte Überstunde kann angeordnet werden. Heute können Arbeiter freiwillig gesetzlich gesichert weiterarbeiten, heute kriegen sie Zuschläge und Tagesfreizeitblöcke.

Warum unterschreibt Österreich den Flüchtlingspakt, nicht aber den Migrationspakt?

Es war besonders wichtig, dass wir das Abkommen des UN-Migrationspakts verhindert haben. Jene Staaten, die dieses Abkommen akzeptieren, verpflichten sich, dessen Inhalte umzusetzen und die Gesetze entsprechend anzupassen. Dazu lassen wir uns aber nicht verpflichten, weil wir die Inhalte des Paktes ablehnen. Neben der moralischen und politischen Verpflichtung, könnte daraus auch ein "Softlaw", ein Völkerrechtsgewohnheitsrecht entstehen. Genau das verhindern wir, denn wir sichern unsere Souveränität und Eigenbestimmung.

Diese Souverinität haben wir auch beim Flüchtlingspakt – eine Resolution im Rahmen eines UNHCR-Berichts – sichergestellt. Dieser hat eine völlig andere Wertigkeit. Wir unterscheiden klar zwischen Migration und Asyl. Wir stehen hinter der Genfer Flüchtlingskonvention, hinter den Menschenrechten und diese stellen wir sicher. Die Flüchtlingsresolution beinhaltet Punkte, die wir unterstützen, unter anderem, dass Fluchtgründe vor Ort zu bekämpfen sind, dass Staaten vor Ort Unterstützung erhalten. Da und dort gibt es einzelne Formulierungen, die abzulehnen sind, weil sie in der Interpretation einen Spielraum hinterlassen, aber der wichtigste Grund, warum wir den UN-Flüchtlingspakt annehmen, ist die Tatsache, dass dieser niemals zu ungewollten Verpflichtungen Österreichs führen kann.

Das "Don't Smoke"-Volksbegehren ist mit 881.569 erreichten Unterschriften eines der erfolgreichsten der österreichischen Geschichte – es wurde in den Gesundheitsausschuss des Nationalrats verwiesen. Dennoch steht Ihre Partei einer Volksabstimmung dazu ablehnend gegenüber.

Wie passt das mit der steten Forderung der FPÖ nach mehr direkter Demokratie zusammen?


Ganz einfach: Indem wir keine absolute Mehrheit haben und daher auch nicht unsere Wunschvorstellung von der direkten Demokratie alleine umsetzen können. Wir haben auch in den Regierungsverhandlungen nach einen Kompromiss gerungen, damit erstmals in der zweiten Republik die direkte Demokratie in einer Gesamtveränderung der Verfassung auch so möglich werden kann. Damit ist ein wesentlicher historischer Meilenstein der direkten Demokratie gelungen.

Wir wollten, dass es ab 250.000 Unterschriften bei Volksbegehren verpflichtende Abstimmungen gibt. Die ÖVP hingegen wollte, dass das erst ab einer Million geschieht. Gemeinsam haben wir jetzt bei 900.000 die Grenze definiert. Sollte die Opposition das nicht verhindern, würde dies dann 2022 mit einer Gesamtänderung der Verfassung in Umsetzung gehen. Ich persönlich hoffe, dass man nach Jahren der Evaluierung diese Obergrenze senken wird, denn es ist meine Überzeugung, dass die niedrigere Grenze die vernünftigere ist.

Sie werden bald zum dritten Mal Vater. Wie würden Sie reagieren, wenn ihre jüngste Tochter eines Tages etwa den Roten Falken, oder GRAS (Grüne alternative StudentInnen) beitreten wollen würden? Wem werden Sie, wie angekündigt, Ihr Gehalt während ihrer Vaterkarenz spenden?

Meine Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten, die Tochter ist 18 Jahre, der Sohn 16 Jahre alt. Jetzt kriegen sie ein Geschwisterl. Ich werde das immer so handhaben: Ich werde sie in ihrer eigenen Persönlichkeitsentwicklung immer unterstützen. Meine Kinder treffen selbst ihre Entscheidungen. Wir werden immer über alles reden und ich werde jeden Weg meiner Kinder akzeptieren und respektieren. Ich habe meiner Kinder immer aus der Politik herausgehalten, etwa auf Fotos, etc.

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